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Dorffest in Braunsdorf Dorffest in Braunsdorf: Traktoren sind weitgehend original oder aufgerüstet

Von Karina Blüthgen 27.06.2016, 15:35
Erwin Wassermann aus Groß-Marzehns wirft seinen in Straach gebauten Traktor an.
Erwin Wassermann aus Groß-Marzehns wirft seinen in Straach gebauten Traktor an. Thomas Klitzsch

Braunsdorf - Als der Braunsdorfer Feuerwehrchef Matthias Rauschning zur Ausfahrt ruft, geht das Tuckern auf der Festwiese los. Nur die wenigsten Traktoren laufen auf Knopfdruck. Erwin Wassermann braucht schon Muskelkraft, damit der nach dem Krieg in Straach gebaute Traktor läuft. „Die Achse ist von einer Raupe, das Getriebe aus Österreich, der Motor von der Schiffswerft Roßlau“, zählt er die Einzelteile auf.

Der Sonnabend stand auf der Festwiese in Braunsdorf ganz im Zeichen der Familien. Für die Kinder gab es ein Kreativzelt, in dem sie sich ausprobieren konnten. Die Jüngsten der Kindertagesstätte „Korbinchen“ zeigten ihr Programm. Musik kam am Nachmittag und Abend von der Chemnitzer Band „Chamtzer Bossen“. Höhepunkt war der Braunsdorfer Triathlon. „In diesem Jahr waren die Disziplinen Kabeltrommelrollen, Zielweitwurf mit der Frisbee-Scheibe und der Baumscheiben-Geschicklichkeitslauf“, erläuterte Martina Schering, Vorsitzende des Fördervereins Flämingkirche Braunsdorf, die Aufgaben. Sturm- und Gewitterschäden hatte es zum Glück nicht gegeben.

Sein Vater habe ihn bauen lassen, „und als mein Vater gestorben ist, habe ich ihn übernommen“, sagt der Traktor-Besitzer aus Groß-Marzehns. Im Wesentlichen sei er noch im originalen Zustand, „ich habe nur mal Blinklicht angebaut“, erzählt er. Beim Abbiegen eine Kelle raushalten wie früher, das gehe nicht mehr. Doch in der Landwirtschaft sei er noch gut zu gebrauchen.

Vor sieben Jahren hat Gustav Martsch seinen Deutz, Baujahr 1954, vor dem Verschrotten gerettet. „Der stand zugewachsen in einem Garten, total verrostet“, erzählt der Groß-Marzehnser, der sein Prachtstück wieder ausgebaut hat. Die Besonderheit seines Traktors: Die Schaltung befindet sich hinter dem Fahrersitz. „Davon sind nicht viele gebaut worden“, weiß er. Schließlich kommt er aus einem brandenburgischen Dorf, in dem es 140 Einwohner und über 90 Oldtimer-Traktoren gibt. Mit sechs Traktoren sind die Schlepperfreunde Groß-Marzehns in Braunsdorf vertreten.

48 Traktoren sind es insgesamt, die am Sonntag zum Treckertreffen nach Braunsdorf gekommen sind. Manche wie die Teucheler Schlepperfreunde und die Gäste aus Nudersdorf haben es nicht ganz so weit, andere wie ein Fahrer aus Köselitz müssen schon etwas eher losfahren, um pünktlich zu sein. Man kennt sich in der Szene, er habe von Braunsdorf in der Vorwoche beim Treffen in Medewitz erfahren.

Während sein roter Traktor nur Hobby ist, muss der Güldner von Klaus Richter aus Möllensdorf noch richtig an an die Arbeit. „Ich habe ihn seit zwölf Jahren“, erzählt Richter. Sein Sohn habe an dem Traktor, Baujahr 1959, die Elektrik neu gemacht. Zudem ist er aufgerüstet: mit Tagfahrlicht, angebautem Tacho und sogar einer Musikanlage. Und: Richter kann im Winter einen Schiebeschild anbauen und den Schnee wegräumen.

Den Vormittag über wird erzählt, Tipps werden ausgetauscht und stolz die Technik präsentiert. Dann geht es auf eine kleine Runde durchs Dorf. Einzige Frau am Steuer eines Traktors ist Betty Hoffmann. Gemeinsam mit Ehemann Michael und Sohn Niklas sind sie die Nudersdorfer Schlepperfreunde. Ihr Deutz muss noch zum Heu- und Holzmachen mit ran, „ansonsten just for fun“, findet Michael Hoffmann es in Ordnung, dass nicht alles nur mit Arbeit zu tun haben muss. Vor acht Jahren habe er ihn aus Neckarsulm geholt, „fast so wie er da steht“. Seither besucht die Familie Treckertreffen in der Nähe, nächstes Jahr wollen sie nach Medewitz fahren. Die beste Reisegeschwindigkeit seien 20 Kilometer pro Stunde. „Wenn man so langsam fährt, sieht man mehr“, weiß Michael Hoffmann.

Nach der Ausfahrt erhält jeder Fahrer ein Freigetränk. Und auch der Traktor mit der weitesten Anreise wird bedacht - passenderweise mit fünf Liter Diesel. Den Kanister bekommt schließlich der Köselitzer. Worauf der lachend meint: „Da hätte ich doch in Cobbelsdorf gar nicht tanken müssen.“ (mz)