1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Wittenberg
  6. >
  7. Starkes Nesthäkchen: Starkes Nesthäkchen: Kampfsportlerin aus Annaburg steht vor großer Karriere

Starkes Nesthäkchen Starkes Nesthäkchen: Kampfsportlerin aus Annaburg steht vor großer Karriere

Von Thomas Tominski 16.07.2017, 08:00
Immer kann Gabriele Zentgraf (links) ihr Nesthäkchen Monique nicht festhalten. Die Judo-Sportlerin trainiert auf der Sportschule in Halle.
Immer kann Gabriele Zentgraf (links) ihr Nesthäkchen Monique nicht festhalten. Die Judo-Sportlerin trainiert auf der Sportschule in Halle. Thomas Tominski

Annaburg - Reden ist nicht unbedingt die starke Seite von Monique Zentgraf. Die 13-jährige Kampfsportlerin aus Annaburg beantwortet viele Fragen lediglich mit einem Schulterzucken und lässt lieber Mutter Gabriele sprechen. Ihre Stärke ist das Duell auf der Tatami. Laut Einschätzung der Mutter ist die Mitteldeutsche Meisterin im Judo (Gewichtsklasse bis 57 Kilogramm) mehr der Typ, der seine Gegner zunächst von Kopf bis Fuß mustert und dann versucht, deren Schwächen auszunutzen.

„Ich beherrsche mehr als zehn Würfe“, sagt Monique Zentgraf, die vor sechs Jahren beim Jessener „Sama Budo Kai“ ihre sportliche Karriere begonnen hat und inzwischen auf die Sportschule Halle geht. „Da wird sechsmal pro Woche insgesamt 14 Stunden trainiert. Am Dienstag und Donnerstag sogar zweimal am Tag“, meint die 13-Jährige, die von Coach Stephan Fröhlich den nächsten Karriere-Schliff erhält.

Unvergessene Katarina Witt

Den ersten Schritt in die Welt des Kampfsports hat der heutige Teenager 2011 bei der Schul-AG „Selbstverteidigung“ gemacht. Übungsleiterin Cornelia Türk vom „Sama Budo Kai“ sei damals auf der Suche nach Talenten gewesen und habe mit ihrer „ruhigen und sachlichen Art“ die Annaburgerin für Judo begeistert.

Die ersten Erfolge stellen sich nach dem Wechsel in den Jessener Verein schnell ein. Monique schafft bei jedem Wettkampf den Sprung auf das Siegerpodest und rückt in den Fokus von Landestrainer Mike Kopp. Nach dem ersten Gespräch 2014 ist sich Gabriele Zentgraf sicher: „Meine Tochter schafft in 1.000 Jahren nicht den Sprung an die Sportschule.“ Warum? Die Mutter erzählt, dass sie ursprünglich aus Chemnitz (früher Karl-Marx-Stadt) stammt und ihr Idol Katarina Witt des Öfteren beim Training beobachtet hat. Was die zweifache Olympiasiegerin und vierfache Weltmeisterin unter Coach Jutta Müller geleistet hat, sei mehr als beachtlich gewesen.

„Sie musste den dreifachen Rittberger zehnmal in Folge ohne Wackler stehen“, sagt sie voller Hochachtung. Doch ihre Tochter belegt bei den nächsten Eignungstests in Halle jeweils den ersten Platz und zwingt Gabriele zum Umdenken. „2015 wusste ich, dass aus den 1.000 Jahren bereits weniger als 100 geworden sind. Es ist mir nicht einfach leicht gefallen, unser behütetes Nesthäkchen ziehen zu lassen.“

Berufswunsch Lehrerin

In Halle ist die 13-Jährige zusammen mit ihrem Kuscheltier gut angekommen. „Ein kleiner Fuchs. Er hat zur Einschulung in meiner Zuckertüte gesteckt. Ich wollte so schlau wie er werden“, sagt sie und erzählt, dass sie auf der Sportschule vor allem ihre Technik entscheidend verbessert hat. Mit ihrem Zeugnis ist die Trägerin des grünen Gurts zufrieden. Durchschnitt 1,6 kann sich sehen lassen.

Alle sportlichen Ziele hat Monique zwar noch nicht genau definiert, doch die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2028 sei schon ein großer Traum. „Immer fleißig dran bleiben“, ermuntert sie Mutter Gabriele, die gute Chancen sieht, dass Monique in diesem Jahr noch mehrfach den Sprung auf das Treppchen schafft. „Es stehen noch Wettkämpfe in Magdeburg, Schönebeck und Tangermünde auf dem Programm.“

Die Mitteldeutsche Meisterin, die noch vier ältere Geschwister hat, ist glücklich, dass ihre Eltern sie nach Kräften unterstützen. Der wöchentliche Hol- und Bringeservice nach Halle ist eine Selbstverständlichkeit. Monique liebt Mathematik, die Musik der schwedischen Gruppe Abba und isst gern Eierkuchen. Berufswunsch? „Ich möchte Lehrerin werden. Mathematik ist eine Studienrichtung“, betont sie.

Stolze Übungsleiterin

Ihre erste Trainerin, Cornelia Türk, verfolgt den sportlichen Werdegang ihres ehemaligen Schützlings mit großem Interesse und erzählt, dass die 13-Jährige immer noch Vereinsmitglied in Jessen ist. Der Wechsel an die Sportschule ist aus ihrer Sicht der richtige Schritt gewesen. Dort kann sie noch professioneller trainieren.

„Sie war schon immer sehr ehrgeizig sowie aufmerksam und erfasst Situationen im Expresstempo“, so Türk, die sich noch an den ersten Kontakt mit der Annaburgerin erinnern kann. Manche stehen schüchtern in Halle, Monique sei ohne Scheu zu ihrer Übungsleiterin gegangen. „Wenn sie gesund bleibt, kann sie sogar Olympiasiegerin werden“, sagt sie und fügt an, dass sie auf der Sportschule das nötige Rüstzeug dafür bekommen wird.

Monique Zentgraf ist erleichtert. Der Pressetermin ist beendet. Endlich kann sie sich am „Air Force Beach“ in Holzdorf zusammen mit ihrer Freundin an den Strand setzen. „Wenn Du sportlich Karriere machst, wirst Du noch viele Interviews geben müssen. Gewöhne Dich daran“, sagt ihre Mutter. (mz)