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Offene Vermögensfragen Offene Vermögensfragen: Die Suche nach Kunst und Kanonen

Von Hajo Krämer 25.03.2002, 17:29

Halle/MZ. - Es ist eine der gütlichen Einigungen, diedem Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragenin Sachsen-Anhalt und den Beteiligten vielArbeit und Ärger erspart. "Während wir nochprüften, ob wir nach Vermögensgesetz Zugriffsmöglichkeitenauf Gegenstände in den alten Ländern haben,gab der Kunsthändler die Schenkung bekannt",erläutert Dezernatsleiter Dirk Günther, zuständigfür die Rückgabe des Vermögens NS-Verfolgter.

Aber damit ist das Thema Zuständigkeit nochnicht vom Tisch. Denn erst seit der Wendekann in Ostdeutschland die Rückgabe von enteignetenMobilien aller Art nachgeholt werden, um derenRückerstattung sich die Alliierten in Westdeutschlandschon in den 50-er Jahren bemüht hatten. Somancher Schatz könnte da noch in westdeutschenMuseen schlummern, schwant Günther.

In Ostdeutschland sind die Museen schon seitJahren mit Rückgabe-Ansprüchen konfrontiert.Während beispielsweise die nach dem ZweitenWeltkrieg im Zuge der Bodenreform enteignetenGutsbesitzer ihre Güter in der Regel nichtwieder erhalten, können die beweglichen Sachenvom Silberlöffel bis zu Gemälden, Standbildernund historischen Kanonen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz grundsätzlichrückübertragen werden. "Es gab wegen dieserRegelung viele Vorbehalte auf beiden Seiten"weiß Dezernatsleiter Wolfmar Bartel, der Mannfür solche Fälle. "Aber davon hat sich bisherjedenfalls nichts bestätigt. Ich hoffe sehr,dass es so bleibt."

Allein in Sachsen-Anhalt wurden 400000 Einzelgegenständevon den Alteigentümern oder ihren Erben beantragt.Über 43500 Anträge werden zurzeit bearbeitet.Entschieden wurden bis Ende 2001 erst 1816Fälle. "Es ist oft sehr schwierig und zeitaufwändig,die beantragten Mobilien den Eigentümern genauzuzuordnen", erklärt Bartel. Während eineGravur im Leuchter klar auf die Jüdische Gemeindein Halle hinweist, sei bei einem Bibliotheks-Buchohne Widmung der frühere Eigentümer nur schwernachweisbar. Ein Schrank im Schloss Wernigerodekonnte nur zugeordnet werden, weil sich derAntragsteller an ein Kindheitsmalheur erinnerte,wobei er den Schrank beschädigt hatte.

Nach der Vertreibung der Gutsbesitzer seiendie Mobilien "in der Regel durch den Landeskonservatorsichergestellt" worden, erzählt Bartel. Manchmalnur mit dem Verweis: "Zwei Lkw-Ladungen abtransportiert."Inventarlisten habe es meist nicht gegeben.So landete eine ganze Privatbibliothek mit40000 Bänden in der UniversitätsbibliothekHalle. Die Moritzburg bekam Gemälde wie dasvon Franz Krüger 1818 gemalte Bild "Gneisenauim Kreise seiner Offiziere". Dort wurde aucheine 4500 Münzen umfassende Sammlung eingelagert,die heute zum Teil ausgestellt ist. EtlicheStücke verschwanden im Magazin, manches wurdean andere Museen mit Leihschein weiter gegeben.

Was von den Mobilien nicht mehr auffindbarist, muss entschädigt werden. Das mache lautBartel durch den "Deckelungsbetrag von rund20000 Euro aber nur den Bruchteil des Rückgabe-Wertesaus". Im Falle der 40000 Bände umfassendenPrivatbibliothek wären das 50 Cent pro Buch.

Auch wenn die Museen nur ungern etwas ausihren Sammlungen herausgeben würden, "klapptdie Zusammenarbeit gut" versichert Bartel.Die Museen seien "sehr kooperativ" und suchteneinvernehmliche Lösungen mit den alten neuenEigentümern der Ausstellungsstücke, um Sammlungenzu erhalten.

Oft komme dabei eine Mischung heraus: EinigeStücke würden zurückgegeben, andere durchMuseen angekauft oder durch den Eigentümergestiftet. Bis 2014 können die Museen diebetroffenen Mobilien noch unentgeltlich nutzen.Aber mitunter erscheine heute schon an Ausstellungsstückenein Verweis auf den Eigentümer oder Stifter.