Medizin-Studenten in Halle Medizin-Studenten in Halle: Live-Übertragungen von Operationen

Halle (Saale) - Kurz vor 19.30 Uhr: Durch das Metallröhrchen des Endoskops schiebt sich ein kleines weißes Säckchen. Es fächert sich, ähnlich einem Kescher, auf und umschließt die Gallenblase. Ebenso vorsichtig wird das Ganze nun durch das kleine Operationsloch aus dem Körper gezogen. Operation geglückt, die etwas mehr als ei-große Gallenblase ist entfernt.
Erste Hochschule mit diesem Angebot
Gebannt haben etwa 130 Medizinstudenten den Eingriff verfolgt. Live, aber nicht im OP, sondern im Hörsaal dank eines deutschlandweit einmaligen Projektes in der Medizinausbildung. Als erste Hochschule bietet die Martin-Luther-Universität Halle „OP-Wochen“ an. An acht Abenden innerhalb von zwei Wochen werden acht verschiedene Operationen gezeigt. Darunter beispielsweise eine Kreuzband-OP, eine Cochlea-Hörimplantat-OP oder eine Bypass-OP. Die Studenten können dabei Fragen direkt in den OP stellen.
„Das Studium ist so organisiert, dass alle Studenten im OP Praktika machen müssen, aber nicht alle machen alle Operationen mit“, erklärt Stefan Plontke, Professor und Hals-Nasen-Ohren-Arzt der Uni-Medizin Halle. Er hatte deshalb die Idee, real stattfindende Operationen einem größeren Kreis zugänglich zu machen. „Das ist viel Arbeit“, sagt Henning Dralle, Professor für Chirurgie. Man müsse den Patienten aussuchen, den OP-Tag entsprechend planen und die Vorlesung vorbereiten, erklärt er.
Und es gibt einiges zu bedenken. Auch wenn während der zwei Wochen hauptsächlich Standard-Operationen gezeigt werden, bleibt ein gewisses Risiko für Komplikationen. „Deshalb kann sich der Operateur auch ausklinken und die Übertragung abschalten. Und die Patienten bleiben anonym“, sagt Plontke.
„Solche Bilder sind es, die den Studenten im Gedächtnis bleiben werden“
Bei den minimal-invasiven Eingriffen befindet sich an den Endoskopen eine Kamera, die die Bilder auf einen Monitor überträgt. Dieses Signal werde ausgekoppelt und in den Hörsaal gesendet, erklärt Plontke. Er hofft, dass sich mehr künftige Ärzte den chirurgischen Fächern zuwenden. „Solche Bilder sind es, die den Studenten im Gedächtnis bleiben werden“, sagt Dietrich Stoevesandt, Leiter der Lernklinik der Unimedizin Halle.
„Wir sind bereit, unsere Qualität im OP zu zeigen. Dieses Angebot macht unseren Standort attraktiv und lockt gute und interessierte Studenten“, sagt Michael Gekle, Dekan der medizinischen Fakultät. Deshalb sollen jährlich „OP-Wochen“ stattfinden.
Die Studenten wird es freuen. „Das war sehr eindrucksvoll und einmalig“, sagte beispielsweise Adrian Damek, Medizinstudent im siebten Semester. (mz)
