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Klimaprotest Klimaschützer lassen Luft aus SUV-Reifen - und entschuldigen sich bei der Besitzerin

Immer wieder lassen unbekannte Klimaschützer Luft aus den Reifen von SUV - so auch bei dem Auto von Maxi Rauschenbach aus Leipzig, die in Naumburg ein Bestattungsunternehmen leitet. Immerhin: Die Aktivisten haben sich entschuldigt.

Von DUR/rw Aktualisiert: 19.03.2024, 13:17
Seit Jahren lassen unbekannte Klimaschützer die Luft aus den Reifen von SUV.
Seit Jahren lassen unbekannte Klimaschützer die Luft aus den Reifen von SUV. Symbolbild: Imago/ Nikito

Leipzig. - "Die Unanehmlichkeiten tun uns leid", steht in Handschrift auf einem DIN-A4-Zettel, den Maxi Rauschenbach an einem Februarmorgen gegen 7.30 Uhr an der Windschutzscheibe ihres SUV im Leipziger Waldstraßenviertel gefunden hat. "Ich kam gerade von einem Spaziergang mit meinem Hund zurück, als ich den Zettel sah", erzählt Rauschenbach am Telefon.

Zuerst habe sie gedacht, es sei ein Strafzettel. Dann sei sie näher gekommen und habe die Überschrift "ACHTUNG! PLATTEN" gesehen. "SUVs brauchen viel Platz und Benzin und sind rohstofflastig in der Herstellung", heißt es in dem Bekennerschreiben weiter. "Fahr doch lieber Fahrrad."

Reifen platt: Klimaschützer schlagen immer wieder bei SUV zu

Schließlich habe die Leipzigerin festgestellt, dass der rechte Hinterreifen ihres Autos platt war. Der Reifen war nicht zerstochen, es wurde lediglich die Luft rausgelassen.

Luft aus SUV-Reifen abgelassen: Dieses Bekennerschreiben hinterließen Klimaschützer an der WIndschutzscheibe von Maxi Rauschenbach aus Leipzig. 
Luft aus SUV-Reifen abgelassen: Dieses Bekennerschreiben hinterließen Klimaschützer an der WIndschutzscheibe von Maxi Rauschenbach aus Leipzig. 
Foto: Maxi Rauschenbach

Protest gegen große Autos in der Stadt: Klimaschützer lassen Luft aus SUV-Reifen

Maxi Rauschenbach, 27, lebt in Leipzig und leitet ein Bestattungsunternehmen in Naumburg, das ihre Mutter vor knapp 33 Jahren gegründet hat. Außerdem arbeitet sie als freie Trauer- und Hochzeitsrednerin "in ganz Deutschland", wie Rauschenbach sagt.  "Ich bin beruflich auf das Auto angewiesen."

An jenem Februarmorgen, als der rechte Hinterreifen ihres SUV einen Platten hatte, hatte Rauschenbach "glücklicherweise" einen Termin in der Leipziger Innenstadt, den sie zu Fuß erreichen konnte. "Aber an 80 Prozent meiner Arbeitstage muss ich um neun Uhr im Auto sitzen, damit ich um zehn Uhr auf einem Friedhof in Sachsen-Anhalt stehe", sagt die 27-Jährige.

Platte Reifen: Leipzigerin hat kein Verständnis für die Protestform

Für die Trauer- und Hochzeitsfeiern, so erzählt es Rauschenbach, müsse sie oft "große Sachen" transportieren, etwa Lautsprecherboxen oder Blumenschmuck. "Das passt nicht in ein kleines Auto und schon gar nicht auf ein Fahrrad."

Dass Klimaschützer die Luft aus den Reifen ihres SUV gelassen haben, dafür hat Rauschenbach "überhaupt kein" Verständnis. Schließlich fahre sie "keinen Monstergeländewagen", sondern einen "kleinen" Jaguar E-Pace, wie sie sagt.

Lesen Sie auch: Aktivisten plätten Autoreifen in Magdeburg - Luft raus, was nun?

Natürlich, betont die 27-Jährige, verstehe sie das Problem der Klimakrise. "Aber ich weiß nicht, inwiefern es dem Klima hilft, die Luft aus Reifen abzulassen und dadurch Leute daran zu hindern, zur Arbeit zu kommen." Diese Protestform sei "überhaupt nicht"  zielführend. 

"Hass wird die Welt nicht heilen", sagt Rauschenbach. Dass sich die Klimaschützer in dem Bekennerscheiben für die Unannehmlichkeiten entschuldigt haben, mache für sie keinen Unterschied.

Attacke auf Reifen von SUV: Klimagruppe "Tyre Extinguishers" sind weltweit aktiv

Schon seit Jahren lassen Klimaschützer weltweit Luft aus den Reifen von SUV - auch in zahlreichen Städten Deutschlands, darunter Berlin, Hamburg, Köln, München, Essen, Bonn, Wuppertal, Hannover, Freiburg, Regensburg, Potsdam, Magdeburg und Leipzig.

Die wohl bekannteste Gruppe, die SUV lahmlegt, heißt "The Tyre Extinguishers". Die international aktive Bewegung hat das Ziel, "den Besitz eines großen, umweltschädlichen Geländewagens in den städtischen Gebieten der Welt unmöglich machen", so steht es auf ihrer Webseite.

"Da SUVs größer und schwerer sind als andere Autos, sind sie umweltschädlicher und verbrauchen mehr Kraftstoff. Das macht sie zu einer Katastrophe für unser Klima." Außerdem verschmutzten SUV die Luft und seien gefährlich, schreiben die Aktivisten.

Auf ihrer Webseite erklären die "Tyre Extinguishers", wie man die Luft aus den Reifen lässt, und stellen Bekennerschreiben in 16 Sprachen zur Verfügung.

Magdeburg: "Tyre Extinguishers" legen mehrfach SUV lahm

In Magdeburg waren die "Tyre Extinguishers" erstmals 2023 aktiv. Die Klimaschützer ließen im August, September und Oktober bei insgesamt 156 SUV die Luft aus den Reifen, wie die Polizei Magdeburg auf Anfrage mitteilt. "An allen Fahrzeugen wurden Flyer der Gruppierung hinterlassen", hieß es. In diesem Jahr sei es in der Landeshauptstadt noch zu keinen Vorfällen gekommen.

In Sachsen-Anhalts zweitgrößter Stadt Halle ist diese Protestform laut Polizei noch nicht aufgetreten. Anders ist es im benachbarten Leipzig, wo Maxi Rauschenbach lebt. Dort lassen Klimaschützer seit mehreren Jahren regelmäßig Luft aus SUV-Reifen.

Luft aus Reifen gelassen: Polizei ermittelt gegen unbekannte Täter

Rauschenbach hat Anzeige erstattet. Ob die Klimaaktivisten, die ihren SUV lahmgelegt haben, zu den "Tyre Extinguishers" oder zu einer anderen Gruppe gehören, kann die Polizei Leipzig derzeit nicht sagen. "Die Ermittlungen laufen noch", hieß es auf Anfrage. Die Polizei sicherte Spuren am Auto und stellte das Bekennerschreiben sicher.

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Die Klimaschutzgruppe "Tyre Extinguishers" hat auf eine Anfrage dieser Redaktion nicht geantwortet. Die Letzte Generation teilte mit, sich zu Protesten anderer Gruppen nicht äußern zu wollen. "Wir haben selbst nie Luft aus SUV-Reifen gelassen", sagen die Klimaschützer.

Inzwischen ist Maxi Rauschenbach wieder mit ihrem Geländewagen unterwegs. "Mein Nachbar hat mir den Reifen wieder aufgepumpt", sagt Rauschenbach. "Das hat er schon bei vielen Leuten in der Nachbarschaft gemacht, denen dasselbe passiert ist wie mir."