Champions-Tour Champions-Tour im Tischtennis: Timo Boll macht Halt in Wittenberg

Wittenberg - „Soviel geballte Weltklasse gab es seit 500 Jahren, seit Martin Luther, in dieser Stadt nicht mehr“, preist Sportdirektor Ralph Hirsch am Samstagabend nahezu überschwänglich in der fast ausverkauften Wittenberger Stadthalle die Champions-Tour der Tischtennis Weltstars an.
Das „Who is who“ dieser Sportart hat sich hier eingefunden, was vom sachkundigen Publikum bei der Begrüßung durch KSB Präsident Uwe Loos sofort mit tosendem Applaus honoriert wird.
Für viele war kein Weg zu weit, um ihre „Stars zum Anfassen“ einmal hautnah miterleben zu können. „Das ist ja Tischtennis vom anderen Stern“, kann es Hans Schuch (76) aus Zerbst kaum fassen.
Seine Mannschaftskameraden Marian Konratt (32) und Hans Zelmanski (68) vom Tischtennisverein SV 51 Zerbst pflichten ihm euphorisch bei. Sie erleben gerade atemberaubende Ballwechsel zwischen Deutschlands Nr. 1 Timo Boll und der schwedischen Tischtennislegende Jörgen Persson.
Ein Hauch von Rio in Wittenberg
Timo Boll hat alle sechs bisherigen Turniere der aktuellen Tour gewonnen. Der Mann, der an der Spitze der Weltrangliste stand und bei den Olympischen Spielen in Peking, London und Rio einmal Silber und zweimal Bronze holte, hat in Coburg die Chance, die Tour mit makelloser Bilanz zu beenden.
Boll (35), Fahnenträger der deutschen Olympiamannschaft von Rio, gewinnt das Match gegen den bereits 50-jährigen Schweden mit 3:0. Da werden alle Kabinettstückchen aus der Tischtenniszauberkiste hervor geholt. „Das ist Weltklasse pur“, ist Steffen Liermann aus Zahna ganz aus dem Häuschen. Er selbst ist einige Klassen tiefer auf regionaler Ebene aktiv.
An zwei Platten spielt sich parallel das Geschehen ab. Bei der Geschwindigkeit des nur 40 Millimeter Durchmesser großen Balls - es wurden bereits 250 Stundenkilometer gemessen - haben es die Augen schwer, auf „Ballhöhe“ zu bleiben.
„Die 7-Städte Tournee durch Deutschland war bisher ein Riesenerfolg. Tischtennis erwies sich in allen Tourneeorten als Publikumsmagnet“, lobt Tourneemanager Daniel Suchanek das große Interesse.
Sechs Top-Spieler stehen während der Champions-Tour in sieben Städten an der Platte. Marcos Freitas (28, Portugal), Timo Boll (35, Deutschland), Jörgen Persson (50), Jan-Ove Waldner (51, beide Schweden), Wang Xi (32, China) und Peter Korbel (45, Tschechien) sind die Stars des Tischtennis, das in Deutschland aktuell von mehr als 670.000 Sportlern in 10.000 Vereinen gespielt wird. An die Beliebtheit des Sports in China reicht das natürlich nicht heran. Im Land der aufgehenden Sonne gibt es 60 Millionen aktive Spieler.
Ein wenig Show darf nicht fehlen. Das „Schwedenduell“ zwischen den Ex-Weltmeistern Jörgen Persson und Jan-Ove Waldner (51), zeigt, dass beide vom Können noch nichts verloren haben. Dies wird mit einem Kabinettstückchen demonstriert. Eine Angabe zehn Meter von der Platte erreicht ihr Ziel und wird von Persson im Liegen gekontert. Das Publikum johlt.
Peter Korbel aus Ostrava (CZ) ist einer der sechs Tischtennisstars. 18 Jahre spielte er in der deutschen Bundesliga. Für den Tschechen ist es die stärkste Liga in Europa. Inzwischen ist er im Marketingbereich für Tischtennisartikel tätig und besitzt fünf Fachgeschäfte in seinem Heimatland.
Boll schlägt Wang Xi im Finale
Nachdem bei den Vorrundenspielen mit jeweils drei Teilnehmern Tischtennis vom Feinsten geboten wurde, folgt eine lange Autogrammstunde. Die Stars erfüllten geduldig jeden Wunsch der Fans auf ein handsigniertes Foto.
Der unmittelbare Publikumskontakt ist es auch, von dem die vierköpfige Familie Schicketanz aus Zahna schwärmt. „Unsere Platte im Keller wird oft genutzt. Nach dem heutigen Abend noch öfter.
Mal sehen wer das nächste familieninterne Duell gewinnt“, meint Kerstin Schicketanz. Steffen Holzmüller und Sohn Arne (11) – der Filius spielt in Pratau – erhielten perfekten Anschauungsunterricht. „Da kannst Du Dir einiges abgucken.“ So der Vater zum Sohn.
Die Perfektion der Stars erfordert professionelles Training. „Fünf bis sechs Stunden am Tag, verteilt auf zwei bis drei Einheiten und Konditionstraining gehören dazu“, erklärt der Schwede Jan-Ove Waldner, Olympiasieger von 1992 in Barcelona. Er gilt als die lebende Legende unter den Tischtennisspielern.
Wenn es da noch einer Steigerung an diesem Abend bedarf, dann ist es das Finale zwischen Timo Boll und dem Chinesen Wang Xi. Es endet 3:1 für Publikumsliebling Timo Boll (7:11; 11:2; 11:4; 11:7). Nach dem ersten verlorenen Satz packt Boll sein ganzes Können in die folgenden Sätze. Dies führt zum Erfolg. Die Halle bebt.
(mz)