Panikrocker in Leipzig Udo Lindenberg in Leipzig: Panikrocker stellt Filme vor

Leipzig - „Das ist eine jungfräuliche Maßnahme, yeah!“ Kurz vor halb acht betritt der 72-jährige Udo Lindenberg am Mittwochabend das Leipziger Westbad, sofort wird er von einer riesigen Fotografenschar umringt, sofort darf die Sonnenbrille das handelsübliche Dauergeblitze abwehren. Doch was macht Udo Lindenberg Mitte Februar in Leipzig?
Zwei Tage später, am 22. Februar, wird das Erste um 22.30 Uhr zuerst den Film „Volle Fahrt voraus - Begegnungen auf dem Lindischen Ozean“ und anschließend, um 23.15 Uhr, einen verkürzten Ausschnitt aus der DVD „MTV-Unplugged 2 – Live vom Atlantik“, die letztes Jahr kurz vor Weihnachten veröffentlicht wurde, zeigen.
Udo Lindenberg in Leipzig: 60.000 Anfragen für Auftritt im Westbad
Über fehlende Öffentlichkeitsarbeit kann der Altrocker wahrlich nicht klagen. Dennoch ist er gekommen, dennoch hat der MDR zur Berichterstattung geladen, gezeigt werden besagte Filme. Hier ein paar glückliche Fans, die vorab Tickets gewonnen hatten, dort zahlreiche Journalisten und etliche Prominente, das Westbad ist mit gut 400 Menschen prall gefüllt.
Und das alles für zwei Filme, die wenig später über die öffentlich-rechtlichen Kanäle flimmern werden? „Wir hatten um die 60.000 Anfragen“, so MDR Jump-Moderatorin Sarah von Neuburg, die zusammen mit ihrem Kollegen Lars-Christian Karde durch den Abend führt. Eine Moderation auf den Knien des Herzens: huldigend, lobpreisend, unkritisch.
Nachdem gleich anfangs, dass „Du“ für alle ausgerufen ist, fallen im abschließenden Gespräch Fragen wie diese: „Wie schafft es Udo, dass wir uns alle wie eine große Familie fühlen?“ Kann ein gutes Unterhaltungsprodukt, und das ist die DVD „MTV-Unplugged 2 – Live vom Atlantik“, die Stars wie Jan Delay, Andreas Bourani, Maria Furtwängler oder Alice Copper einbindet und vor allem ältere Songs Lindenbergs modernisiert, durch zu viel PR-Gequassel Schaden nehmen?
Der Film „Volle Fahrt voraus“ ist nicht mehr als ein längerer Werbeclip für das aufgezeichnete Konzert in der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel. Gewöhnlich findet man so etwas als Beipackzettel in der DVD. Lindenbergs Statements fügen dann auch der im Oktober letzten Jahres erschienenden Autobiografie „Udo“ von Thomas Hüetlin nichts hinzu – bis freilich auf den Hinweis, wonach er bald wieder auf große Tournee gehen wird und im Herbst eine Bilderausstellung in Leipzig geplant ist.
Jedes großflächige Marketing, das auch noch den letzten Cent aus einem überaus faszinierenden Phänomen zu quetschen versucht, muss damit rechnen, eine Übersättigung zu provozieren. Das trifft auch auf Udo Lindenberg zu. (mz)