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Georg-Forster-Ausstellung Georg-Forster-Ausstellung: Die Südsee am Wörlitzer See

Von Ilka Hillger 06.05.2019, 09:31
Zur Eröffnung der Forster-Ausstellung am Sonntag im Wörlitzer Schloss musizierte Gaia Percussion.
Zur Eröffnung der Forster-Ausstellung am Sonntag im Wörlitzer Schloss musizierte Gaia Percussion. Ilka Hillger

Wörlitz - Kleine Kreise schließen sich und große auch. Die Südsee liegt gleich am Wörlitzer See. Auch wenn die Parkstadt und Polynesien tausende von Kilometern trennen, so ist man sich doch ganz nah, wenn es um Georg Forster (1754-1794) geht.

„Wörlitz und Tonga sind miteinander verbunden. Wir sind ganz eng logistisch und nicht nur im Geiste zusammen“, meinte denn am Sonntag auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und schlug über Elbe und Nordsee ganz einfach die Brücke in die Südsee. Zumindest auf der Landkarte konnte er den kürzesten Weg zwischen den beiden so verschiedenen Welten schon finden.

Geholfen hat ihm eines jener raren Exponate, die die neue Ausstellung „Rückkehr ins Licht – Georg Forster und die Wörlitzer Südseesammlung“ ausmachen. Mit einem Festakt wurde die Schau am Sonntag im Wörlitzer Schloss mit viel Polit- und Kulturprominenz eröffnet.

„Genau vor einem Jahr gab es den Startschuss am Eisenhart“, erinnerte Haseloff an den 5. Mai 2018. Mit weniger Exponaten und Erläuterungen gab es damals bereits den Vorgeschmack auf das nun eigentliche Finale des Forster-Jahres, mit dem die Kulturstiftung den Forscher und Weltreisenden ehrt.

Teile seiner Sammlung von Reisen mit Captain James Cook machte er einst Fürst Franz von Anhalt und dessen Gemahlin Louise zum Geschenk. 28 von insgesamt noch 31 verbliebenen Objekten sind der Dreh- und Angelpunkt der Ausstellung, die der Journalist und Forster-Spezialist Frank Vorpahl kuratierte.

Haselof zeigte sich beeindruckt von der Restaurierung dieser Geschenke an den Fürsten. „Sie sind in einem Zustand, in dem ich sie noch nicht erlebt habe“, lobte er die Restauratorinnen. Den Vergleich konnte er durchaus ziehen, denn als Junge vor rund 60 Jahren sah er die Alltagsgegenstände aus der Südsee bereits an ihrem damaligen Ausstellungsort im Eisenhart.

Weil dieser für die Präsentation der Südseesammlung aus konservatorischen Gründen nicht geeignet ist, sind die Exponate nun als erste Dauerausstellung Deutschlands, die sich dem Welterkunder Forster widmet, im Mezzanin des Schlosses Wörlitz untergebracht.

„Das ist eine Bereicherung innerhalb des Weltkulturerbes“, befand Reiner Haseloff. Die Schau wertete er als weiteren Beweis dafür, welch großes Konzept und Botschaft sich hinter dem Gartenreich verbergen.

Ähnlich wie es auch schon Forster hielt, empfahl er, sich authentische Informationen zu besorgen, bevor man Urteile abgebe. Forsters Mitbringsel aus fernen Ländern, vor allem aber seine Notizen und Zeichnungen sind solche Informationen.

Den Beweis für die sicher nicht ausbleibende „Riesenresonanz“ der neuen Ausstellung hatte der Landeschef in seinem Grußwort zudem gleich parat: „Prinz Charles kommt extra hierher. Das ist gut so. Er hat also erkannt, welches Kleinod wir hier haben“, blickte Haseloff auf den Mittwoch dieser Woche, wenn der britische Thronfolger am Nachmittag zur Kurzvisite in Wörlitz erwartet wird.

Kurator Frank Vorpahl hob bei der Eröffnung am Sonntag vor allem den neuen Blick auf die ausgestellten Objekte hervor. „Warum sollte man ein Baströckchen in die Vitrine legen und es sich nur anschauen?“, fragte er. In Wörlitz bekommt man die umfassendsten Informationen zum Kleidungsstück, denn das Wissen um die Sammlung sei vor allem in den vergangenen Jahren enorm gewachsen, auch Dank des Internets und den damit problemlosen Kontakten zu Sachverständigen am anderen Ende der Welt.

Man habe die Sammlung erkannt und analysiert, musste einiges in Sachen Herkunft und Bedeutung neu sortieren. „Die Dinge in ihrer Bedeutung zu erkennen, ist das Wichtigste“, konstatierte Vorpahl.

Sein Wunsch, Georg Forster stärker im Bewusstsein als Europäer und Weltbürger zu verankern, könnte sich sicher erfüllen, wenn die Schau mit der gleichen Begeisterung bei den Besuchern aufgenommen wird, mit der sie die Ausrichter und Macher gestalteten.

Artefakte, Videoinstallation und Schattengalerie

Nach ihrer umfassenden Restaurierung können die Exponate der Südseesammlung ab dem heutigen 6. Mai im Mezzanin des Schlosses Wörlitz betrachtet werden. Die Stücke gehören zu den frühesten Gegenständen, die je aus Polynesien nach Europa kamen und noch immer existieren. Auf den Inseln des Südpazifiks sind heute keine derartigen Objekte aus dieser Zeit mehr vorhanden.

Die seltenen Artefakte geben Einblicke in das Leben der Inselbewohner im südlichen Pazifik um das Jahr 1770. Dazu zählt unter anderem ein Angelhaken, mit dem Tintenfische gefangen wurden, ein filigran gearbeiteter Brustschmuck aus Federn, Hundehaaren und kleinen Haifischzähnen sowie der Bastrock und die Haarsträhne, die möglicherweise von der tahitischen Prinzessin Poedua stammen.

Das Multimedia-Kunstwerk „In Pursuit of Venus“ der Maori-Künstlerin Lisa Reihana gibt in einer Video-Installation einen zeitgenössischen Blick auf die ersten Begegnungen von Europäern mit den Menschen der Südsee. Den historischen Zusammenprall der Kulturen inszenierte die Künstlerin vor der Kulisse französischer Südsee-Tapeten, die 1804 entstanden waren. Neuseelands offizieller Beitrag zur Biennale von Venedig 2017 ist im Rahmen der Ausstellung erstmals in Deutschland zu sehen.

Neben der Präsentation im Schloss ist auch der erste Ausstellungsort der Südseesammlung präsent. Eine Schattengalerie deutet die ehemals dort ausgestellte Sammlung an und erinnert an diese frühe Form eines der ersten öffentlichen „Museen“. (mz)