Elbe Elbe: Pilotprojekt kann starten

Klöden - Am Fluss zieht es heftig an diesem Montagvormittag, Regenschauer vernebeln die Elbaue bei Klöden. Elke Kühne vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Dresden und Guido Puhlmann, Leiter des Biosphärenreservates „Mittelelbe“, haben Schutz gesucht unter der Futterkrippe am ehemaligen Klödener Fähranleger. Sie sind guter Dinge.
„Wir freuen uns, dass der Bundestag am Donnerstag das Gesamtkonzept Elbe nochmals bestätigt hat, und das noch kurz vor Ende der Legislaturperiode“, sagt Puhlmann. Das sei ein gutes Signal für das Bauvorhaben bei Klöden.
Um die Vertiefung der Elbe zu stoppen, sollen im Elbabschnitt zwischen der Fähre Pretzsch und der Elstermündung die Buhnen umgebaut werden. Wenn sich die Elbe immer tiefer in die Flusssohle eingräbt, sinkt auch der Grundwasserspiegel im Umland. Die Auen vertrocknen, alte Elbarme, wie der Klödener Riß, verlanden, Tier- und Pflanzenarten drohen zu verschwinden.
Der Strom muss gebremst werden. Schon seit 1996 werden rund 100.000 Tonnen Geschiebe pro Jahr in die Elbe geschüttet - das Material, das der Fluss bei großen Hochwassern angeschwemmt hat, bekommt er wieder zurück. Er soll sich abarbeiten an dem Geröll und so Energie verlieren.
Kernpunkt des Sohlestabilisierungskonzeptes ist der Umbau der Buhnen, die ursprünglich der Landgewinnung dienten. „Sie werden kürzer und flacher“, erklärt Elke Kühne. So soll erreicht werden, dass weniger Sediment in den Buhnenfeldern abgelagert wird. Eine weitere Möglichkeit, den Fluss zu verlangsamen ist, ihn mäandern zu lassen.
Deshalb ist auch die Wiederanbindung des Klödener Risses und des alten Elbarms auf der Bösewiger Seite an den Fluss vorgesehen. Die Klödener dürfte das freuen. Im Bürgerdialog für das Integrierte Stadtentwicklungskonzept von Jessen im April hatte Ortsbürgermeister Dietmar Wartenburger betont, dass Klöden gerade wegen der einmaligen Natur ein attraktiver Ort zum Wohnen ist und das Klödens Unterpfand für die Zukunft ist.
„Wir sind sehr froh, dass die Klödener das so sehen“, sagt Puhlmann. Das sei ein gewichtiges Argument für die Anbindung der Altarme.
Das Konzept zur Stabilisierung der Flusssohle ist bereits 2009 von den Landesregierungen Sachsen-Anhalt und Sachsen beschlossen worden. Puhlmann vertritt den Naturschutz (Landesaufgabe) in der Bund-Länder-Kommission, das Wasserstraßenamt ist eine Bundesbehörde. „Es ist sehr wichtig, dass wir uns über Fachgrenzen hinweg verständigen“, sagt er.
In Auswertung des Scopingtermins vom Mai 2016, in dessen Zuge Art und Umfang der Umweltverträglichkeitsprüfungen festgelegt wurden, hat Elke Kühne am Montag eine Mail von der übergeordneten Fachbehörde, dem Bundesamt für Gewässerkunde, bekommen, dass nun die Ausschreibungen vorbereitet werden sollen.
Die erfolgt europaweit in mehreren Teilen, aber laut Kühne so fachspezifisch, dass Ingenieurbüros aus der Region eine Chance haben, sich zu beteiligen. „Die kennen sich schließlich am besten mit den Gegebenheiten aus.“
Untersucht werden die Auswirkungen des Vorhabens auf die Belange des Umwelt- und Artenschutzes, der Wasserrahmenrichtline sowie auch der Landnutzer und Anwohner. Das betreffe nicht nur die veränderte Situation nach dem Umbau, sondern auch die Belastungen während der Bauzeit, etwa weil Zufahrten zu den einzelnen Bauabschnitten geschaffen werden müssen.
Ein Großteil des Materials soll aber mit Schiffen transportiert werden. „Schließlich haben wir eine Wasserstraße“, sagt Puhlmann.
Bis die Bagger tatsächlich anlanden, werden aber noch mindestens zwei Jahre vergehen. Mit einer Länge von zwölf Elbkilometern wird es laut Puhlmann die größte Baustelle in der Elbe seit Renaturierung des ehemaligen Manövergeländes der Sowjetarmee bei Roßlau. Ungefähr 150 Buhnen sind umzubauen.
Diejenigen, die bis dahin saniert werden müssen, werden aber gleich in die neue Form gebracht. „Bislang betrifft das sechs Buhnen“, sagt Elke Kühne.
„Das hat es in Deutschland noch nicht gegeben“, meint Puhlmann. „Hier in Klöden werden wir sehen, ob es gelingt.“ Gelöst ist das Gesamtproblem damit noch nicht. Der nächste Abschnitt folgt zwischen Coswig und Wittenberg.
Für den Leiter des Biosphärenreservates, für den die Bewahrung des Unesco-Weltnaturerbes nicht nur berufliche Aufgabe sondern Herzenssache ist, zählt jeder Schritt, den das Projekt vorankommt. Man müsse vieles untersuchen. „Aber wenn wir warten, bis wir alles wissen, ist es zu spät.“ (mz)