Legehennen Legehennen: Blick hinter die Kulissen eines Geflügelhofs

egeln/MZ - Der Geruch ist beißend, der Lärm ohrenbetäubend. Kein Wunder, schließlich leben einige Tausend Hühner in dem Stall. „So schlimm ist das nicht“, sagt Christian Lutter. Der Amtstierarzt ist schon so häufig in Hühnerställen gewesen, dass er sich längst an den Ammoniakgeruch, der durch den Kot der Tiere entsteht, und das Gegacker gewöhnt hat. Lutter und sein Kollege Harald Neuhaus, Handelsklassenkontrolleur beim Salzlandkreis, sind an diesem Tag bei Bauer Klaus Baier in Egeln, um seinen Legebetrieb unter die Lupe zu nehmen.
Der Arbeit von Kontrolleuren wie Lutter und Neuhaus wird nach dem Skandal um falsch deklarierte Eier in mehreren Bundesländern derzeit besondere Beachtung geschenkt. Hunderte Betriebe hatten offenbar systematisch Vorschriften für die Tier-Haltung missachtet.
Wer in der Eierbranche überleben will, kann das nur mit Masse. 11 500 Hennen leben bei Bauer Klaus Baier in Freilandhaltung. Der Amtstierarzt kontrolliert Nestgröße, Sitzstangen, Lichtintensität und Tränken. Er sieht sich den Raum, in dem die Tiere scharren können, ebenso an wie die Verbindung zum Auslauf. Dann greift sich Lutter zwei Hühner und fährt ihnen durchs Gefieder. Der 49-Jährige nickt. „Das sieht gut aus.“ Während ein Teil der Hühner die Wärme im Stall sucht, scharren und picken die anderen im Auslauf vor dem Stall. Durch eine Luke, die sich morgens automatisch öffnet, können sie ins Freie. Dort steht ihnen ein Areal von 4,7 Hektar zur Verfügung. Laut EU-Verordnung stehen jedem Huhn vier Quadratmeter Auslauf zu. Hier ist es etwas mehr. Doch diesen Platz nutzen die Hennen nur selten, schon gar nicht, wenn draußen Schnee liegt. Sie drängen sich alle dicht vor dem Stall. „Das ist wie bei uns Menschen: Die wollen keine kalten Füße kriegen“, sagt Bauer Baier.
Alte Rinderställe umgebaut
Seit fast zehn Jahren hat er seinen Legebetrieb. Zunächst hatte er eine Rinderzucht. Dann habe ihm jemand geraten, es mit Hühnern zu versuchen. Er baute die Rinderställe um und schaffte sich Hühner an. Der Erfolg gibt ihm Recht. „Die Eier werden sehr gut angenommen.“ Auch an diesem Tag rollen immer wieder Autos auf den Hof, um die frischen Eier aus Freilandhaltung direkt beim Bauern zu kaufen.
Seine Hennen der Rasse „Lohmann Brown“ stammen fast alle von einem Zuchtbetrieb aus Cuxhaven (Niedersachsen). Wenn sie nach Egeln kommen, sind sie 16 bis 18 Wochen alt. In den ersten Wochen müssen sie sich an den Stall gewöhnen ehe sie mit 22 Wochen die ersten Eier legen. Nach einem Jahr ist es damit vorbei. Dann werden die Tiere geschlachtet und als Suppenhuhn verkauft.
Etwa dreimal im Jahr wird der Betrieb kontrolliert. Dabei schaut Neuhaus auch in die Bücher. Der 64-Jährige kontrolliert gemäß der EU-Vermarktungsnorm für Eier und Geflügelfleisch die Lieferscheine, die Anzahl der Hennen und der gelegten Eier. Auch der Futter- und Wasserverbrauch wird aufgelistet, ebenso, wie viele Stunden die Luken des Stalls geöffnet sind. Baier muss alles dokumentieren – und Neuhaus und Lutter müssen sich auf seine Angaben verlassen. „Wir können die Hühner nicht zählen“, sagt Lutter. Da er sich aber in etwa mit den Futter- und Wasserverbrauch eines Huhns auskennt, würde es auffallen, wenn die Zahlen zu stark differieren. Anhand der Auflistungen kann Lutter auch Krankheiten erkennen. Einzelne tote Tiere seien normal, so der Amtstierarzt. Wenn aber der Verlust zu groß ist, könnte das auf eine Krankheit hindeuten.
Bei Baier ist alles in Ordnung. Seine Hühner haben im Januar durchschnittlich 9 000 Eier pro Tag gelegt. Nicht gezählt werden Eier, die auf dem Boden abgelegt werden oder beschmutzt sind. Insgesamt waren es im Januar 273 500. Baier ist nicht ganz zufrieden. „Normalerweise sollten es mindestens 10 000 pro Tag sein.“ Direkt nach dem Ablesen werden die Eier gestempelt. An der Nummer erkennt der Verbraucher die Art der Erzeugung und der Herkunft (siehe „Mehrere Formen“).
Der Großteil der Eier geht zur zentralen Packstelle auf der Geflügelfarm in Welbsleben. Nur solche Vertriebsfirmen dürfen Eier nach Güteklasse und Gewicht sortieren und in die Supermärkte bringen. Neben den amtlichen Kontrollen lässt Baier seinen Betrieb durch den Verein für kontrollierte alternative Tierhaltung (KAT) prüfen. Dieser vergibt das KAT-Logo für Lebensmittel, bei deren Herstellung keine Eier aus Käfig- oder Kleingruppenhaltung verarbeitet werden. Baier findet die vielen Kontrollen „generell wichtig und sinnvoll“. Das sei auch für ihn hilfreich. „Wenn etwas nicht in Ordnung ist, müssen wir das verändern.“
Weniger Betriebe
Ein Betrug wie auf den 200 Höfen in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen ist im Salzlandkreis eher unwahrscheinlich - schon wegen der Zahl der Betriebe. Neben dem Legebetrieb in Egeln gibt es noch vier weitere sowie drei Direktvermarkter, die vom Kreis kontrolliert werden. „Woanders müssen zu wenig Leute zu viele Betriebe kontrollieren“, sagt Neuhaus. Seit er im Jahr 2010 im Salzlandkreis anfing, habe er jedenfalls noch bei keinem Betrieb Auffälligkeiten entdeckt.

