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Kündigungen an Privatschule Kündigungen an Privatschule: Abiturstufe steht vor dem Aus in Oranienbaum

Von Corinna Nitz 13.11.2019, 18:33
In der Gesamtschule im Gartenreich in Oranienbaum hängt der Haussegen schief. Die Einrichtung hat keine gymnasiale Oberstufe mehr.
In der Gesamtschule im Gartenreich in Oranienbaum hängt der Haussegen schief. Die Einrichtung hat keine gymnasiale Oberstufe mehr. Thomas Klitzsch

Oranienbaum-Wörlitz - Im Jahr 2019 haben die ersten sieben Schüler an der Gesamtschule im Gartenreich (GiG) in Oranienbaum ihr Abitur abgelegt. Fünf Monate später stellt die von einer gemeinnützigen Genossenschaft getragene Bildungseinrichtung nun die gymnasiale Oberstufe schon wieder ein. Grund für die Entscheidung ist nach Auskunft von Martina Weigel, kaufmännische Leiterin und zugleich geschäftsführender Vorstand der Genossenschaft, Unterrichtsausfall in der Oberstufe. Vorausgegangen war zunächst die Kündigung durch den Schulleiter Andreas Wilde am 16. Oktober und dessen anschließende Freistellung. Zudem haben sieben Lehrer gekündigt, von denen laut Weigel vier im Krankenstand sind.

Der Unterrichtsausfall muss so erheblich gewesen sein, dass er auch von Vertretungslehrern aus dem Kollegium nicht mehr kompensiert werden konnte, weshalb man sich zur Schließung der Oberstufe entschlossen hat. Jetzt sollen, wie Weigel es formuliert, die Klassen fünf bis zehn „konsolidiert“ werden. Der Unterricht dort sei in jedem Fall gewährleistet. Auch die Prüfungen in Klassenstufe zehn sind, das betont Weigel, „sichergestellt“.

„Ein Novum“

Gravierende Auswirkungen hatte der zurückliegende Unterrichtsausfall für die Schüler der 13. Klasse. Diese konnten kaum Klausuren schreiben für den Abschluss des dritten Kurshalbjahres. „Letzte Woche“, sagt Weigel, „haben wir die Reißleine gezogen.“ Betroffen sind elf Schüler, die nun auf Gymnasien vor allem in Wittenberg und Dessau verteilt würden. Das bestätigt auf Nachfrage der MZ auch die zuständige Referatsleiterin beim Landesschulamt in Magdeburg, Gabriele Duckstein.

Demnach werden alle Betroffenen an staatlichen Gymnasien untergebracht, wobei Schüler und Eltern ein Mitspracherecht haben. „Wir haben alles in die Wege geleitet, ab Montag werden alle beschult“, so Duckstein zur MZ. Auf die Frage, ob sie so etwas schon einmal erlebt hat, erklärt sie: „Das ist ein Novum. Und es sollte nicht passieren.“ Duckstein weist zudem darauf hin, dass auch die Elftklässler der GiG versorgt werden.

Gekündigte Verträge

Wenig zu erfahren ist zu den Gründen und möglichen Konfliktfeldern, die dazu geführt haben könnten, dass der Schulleiter gekündigt hat. Auch die kaufmännische Leiterin des Trägers reagiert zurückhaltend. Weigel sagt, das müsse „aufgearbeitet werden“. Dies betreffe auch den Vorstand, der schauen werde, „wo er vielleicht etwas übersehen hat“. Ein wenig konkreter wird Vorstandsmitglied Uwe Zimmermann. So habe es Differenzen gegeben zwischen Schulleitung, einzelnen Lehrern und dem Vorstand. Auch habe der Direktor „Entscheidungen getroffen, ohne diese mit dem Vorstand abzusprechen“.

Zimmermann, der bei der Schulgründung 2010 Bürgermeister von Oranienbaum und Vorstandsmitglied in der Genossenschaft war, unterrichtet heute selbst an der GiG Mathematik. Auf die Frage, wie er einen möglichen Imageschaden für die Schule infolge der Querelen einschätzt, sagt er: „Ich denke, das ist heilbar. Es geht definitiv weiter.“ Ziel sei zudem die Wiedereinführung der gymnasialen Oberstufe.

Als „Momentaufnahme“ betrachtet Matthias Reichert, Vorsitzender des Schulelternrates der GiG, die Schließung der Oberstufe. Gegenüber der MZ spricht er von Kommunikationsproblemen in der Vergangenheit, betont aber auch, dass die Ursachen für die ungute Entwicklung „vielschichtig“ seien und er „niemandem Vorwürfe machen will“. „Wir sollten die Ärmel hochkrempeln und nach vorn schauen“, sagt Reichert. Er habe zwei Kinder an der GiG und daran solle sich auch nichts ändern. Dass es gerade auf Seiten der betroffenen Oberstufenschüler „Bestürzung“ gegeben habe, als bekannt wurde, dass es für sie in Oranienbaum keine Zukunft gibt, räumt er ein.

Reichert bestätigt im Übrigen, dass inzwischen 21 Eltern die Schulverträge gekündigt hätten. Dass dies für die Schule ein Problem sei, glaube er nicht.

Tag der offenen Tür wird vorbereitet

Die von einer Genossenschaft getragene Gesamtschule im Gartenreich (GiG) in Oranienbaum startete im Schuljahr 2010/2011 mit 22 Schülern der 5. Klasse. Heute werden in den fünften bis zehnten Klassen insgesamt rund 250 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. An der Gesamtschule soll von der fünften bis zur 13. Klasse unterrichtet werden.

Sämtliche möglichen Schulabschlüsse sind den staatlichen Schulabschlüssen gleichwertig. Vorerst nicht mehr möglich ist jedoch nach der aktuellen Schließung der gymnasialen Oberstufe die Erlangung des Abiturs. Trotzdem sieht Martina Weigel vom Träger „nach wie vor viel Potenzial“. Es „gibt ein großes Bedürfnis, diese Schule zu erhalten“, sagt Weigel und verweist auf Vorzüge wie etwa kleine Klassen, besondere Lernformen oder die Ausstattung. Von alledem können sich Interessierte persönlich einen Eindruck verschaffen, wenn die Schule am 23. November von 10 bis 13 Uhr einen Tag der offenen Tür veranstaltet. Was die aktuellen Entwicklungen und die Zukunft der GiG betrifft, so sollte es am gestrigen Abend eine (weitere) Versammlung in der Schule geben, zu der auch Elternvertreter erwartet wurden.

(mz)