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Wahlkampf Von „grünem Stahl“ bis zur Reinigung

Bundesminister Peter Altmaier besucht die Wehr in Apollensdorf. Was die Kameraden ihm mit auf den Weg geben.

Von Dietmar Bebber 27.08.2021, 10:20
 Bundesminister Peter Altmaier hat am Mittwochabend bis in die Nacht mit den Kameraden der Apollensdorfer Feuerwehr diskutiert.
Bundesminister Peter Altmaier hat am Mittwochabend bis in die Nacht mit den Kameraden der Apollensdorfer Feuerwehr diskutiert. (Foto: Thomas Klitzsch)

Wittenberg/MZ - Von der Bundestagssitzung zur Feuerwehr, von Berlin nach Apollensdorf. Dem CDU-Bundestagsabgeordneten des hiesigen Wahlkreis 70, Sepp Müller waren an diesem Mittwoch beide Termine wichtig. In der Hauptstadt ging es um Afghanistan, in dem Wittenberger Ortsteil um - ja um Wahlkampf.

Müller formulierte es so: „Vor vier Jahren wurde ich von den Bürgern in ein befristetes Arbeitsverhältnis geschickt. Jetzt bewerbe ich mich bei Ihnen um eine Verlängerung“. Drei Themen habe er, über die er gern mit den Kameraden sprechen wolle, erklärte er vorab. Das seien die Modernisierung des Staates, die innere Sicherheit und der Klimaschutz in Verbindung mit Arbeitsplätzen.

Müller bekam an diesem Abend prominente Unterstützung durch den Bundesminister für Wirtschaft und Energie und Parteikollegen Peter Altmaier. Man merkte, dass sich beide gut verstehen und gegenseitig schätzen. So verwunderte es nicht, dass Altmaier an die Anwesenden den Appell richtete, dafür zu sorgen, dass der Sepp wieder in den Bundestag einzieht. Er sei der Meinung, dass es keinen besseren Vertreter für diese Region geben würde. Sehr vorbildlich sei zudem die bisherige Arbeit von Müller im Finanzausschuss.

Noch ein paar Thesen offen

Der Hauptgrund für sein Kommen sei aber der Respekt vor den Feuerwehrleuten und ihren Leistungen. Er bekannte sich auch zu Wittenberg mit der Schlosskirche. Schon öfter habe er versucht, Luthers Thesen einmal komplett zu lesen, das aber nicht geschafft, denn der Versuch endete jedes Mal in einem Eis-Café.

Natürlich zog Altmaier auch eine Bilanz und gab einen Einblick in sein Seelenleben und den Alltag eines Ministers. Auch der ist nicht von Corona verschont geblieben, wie er in einer Anekdote zu berichten wusste. Früher sei alles ganz anders gewesen, plauderte er. Da habe man sich im kleinen Kabinettsraum beim Frühstück mit Kaffee und Tee ausgetauscht. Jetzt würden alle nur noch vor dem Computer bei der Video-Konferenz sitzen. Wer vorher nicht beim Bäcker war, habe nichts zu essen.

Es gab aber auch ernste Themen und so diskutierte die Runde schnell über synthetisches Benzin oder Elektroautos und solche mit Verbrennungsmotoren. Bei seinem Lieblingsthema, der Produktion von „grünem Stahl“ und der Situation auf dem Weltmarkt bestach Altmaier durch Detailwissen. Aber auch die Probleme der Vereine waren ihm nicht fremd.

Die Kameraden nutzten die Möglichkeit und berichteten über ihre Sorgen und Nöte. 32 aktive Kameraden stark ist die Wehr. Dazu kommen neben der elf Mann starken Alters- und Ehrenabteilung noch die je 20 Mitglieder der Kinder- und Jugendwehr. Schlimm sei es, dass für diese im Jahr nur 700 Euro zur Verfügung stünden. Es müsse mehr Unterstützung für das Ehrenamt geben, so ihre Meinung. Auch wenn er der falsche Ansprechpartner sei, habe er für diese Forderung vollstes Verständnis, stellte Altmaier fest. Er sei sich sicher, dass ein Stück Kultur stirbt, wenn es die Vereine in der jetzigen Form nicht mehr gäbe. Definitiv müssen diese gefördert werden, nur stelle sich immer wieder die Frage, wie es bezahlt werden könne. Hinzu kämen, auch das wurde betont, viel Bürokratie und der Papierkrieg, woraus resultiere, dass kaum noch einer Verantwortung übernehmen wolle.

Ungleichbehandlung kritisiert

Aber noch ganz andere Dinge brannten den Kameraden auf den Nägeln. Sie verwiesen auf eine Ungleichbehandlung zwischen der Hauptwache und den Ortswehren. Bei der Wache würden große Summen für Reinigung ausgegeben, während in den Ortswehren diese Aufgaben mehr recht als schlecht von externen Firmen erledigt werde. Geputzt habe man früher in Eigenregie - gegen einen gewissen Obolus. Unter diesen Bedingungen hätte man es auch weiter gemacht, da würden die Aufgaben wenigstens gewissenhaft erledigt.

Die Gespräche dauerten bei Gegrilltem und Salat, den die Ortsbürgermeisterin zubereitet hatte, bis tief in die Nacht. Müller schloss mit dem Bekenntnis, die Verbindung von Berlin in den Wahlkreis, in die Heimat unbedingt halten zu wollen. (mz)