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Hässliches Rind? Oder Pferd? Hässliches Rind? Oder Pferd?: Da steht 'n Elch auf der Flur

Von Alexander Baumbach 27.09.2018, 15:30
Hier sucht der Elch wohl jemanden zum Knutschen? Die beiden Damen im Hintergrund halten skeptisch Abstand zum Einwanderer.
Hier sucht der Elch wohl jemanden zum Knutschen? Die beiden Damen im Hintergrund halten skeptisch Abstand zum Einwanderer. Baumbach

Vockerode - Vockerode ist seit Mittwoch um eine Attraktion reicher. Ein Elch hat sich dort unter eine Rinderherde gemischt. Der junge Bulle fühlt sich offenbar unter „seinesgleichen“ pudelwohl. Und das, obwohl man schon versucht hat, ihn zu verscheuchen. Am nächsten Tag liegt der einhornige Großhirsch wieder zwischen Mutterkühen und Kälbern und lässt sich die Sonne auf den Pelz brennen.

Dirk Krüger, der die Herde mit Thomas Schubert besitzt, war erstmal ratlos, als er von dem neuen Nachbarn auf der Weide erfuhr. „Ich hab dann herumtelefoniert: Jäger, Polizei, Notruf. Wen erreicht man denn um kurz vor sechs auf dem Amt? Abends rief mich dann aber der Amtstierarzt Dr. Moeller zurück, der empfahl, den Elch zu verjagen. Das haben wir gemacht. Aber jetzt ist er wieder da. Und eigentlich ist es mir auch egal, solange der keinen Unfug mit den Tieren macht.“

Besuch aus Brandenburg

Der Elch ist offenbar von Norden gekommen und hat die Elbe überquert. Für den Elch ist das kleine Flüsschen kein Problem, hat der Paarhufer doch sogar Schwimmhäute zwischen den Hufen. Beim derzeitigen Wasserstand dürfte er die aber gar nicht gebraucht haben. Die langen Beine (manche Exemplare erreichen eine Beinlänge von 1,10 Meter) dürften ein Durchwaten des Flusses von der Coswiger Seite ermöglich haben. Hier war der Jungbulle bereits am Dienstagabend Autofahrern zwischen Coswig und Buro vor die Linse getrabt.

Dass der kein Unbekannter in unserer Gegend ist, davon geht Martin Trost aus. Der Säugetier-Experte vom Landesamt für Umweltschutz in Halle hat den Elch seit Anfang des Jahres im Fokus. Mit ziemlicher Sicherheit handelt es sich um das gleiche Tier, das Ende Februar bei Coswig in eine Fotofalle getappt ist. Wenige Tage später wurde der Bulle dann in – Achtung, Überraschung – einer Rinderherde im Brandenburgischen angetroffen.

Wissenschaftler von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde betäubten den naseweisen Geweihträger, stülpten ihm einen GPS-Sender über und verfolgen ihn seitdem am Computer. „Mein Kollege Frank Michler hält mich da immer mal auf dem Laufenden, wo der Elch sich aufhält. Seit dem Frühjahr war er aber fast nur in Brandenburg unterwegs“, erklärt Trost.

In Vockerode hat sich unterdessen am Donnerstagnachmittag ein regelrechter Elchtourismus eingespielt. „Ich habe am Morgen in der Zeitung davon gelesen – und dann sagte mir mein Nachbar, dass der Elch wieder da sei“, erklärt Fred Ryl, warum er mit dem Fahrrad und dem Fotoapparat an die Rinderweide gefahren ist. Hier, im Dreieck zwischen Vockerode, Elberadweg und Autobahn, freut er sich über den seltenen Gast.

„So ein Tier ist schon faszinierend - und auch putzig, wie er mit der Herde mitgeht. Wenn die zum Fressen trottet, dann steht er auf und läuft hinterher“, schildert er seine Beobachtungen. Die Rinder scheinen aber wenig Vertrauen in den Gast aus der Ferne zu haben. Zum berühmten Knutschen kommt es nicht: immer, wenn sich der Elch einer Kuh nähert, weicht diese ihm mit einigen Kuhlängen Abstand aus.

Beobachter am Elberadweg

Auch Uwe Hinsche hat sich extra zur Weide begeben. Der Dessauer hat einen Tipp von Silvio Senz bekommen und hat sich gleich aufgemacht nach Vockerode. „Das sieht man ja nicht alle Tage“, erklärt der Elchbeobachter auf dem Elberadweg, dem der Feldstecher um den Hals baumelt. Mit der Kamera nimmt er ein paar Eindrücke mit nach Hause.

Dem Besuch in Vockerode ist zu wünschen, dass sein Gastspiel glücklicher endet als der letzte Auftritt eines Elches in der Nähe des Dorfes: Im Frühsommer 1975 wurde ein Artgenosse zwischen Düben und Luko auf der rechten Elbseite gesichtet. Am 29. Mai 1975 um kurz nach 22 Uhr krachte ein Lastwagen auf der Autobahn bei Vockerode in das edle Wild.

Der Elch verendete an Ort und Stelle. Der Crash sorgte für Aufsehen. Der Kadaver, der 201 Kilogramm wog, wurde zum Fotoobjekt Nummer eins und kam zur Martin-Luther-Universität Halle für wissenschaftliche Zwecke. Auch im Sommer 2016 war ein Elch bei Wachsdorf unterwegs, von dem es ein Video gibt. Davor wurde zuletzt 2008 bei Mühlanger ein Elch gesehen. (mz)

Hier war der Elch noch bei Coswig - am Dienstagabend.
Hier war der Elch noch bei Coswig - am Dienstagabend.
Ayala