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Georg Forster in Wörlitz Georg Forster in Wörlitz: Große Südsee-Ausstellung wird eröffnet

Von Ilka Hillger 03.05.2019, 12:10
Wolfgang Savelsberg gab einen Ein- und Ausblick in und auf die Ausstellung zu Georg Forster im Schloss Wörlitz im vergangenen Jahr.
Wolfgang Savelsberg gab einen Ein- und Ausblick in und auf die Ausstellung zu Georg Forster im Schloss Wörlitz im vergangenen Jahr. Thomas Klitzsch

Wörlitz - Nun wird das Forster-Jahr also rund. Dem kleinen Appetithäppchen des Vorjahres - einer ersten Ausstellung mit wenigen Objekten - folgt dieser Tage die große Portion: ab Montag gibt es die „Rückkehr ins Licht“, wenn in einer gleichnamigen Schau die Südsee-Sammlung als Dauerausstellung im Mezzanin des Schlosses Wörlitz zu sehen ist.

Der Festakt dazu ist am Sonntag um 11 Uhr. Mit Grußworten ist Ministerpräsident Reiner Haseloff angekündigt. Das Fachliche zur Eröffnung trägt Kurator Frank Vorpahl bei und den Katalog stellt Wolfgang Savelsberg von der Kulturstiftung vor. Mit den Trommlern von Gaia-Percussion dürfte zudem etwas Südsee-Feeling aufkommen.

Das mag man aber vor allem bekommen, wenn man die 31 noch erhaltenen ethnologischen Objekte betrachtet, die diese Sammlung ausmachen und die inzwischen teilweise kein zweites Mal auf der Welt existieren. In Polynesien kam vor mehr als 200 Jahren schließlich niemand auf die Idee, Gegenstände des Alltags und täglichen Gebrauchs zu erhalten und zu bewahren.

Dass man diese heute trotzdem noch betrachten kann, ist Menschen wie Vater und Sohn Forster zu verdanken, jenen Weltumseglern und Wissenschaftlern, die die exotischen Kuriositäten von ihren Reisen mit nach Europa brachten, wo sie als einzigartige Sammlungsobjekte die Jahrzehnte überdauerten.

Ein Geschenk an den Fürsten

Die Wörlitzer Sammlung kam während der Englandreise des Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740-1817) mit seiner Gattin Louise im Jahr 1775 in dessen Besitz. Die Kollektion hatte Fürst Franz als Geschenk vom deutschen Aufklärer Johann Georg Adam Forster (1754-1794) erhalten. Dieser hat als Weltreisender und Naturforscher, als exzellenter Zeichner und Schriftsteller, später als Jakobiner und schließlich als Revolutionär Geschichte geschrieben.

Zu Lebzeiten des Fürsten noch gehegt, gepflegt und als Besonderheit den Gästen präsentiert, waren die Objekte, die sich das Fürstenpaar aussuchen durfte, dann aber doch mit dem Südsee-Pavillon in falschen Räumen aufbewahrt, wo sie viel zu hoher Feuchtigkeit ausgesetzt waren. Knapp gerettet in den Jahren der DDR wurde das Stiftungsdepot zum Ort, in dem die Sammlung nahezu in Vergessenheit geriet.

Es ist deshalb dem Journalisten und Forster-Fachmann Frank Vorpahl zu danken, der mit beharrlichem Nachfragen und Drängen die Südsee-Kuriositäten wieder in den Fokus der Öffentlichkeit rückte. Nach mehr als drei Jahrzehnten kehren die Objekte damit wieder ins Licht zurück. Dieser seltene, lange verborgene Schatz wurde in den vergangenen Monaten umfassend restauriert und für kommende Generationen gesichert.

Eindrucksvolles „Colleg“

Die Ausstellung im Wörlitzer Schloss, so kündigt es die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz im Vorfeld der Eröffnung an, unternehme jetzt den Versuch, das eindrucksvolle Südsee-„Colleg“, das Georg Forster vor fast 250 Jahren an selber Stelle vor dem Fürstenpaar und seinen Gästen hielt, anhand von Forsters Reise-Aufzeichnungen zu rekonstruieren.

Zu dem Schurz einer Tänzerin von Raiatea gesellt sich so die Zeichnung Poeduas, der Tochter des Hohepriesters der Insel, die in England zum Sinnbild des Tahiti-Mythos wurde. Das ethnologische Artefakt einer Haarprobe verbindet sich in der Schau mit dem Duft der Tiaré-Blüten, die sich die Tänzerinnen beim Hiwa in einen hochaufragenden Turban aus Haar steckten, von dem die Haarprobe vermutlich stammt.

Weil der Südsee-Pavillon im Wörlitzer Park noch immer nicht als Ausstellungsort taugt, wird er immerhin zum Schauplatz einer Installation: Eine Schatten-Galerie soll hier an die Geschichte der Südsee-Sammlung erinnern.

Für alle Interessierten offen, aber de facto dann doch speziell, ist ein Symposium am Tag vor der Ausstellungseröffnung. „Die ethnografischen Artefakte der Forster-Sammlungen im Dialog mit ihren Herstellungskulturen“ beschäftigen die Fachleute auf der Veranstaltung mit dem sperrigen Titel am 4. Mai von 9 bis 16.30 Uhr im Gasthof „Eichenkranz“.

Das Symposium ist eine Veranstaltung der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz und der Georg-Forster-Gesellschaft. Bei diesem präsentieren internationale Wissenschaftler neueste Erkenntnisse rund um die „Südsee-Curiositäten“ sowie Vater und Sohn Reinhold und Georg Forster.

Besonderer Fokus liegt dabei auf der Frage nach dem „kolonialen Erbe“: Wie sieht ein angemessener Umgang mit ethnografischen Exponaten aus? Und wie sehen dies die vom Kolonialismus betroffenen Regionen? Solchen Fragen, so informiert die Kulturstiftung, soll das Symposium nachgehen.

Spannende Referate

Aufklärung versprechen Referenten in zumeist halbstündigen Vorträgen. Wolfgang Savelsberg von der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz übernimmt zu Beginn eine Einordnung mit Worten zur Geschichte der Wörlitzer „Südsee Curiositäten“.

Später geht es, zumindest in Gedanken und Worten, so richtig in die Südsee, wenn von Johann Reinhold und Georg Forster in Tonga berichtet wird oder der Blick von dort auf die Wörlitzer Sammlung ein Thema ist. Frank Vorpahl, der die aktuelle wie auch die Ausstellung des Vorjahres kuratierte, spricht über „Tapa aus Tonga und Taschen, die keine sind“.

Sehr detailliert wird es schließlich zum Finale des Symposiums, wenn Billie Lythberg von der University of Auckland den Mikrokosmos des Baumwollgewebes aus Tonga in den Blick nimmt. Die Tagung, der jeder Interessierte bei freiem Eintritt folgen kann, geht mit einer Abschlussdiskussion um 16.15 Uhr zu Ende.

Ausstellung „Rückkehr ins Licht“, Schloss Wörlitz, geöffnet vom 6. Mai bis 30. September, außer montags von 10 bis 18 Uhr. (mz)

Ein Sitzmöbel mit der Route von Georg Forsters Reisen.
Ein Sitzmöbel mit der Route von Georg Forsters Reisen.
Thomas Klitzsch