Niederländer in Oranienbaum Niederländer in Oranienbaum: Singen in zwei Sprachen

Oranienbaum - Ein Orangenfest in Oranienbaum ohne Gäste aus den Niederlanden. Das geht doch nicht, dachte man sich in Waarder und Nieuwerbrug. Nun, da schon die Offiziellen des Nachbarlandes ihre Schirmherrschaft über das Schloss niedergelegt haben, halten zumindest die Kirchgemeinden die Fahne der Partnerschaft hoch.
An diesem Wochenende werden 16 Holländer aus den beiden Orten nahe Amsterdam und Utrecht nach Oranienbaum kommen. „Sie haben sich dafür unbedingt das Orangenfest ausgesucht“, erzählt Pfarrerin Bärbel Spieker schon ganz in Erwartung der holländischen Gäste, die am heutigen Freitag eintreffen.
2005, so berichtet Spieker, seien die Protestanten aus den Niederlanden erstmals in der Region gewesen, damals auf einer Chorreise und auf den Spuren von Luther und Bach. In Anhalt suchten sie eine Kirche, um mit hiesigen Christen den Gottesdienst feiern zu können. „Da hat man in der Landeskirche passenderweise an uns gedacht“, so die Pfarrerin der Stadtkirche.
Die Idee lag nahe, denn die Beziehungen zwischen Holland und Oranienbaum sind eng. 1660 war Nischwitz in den Besitz der holländischen Prinzessin Henriette Catharina von Oranien-Nassau übergegangen, Gattin von Fürst Johann Georg II. von Anhalt-Dessau. Diese ließ auf dem Landsitz ein Schloss und eine ganze Stadt bauen. 1673 erhielt der Ort dann in Erinnerung an die Herkunft der Fürstin den Namen Oranienbaum.
Beschränkte sich die Beziehung zum niederländischen Königshaus in jüngerer Vergangenheit auf wenige Besuche der gekrönten Häuser, so leben die Kirchgemeinden eine intensive Partnerschaft vor und besuchen sich seit 2006 regelmäßig im Wechsel. „Die Oranienbaumer sind dann immer begeistert von dem, was die Holländer alles in ihrer Gemeinde machen. Aber die Holländer fasziniert auch unsere Arbeit in der Gemeinde“, sagt Spieker.
Der größte Unterschied ist nach Ansicht der Pfarrerin vor allem die Altersstruktur. Bei den Partnern gäbe es viele Familien mit Kindern; schaut Spieker im Gottesdienst über die Köpfe ihrer Gemeinde, sieht sie vor allem graue Schöpfe.
„In Waarder und Nieuwerbrug gibt es jetzt auch keinen Vollzeitpfarrer mehr. Das übernehmen stundenweise Studenten, die das Grundstudium abgeschlossen haben. Das funktioniert aber nur, weil die Gemeinde so aktiv ist und alle wichtigen Aufgaben von ihr erledigt werden“, beschreibt Spieker das kirchliche Leben der Partner. „Es gibt dort ähnliche Probleme, aber andere Lösungen.“
Die werden sicher auch Thema an diesem Wochenende sein, für das sich die Oranienbaumer ein volles Programm ausgedacht haben. Der Besuch von Panorama, Stadtkirche und Lutherhaus steht am Sonnabend an. Pünktlich zum Festumzug beim Orangenfest müssen Oranienbaumer und Holländer wieder zurück sein. 14.30 Uhr laufen sie mit durch die Straßen der Stadt und lassen den Tag mit einem Grillfest im Pfarrgarten ausklingen. Der Sonntag hält als Besonderheit einen ökumenischen Gottesdienst um 10 Uhr im Festzelt auf dem Markt bereit.
„Das ist ungewöhnlich, aber wir wollen es ausprobieren, uns öffnen und den einen oder anderen begrüßen, der sonst nicht den Weg in die Kirche findet“, so die Pfarrerin. Kirchenpräsident Joachim Liebig wird die Predigt halten, Lesung und Segen sprechen Propst Matthias Hamann und der Pfarrer aus Holland. Bärbel Spieker, die Niederländisch gut versteht und ein wenig spricht, hat Lieder aus den Gesangbüchern beider Länder herausgesucht.
„Man kann in beiden Sprachen singen“, sagt sie und natürlich werde die Predigt auch simultan übersetzt. Es spielt der Posaunenchor und der wird mit großer Besetzung mühelos die Karussellmusik übertönen. Fast nahtlos geht der Gottesdienst dann in den Frühschoppen über, auch ein Novum, das die Pfarrerin so noch nicht erlebt hat. Die holländischen Gäste wollen dann allerdings schon auf der Autobahn sein und gen Heimat rollen. (mz)