Demos in Leipzig Linke und rechte Demos in Leipzig: Polizei befürchtet am Sonnabend gewalttätige Ausschreitungen.

Leipzig - Der Weihnachtsmarkt im Kulturzentrum „Werk 2“ im linksalternativen Leipziger Stadtteil Connewitz ist eine feste Größe im örtlichen Veranstaltungskalender. Jedes Jahr kommen an zehn Tagen tausende Besucher, darunter viele Familien mit Kindern. Doch in diesem Jahr droht bereits vor der Eröffnung am Freitag Ungemach. Wegen befürchteter gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen der rechts- und der linksextremen Szene soll der Markt nach dem Willen der Polizei für einen Tag geschlossen werden.
Proteste angekündigt
Am Samstag wollen drei Neonazi-Gruppierungen durch Connewitz und die benachbarte Südvorstadt marschieren, Proteste antifaschistischer Gruppen dagegen sind bereits angekündigt. Die Polizei kann daher nach eigenen Angaben nicht für die Sicherheit der Besucher im „Werk 2“ garantieren. „Wir werden an diesem Tag nicht an jeder Stelle Präsenz zeigen können. Das betrifft auch den Weihnachtsmarkt“, sagt Sprecher Andreas Loepki.
Unter anderem haben die Partei „Die Rechte“ unter der Führung eines ehemaligen NPD-Mannes sowie die Gruppierung „Offensive für Deutschland“, für die zuletzt ein früherer Legida-Frontmann auftrat, Aufmärsche angemeldet. Nach den am Mittwoch von der Stadtverwaltung erlassenen Auflagen soll zwar keine der Demos direkt am „Werk 2“ vorbeiführen. Auch die Teilnehmerzahlen stehen noch nicht fest. Dennoch ist die Polizei alarmiert: „Wir müssen mit gewalttätigen Auseinandersetzungen rechnen“, sagt Loepki. Auch unbeteiligte Markt-Besucher könnten in Gefahr geraten.
Zwar sollen mehrere Hundertschaften Bereitschaftspolizei eingesetzt werden. Diese würden aber, erläutert Sprecher Loepki, vorwiegend zum Absichern der Demo-Züge benötigt. Allerdings: Die Leipziger Stadtverwaltung, die für die Genehmigung der Aufmarschrouten zuständig ist, weiß nichts von einem möglichen Risiko. Ordnungsamtsleiter Helmut Loris sagt, eine „konkrete Gefährdungslage“ für den Weihnachtsmarkt sei ihm nicht bekannt.
Im Internet finden sich unterdessen martialische Aufrufe sowohl für die Neonazi- als auch für linksextreme Gegendemos. So heißt es auf einer rechtsextremen Facebook-Seite etwa, Connewitz solle „in Schutt und Asche“ gelegt werden. Auf einem linksalternativen Portal wird dazu aufgerufen, „Nazis durch die Straßen (zu) jagen“.
Die Stimmung in Leipzig ist seit Monaten aufgeheizt. Zum einen nimmt, jenseits der islamfeindlichen Legida-Bewegung, die Zahl rechtsextremer Demonstrationen zu. Zum anderen ist Leipzig die Hochburg linker Gewalt in Sachsen. Mehrfach griffen Linksautonome in diesem Jahr an; ihre Ziele waren eine Polizeiwache, die Staatsanwaltschaft, die Ausländerbehörde oder das US-Generalkonsulat. Der Protest gegen einen rechtsextremen Aufmarsch Ende September endete in Gewalt; teils vermummte linke Gegendemonstranten warfen Flaschen, Steine und Böller auf Polizisten.
In Connewitz liefern sich gewaltbereite Linksautonome zum Jahreswechsel immer wieder Auseinandersetzungen mit der Polizei, mal mehr, mal weniger. Ausschreitungen gehören dort zur Silvesternacht wie Böller und Bleigießen. Verletzte gibt es stets auf beiden Seiten. Und das, obwohl die Polizei seit Jahren auf eine Deeskalationsstrategie setzt.
Verein will Weihnachtsmarkt in Connewitz öffnen
Der Trägerverein vom „Werk 2“ will den Weihnachtsmarkt trotz der polizeilichen Sicherheitsbedenken wie geplant am Sonnabend öffnen. Eine Absage sei gar nicht möglich, schließlich gebe es Verträge mit den rund 80 Ausstellern, sagt Vereinsvorstand Jürgen Ackermann. „Ich gehe davon aus, dass es Aufgabe der Polizei ist, für die Sicherheit der Besucher zu sorgen.“ Über die Absage-Empfehlung ist er empört: „Die Polizisten, die bei uns waren, haben gebeten, den Markt zu schließen, ansonsten könne man nicht die Zugänge und die Sicherheit gewährleisten“, so Ackermann. „Da frage ich mich, wofür man dann überhaupt die Polizei braucht.“
Der Vereinschef rechnet allerdings schon jetzt damit, dass am Sonnabend Gäste ausbleiben werden. „Der Schaden ist bereits da.“ (mz)