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"Querdenker"-Demo in Leipzig Querdenker-Demo in Leipzig: Konsequenzen für Sven Liebich und Lebensgefährtin

Von Max Hunger und Dirk Skrzypczak 09.11.2020, 18:55
Bei der „Querdenker“-Demonstration in Leipzig traf die Polizei auf tausende Teilnehmer.
Bei der „Querdenker“-Demonstration in Leipzig traf die Polizei auf tausende Teilnehmer. dpa

Leipzig - Die gewalttätigen Ausschreitungen bei der „Querdenker“-Demonstration am Samstag haben Konsequenzen:

Nach zahlreichen Übergriffen auf Journalisten und Einsatzkräfte in Leipzig ermittelt die Polizei in über 100 Fällen - darunter wegen Körperverletzung und schweren Landfriedensbruchs.

Tausende Menschen hatten in der Innenstadt gegen die Anti-Corona-Maßnahmen protestiert. „Wir sind in der Aufarbeitung und sammeln alles“, sagte Polizeisprecherin Dorothea Benndorf.

Gewalt gegen Journalisten bei Querdenker-Demo in Leipzig

Konkret ermitteln die Beamten bisher in einem Fall von körperlicher Gewalt gegen einen Journalisten. Anstoß sind laut Polizei mehrere Videos von Augenzeugen, die in den sozialen Netzwerken kursieren. Sie sollen zwei Hallenser in einer Schlägerei mit einem Fotografen zeigen.

Auf den Videos ist ein Handgemenge zwischen einem Demonstranten in weißem Overall und einem Fotografen in der Leipziger Innenstadt zu sehen, im Hintergrund bilden Polizeiwagen eine Straßensperre. Schließlich eilen eine Frau sowie weitere Demonstranten hinzu und bedrängen den Reporter.

Mehrfach wird er mit Schlägen am Kopf getroffen. Erst nach etwa einer halben Minute lösen Polizeibeamte die Schlägerei auf.

War hallescher Rechtsextremist Sven Liebich beteiligt?

Unter den Beteiligten befänden sich der hallesche Rechtsextremist Sven Liebich und seine Lebensgefährtin, schildern Augenzeugen beim Nachrichtendienst Twitter. Die Polizei wollte das am Montag nicht bestätigen. Wer der Fotograf ist und für welches Medium er arbeitet, ist bislang ebenfalls unklar.

Liebich selbst veröffentlichte einen Clip derselben Situation im Netz. Hier ist zu sehen, wie der Fotograf ihm den Ellenbogen ins Gesicht schlägt. Was vor dem Angriff geschah, ist nicht ersichtlich.

Volkssolidarität trennt sich von Liebichs Lebensgefährtin

Für Liebichs Lebensgefährtin haben die Szenen nun ein Nachspiel: Die Volkssolidarität Saale-Kyffhäuser hat die Erzieherin der Kita Frohe Zukunft in Halle inzwischen beurlaubt. Grund seien die Aufnahmen aus Leipzig.

„Die Gewalt schockiert uns. In unseren Einrichtungen ist für Extremismus jeglicher Art kein Platz“, sagte Dirk Jürgens, Geschäftsführer der Volkssolidarität. Man habe den Betriebsrat eingeschaltet sowie eine Anwaltskanzlei beauftragt, den Sachverhalt zu klären.

Volkssolidarität unter Druck

Dass die Mitarbeiterin mit dem Rechtsextremisten liiert ist, hat die Volkssolidarität nach eigenen Angaben im Sommer vom Verein Miteinander erfahren. Demnach war die Frau im Zuge einer ZDF-Dokumentation über Liebich zu sehen. Wochen später veröffentlichte die Antifa im Internet ein Flugblatt mit dem Foto und der Adresse der Frau. Daraufhin stieg auch der Druck von Eltern auf die Volkssolidarität, personelle Konsequenzen zu ziehen.

„In Gesprächen hat sich die Mitarbeiterin von Extremismus distanziert. Sie hatte aber erklärt, dass sie politisch aktiv ist“, so Jürgens. Aus der Kita selbst habe es keine Klagen über die Arbeit der Erzieherin gegeben.

Welche Konsequenzen die Schlägerei für die anderen Beteiligten hat, ist bislang offen. Rechtsextremist Liebich wurde zuletzt Mitte September wegen Verleumdung und Volksverhetzung vom Amtsgericht Halle zu einer Freiheitsstrafe mit drei Jahren Bewährung verurteilt. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.

Neue Dimension der Gewalt gegen Journalisten

Die Polizei ruft indes alle Medienvertreter, die am Samstag Opfer von Übergriffen geworden sind, dazu auf, Anzeige zu erstatten. Nach Angaben der Gewerkschaft Deutsche Journalisten-Union (Dju) waren mindestens 38 Reporter an ihrer Arbeit gehindert worden, neun Mal von der Polizei.

Häufig hätten Demonstranten die Medienvertreter körperlich attackiert. Die Gewalt gegen Journalisten habe in Leipzig eine neue Dimension erreicht, teilte die Dju mit. „Das ist eine gefährliche Entwicklung für die Demokratie“, sagte Dju-Geschäftsführerin Tina Groll. (mz)