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Lieferdienste in Sachsen-Anhalt Lieferdienste in Sachsen-Anhalt: Bedarf an "Essen auf Rädern" wächst

08.08.2015, 09:20
Der Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Halle/Saale, Stefan Zehler, trägt am 05.08.2015 eine Thermobox mit einem Mittagsgericht.
Der Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Halle/Saale, Stefan Zehler, trägt am 05.08.2015 eine Thermobox mit einem Mittagsgericht. dpa Lizenz

Magdeburg - Sebastian Otto bekommt von seinen „Gästen“ noch immer direkte Rückmeldungen. „98 Prozent sagen bei Umfragen, dass ihnen unser Essen schmeckt“, sagt der Koch, der beim Regionalverband Halle-Merseburg der Arbeiterwohlfahrt die Küche leitet. 420 Portionen Essen bereitet er mit seinem Team im „Haus Silberhöhe“ täglich zu. Während die meisten davon direkt im Haus ausgegeben werden, geht ein guter Teil als „Essen auf Rädern“ an Sozialstationen im Umkreis.

Auch beim Kreisverband Wanzleben des Deutschen Roten Kreuzes wird auf Frische gesetzt. „Früher haben wir Tiefkühlkost ausgefahren, heute wird in unseren beiden Küchen in Osterweddingen und Eilsleben an sieben Tagen in der Woche gekocht“, berichtet Verbandschef Guido Fellgiebel, der gleich nach der politischen Wende in der DDR - damals noch im Trabant - den Lieferservice mit aufgebaut hat. Nach Möglichkeit werden für die mehr als 200 täglichen Portionen regionale Produkte verarbeitet, nicht immer ist dies jedoch möglich.

Individuelle Geschmacksrichtungen

Otto freut sich, dass er und seine Mannschaft noch vieles richtig selber machen können. „Für Buletten wird das Fleisch frisch durch den Wolf gedreht, gewürzt, geknetet und gebraten“, beschreibt er den Ablauf in der Küche. Dabei haben er und die sechs Köche auch die Chance, individuelle Geschmacksrichtungen hinzubekommen. Seinen Kollegen in den meisten Großküchen von „Essen auf Rädern“ bleibt dies verwehrt. „Was die machen, ist gut, schmeckt aber immer gleich“, sagt Otto.

Er muss es wissen: 18 Jahre lang war er selbst Betriebsleiter bei einem Großen der Branche. „Viel Würze im Formschnitzel und auch viel Fett sorgen da für den Geschmack“, berichtet er. Im Gegensatz zu seiner Küche müssen die Köche in den Großküchen zudem viel öfter zu Fertigprodukten greifen. Seine Kollegen seien dafür jedoch nicht zu verurteilen: „Es muss billig sein, da sind wir selber schuld.“

Ändern wird sich vermutlich kurzfristig nichts daran, denn der Bedarf wächst: In Sachsen-Anhalt bestellen immer mehr Menschen „Essen auf Rädern“. Fellgiebel rechnet damit, dass die Nachfrage weiter steigt. „Es gibt immer mehr Alleinstehende, auf dem flachen Land fallen zudem immer mehr Einkaufsmöglichkeiten weg“, begründet er dies.

Mehrere Anbieter testen

„Vor allem hochbetagte Senioren nehmen das Angebot eines „Essen auf Rädern“-Services in Anspruch“, berichtet auch Michael Tschech, Marketingleiter des Catering-Unternehmens Apetito, das in Sachsen-Anhalt mit verschiedenen Vertriebspartnern zusammenarbeitet. Angaben zur Zahl der Kunden konnte Tschech nicht machen. Dagegen ist das Durchschnittsalter der sogenannten Tischgäste ziemlich gut bekannt: Es liegt heute bei etwa 82 Jahren, wobei der Anteil der Frauen bei rund zwei Dritteln liegt.

Da bei der Belieferung mit warmen Mahlzeiten die Anwesenheit zu Hause Voraussetzung ist, bieten die „Essen auf Rädern“-Unternehmen in der Regel auch an, ganze Wochenportionen tiefgekühlt zu bringen. Allerdings sei der Trend erkennbar, dass die Kunden Gerichte gern heiß angeliefert bekommen möchten, berichtet Tschech.

Die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt rät, zunächst mehrere Anbieter zu testen. „Manchmal wissen auch Freunde und Nachbarn, welche Anbieter hinsichtlich Qualität und Service empfehlenswert sind“, erklärten die Verbraucherschützer. Informieren sollten sich potenzielle „Essen auf Rädern“-Besteller den Verbraucherschützern zufolge auch bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Diese hat in einer Broschüre Qualitätsstandards für solche Angebote definiert. „Das ist der Standard, an dem wir uns orientieren“, unterstreicht Fellgiebel. (dpa)