MZ-Test MZ-Test: Viele Bahnhöfe sind marode
Halle/MZ/gau. - Früher einmal muss das Bahnhofsgebäude von Wansleben am See geradezu malerisch ausgesehen haben. Strahlend weiß, mit seinem kleinen Giebel und der Sitzbank neben der Tür.
Das Strahlen muss die Phantasie ergänzen. Das kleine Gebäude ist jetzt das Bahnwärterhäuschen. Überall ist Farbe abgeplatzt, das Schild "Wansleben am See" ist kaum noch lesbar. Allein ein Blumentopf mit Geranien erhellt das Bild. Man könnte das Häuschen als Sinnbild für die alte Bahn verstehen. So gesehen kann man die neue Bahn, die Deutsche Bahn AG, direkt gegenüber besichtigen, in Fahrtrichtung Eisleben. Ein Dach wird hier von modern-dreieckigen Stahlpfeilern getragen, ein Fahrkartenautomat steht daneben, das Wartehäuschen mit zwei Stahlgitterbänken ist ringsum verglast. Alt und neu sind in Wansleben durch Schienenstränge getrennt - aber durch den Verfall verbunden.
Am Fahrkartenautomaten lässt sich die Liste mit Zielorten kaum noch lesen. Das moderne Wartehäuschen bietet keinen Schutz vor Regen, eine der Scheiben fehlt, nur Scherben stecken im Rahmen. Der Boden ist übersät mit Zigarettenstummeln und selbst die robust wirkenden Bänke haben gelitten.
Vielleicht ist Wansleben die verkommenste Haltestelle auf dieser Bahnstrecke zwischen Halle und Eisleben. Aber die anderen laden auch nicht zum Verweilen ein. In Angersdorf sind am alten Bahnhof Scheiben eingeschlagen, Graffiti überall. Und am Fahrkartenautomaten zahlt man lieber passend: Das Fach für Wechselgeld verströmt einen Geruch und sieht aus, als habe es jemand mit einem Pissoir verwechselt.
Teutschenthal Ost brauchen Rollstuhlfahrer und Fahrgäste mit Kinderwagen gar nicht anzusteuern: auf den Bahndamm führen steile Pfade, auch noch mit Schwellen versehen. Oben Schmierereien, ein Witzbold hat das Haltestellenschild zu "Teutschenthal Chemie Ost Leipzig" erweitert. Am Unterstand quillt neben der Bank der Mülleimer über, dahinter ist der Maschendrahtzaun umgerissen.
In Zscherben fehlt die Fläche für Graffiti - damit in Richtung Eisleben aber auch eine Gelegenheit zum Unterstellen. Ach, doch: Den Mülleimerdeckel befand eine Sandra als passenden Ort für die Aufschrift: "Ich liebe Dich, Kalli!"
In Röblingen am See muss einen Tunnel nutzen, wer den Zug Richtung Halle besteigen will. Wer gut zu Fuß ist, hat keine Probleme. Behinderte und Manuela Wengoborski schon. Die 32-Jährige ist mit ihrer schwangeren Freundin Alexandra Retzlaff unterwegs - und sechs Kindern, zwei davon in Kinderwagen. Die rumpeln die Frauen vorsichtig die steile Treppe herunter. In Röblingen gibt es keine Rampe, keinen Aufzug. "Das ist eine Katastrophe, hier mit dem Kinderwagen lang zu müssen", schimpft Manuela Wengoborski. "Renovieren könnte die Bahn hier auch mal - es gibt keine Toilette", regt sich die junge Frau weiter auf.
Eisleben indes präsentiert sich als guter Bahnhof. Man kann sogar in dem Gebäude warten und hier haben Bahnmitarbeiter ein Auge auf die Anlage. Dazu gibt es Geschäfte, einen Bäcker und einen Zeitschriftenladen. Auch ein Passbildautomat steht in der Ecke. Und Toiletten gibt es im Eisleber Bahnhof. Die sind aber, wie ein einfacher Computerausdruck verrät, geschlossen.