Nach Überfall in Halberstadt Nach Überfall in Halberstadt: Turbulenter Schlagabtausch vor Gericht

Magdeburg/Halberstadt/ddp. - Vertreter der Staatsanwaltschaft warfen den Opferanwälten vor, denProzess durch «gezieltes Einschalten der Medien» zuinstrumentalisieren. Die Anwälte von fünf als Nebenklägerauftretenden Schauspielern hatten ihren Antrag vor zwei Wochen mit«massiven Polizeipannen und Ermittlungsfehlern» begründet.
Vor dem Amtsgericht Halberstadt, das aus Platzgründen in Magdeburgtagt, lieferten sich Vertreter von Staatsanwaltschaft und Nebenklageeinen heftigen Wortwechsel über Ablauf und Ziele des Verfahrens.Staatsanwalt Bodo Mattstedt kritisierte den Antrag der Nebenklage alssachlich unbegründet und «polemisch». Er warf den Vertretern derOpfer des Überfalls vor, von Beginn an einen «unheimlichen medialenDruck aufgebaut» zu haben. Die «ständigen Angriffe gegen das Gericht»seien zudem «eine Zumutung», «niemand» zeige «Desinteresse» an demVerfahren.
Das Gericht verließ den Verhandlungssaal zwischenzeitlichangesichts eines lautstarken Streits zwischen Opferanwälten undStaatsanwaltschaft für etwa 20 Minuten. Der Vorsitzende RichterHolger Selig verwahrte sich danach erneut gegen Vorwürfe derNebenklage, der Prozess folge nicht rechtsstaatlichen Prinzipien.
Die beiden Staatsanwälte übten in ihrer Stellungnahme auch massiveKritik an der «Mobilen Beratung für Opfer rechter Gewalt». IhreVerlautbarungen seien zum Teil «manipuliert» und «falsch». Es sei«bedenklich», dass sich die Kritik der Opferberater «immer» gegen dieJustizbehörden richte, obwohl der Verein staatliche Fördergeldererhalte, sagte Mattstedt.
Die Anwälte der fünf Nebenkläger hielten an ihrer Kritik fest.Eine Vertreterin sagte, es herrschten «vollkommen unterschiedlicheRechtsauffassungen» zwischen Nebenklage und Gericht. Anwältin FraukeSteuber bekräftigte, es mache für die Nebenklage «keinen Sinn mehr,weiterzuverhandeln, weil das Verfahren von Anfang an voller Fehlerwar». Steuber kündigte jedoch an, dass die Nebenklagevertreter auchweiterhin an den Verhandlungen teilnehmen wollten.
Rainer O. Neugebauer, Sozialwissenschaftler und Mitglied desBürgerbündnisses für ein gewaltfreies Halberstadt, hatte vor derVerhandlung die Chancen für eine Verurteilung von drei der vierAngeklagten als gering eingeschätzt. Drei Beschuldigte, die bisherzur Anklage geschwiegen haben, könnten voraussichtlich mitFreisprüchen rechnen. Für Menschen, die sich in Halberstadt gegenRechtsextremismus engagierten, sei die Außenwirkung des Prozesses«fatal».
Die Verhandlung wurde am Freitag zunächst mit der Befragung desIntendanten des Nordharzer Städtebundtheaters, André Bücker,fortgesetzt. Das Verfahren gegen vier Angehörige der rechten Szenehatte im Oktober begonnen. Den vier 22- bis 28-jährigen Angeklagtenwird vorgeworfen, eine Gruppe von Theaterschauspielern am 9. Juni2007 in Halberstadt angegriffen und fünf von ihnen teils schwerverletzt zu haben.