Aus der Natur auf den Tisch Aus der Natur auf den Tisch: Pilze in Hülle und Fülle

Schköna - Wer dieser Tage in die herbstlich bunten Wälder in Fläming oder Dübener Heide zieht, der kommt aus dem Bücken häufig gar nicht mehr heraus. Pilze sind sichtlich keine Mangelware wie im vergangenen Jahr, im Gegenteil, die Körbe vieler Sammler quellen regelrecht über. Wärme und Feuchtigkeit lassen vielfältige Exemplare an Speisepilzen und ihren giftigen Verwandten gedeihen.
Das bestätigt Gerd Scholz aus Schköna, einer von vier Pilzberatern im Kreis Wittenberg. Insbesondere die begehrten Steinpilze lassen sich nach seinen Worten in der Dübener Heide gegenwärtig finden, Pfifferlinge hingegen kaum. „Die sind“, staunt der Fachmann, „völlig ausgeblieben in diesem Jahr.“ Trotzdem kehrt Scholz, der zurzeit bestimmt jeden zweiten Tag in die Wälder geht, mit prall gefülltem Korb heim. Das war 2018 wegen der großen Trockenheit ganz anders: „Da hatte ich in der gesamten Saison gerade mal zwei Steinpilze“, erinnert er sich.
Ebenfalls in großer Zahl anzutreffen zurzeit: Maronen. Eigentlich ein leckerer Speisepilz, der so genannt wird, weil sein Hut (bisweilen) an Esskastanien erinnert. Dass der Berater aus Schköna dennoch zur Zurückhaltung mahnt (und er ihn selber im Übrigen stehen lässt), hat damit zu tun, dass sich auch so viele Jahre nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl noch immer erhöhte Caesium-Werte nachweisen lassen. Scholz hat gerade wieder ein Kilo Maronen-Röhrlinge abgegeben - an Veterinäramt und Lebensmittelkontrolle, die die aktuellen Werte prüfen.
Wer sie trotzdem essen möchte, dem wird das Abziehen der Huthaut empfohlen, das verringere die radioaktive Belastung deutlich. Caesium wird im Maronenröhrling vor allem durch die Hutfarbstoffe Badion A und Norbadion A angereichert, heißt es in der Fachliteratur.
Was der Schkönaer öfter aussortiert bei jenen, die sich um Rat an ihn wenden, das sind nicht die schicken Fliegenpilze oder die gelben Knollenblätterpilze, die es in der Heide in großer Zahl gibt. Die sind zu offensichtlich giftig. Es handelt sich zum Beispiel um Kahle Kremplinge, die früher mal für essbar gehalten wurden, vielleicht, weil Symptome erst später auftreten. Scholz warnt: „Kahle Kremplinge sind giftig, sie können Nierenschäden bewirken.“ Todesfälle seien bekannt.
Vorsicht geboten ist nach den Erfahrungen des Pilzberaters nicht zuletzt bei Wald- und Wiesenchampignons. Sie können etwa mit dem Karbol-Champignon, auch Giftegerling genannt, verwechselt werden. „Es gibt mehrere giftige Champignonarten“, erklärt der Fachmann.
Aber natürlich auch jede Menge guter Speisepilze. Gerd Scholz selbst mag neben Steinpilzen Edelreizker oder den violetten Rötelritterling, Schirmpilze natürlich oder die Krause Glucke, „ein wunderbarer Speisepilz“. Zwar essbar, aber für ihn persönlich nicht empfehlenswert ist Hallimasch. Der Experte spricht von „individueller Unverträglichkeit“. Bei ihm löst Hallimasch Durchfall aus.
Zwar sollten Pilze, weil schwer verdaulich, nicht allzu oft auf dem Speiseplan stehen, dass es bei Familie Scholz in dieser reichen Zeit dennoch öfter Pilzmahlzeiten gibt, räumt der Berater ein. Er empfiehlt neben der klassischen Pilzpfanne mit Zwiebeln, Salz, Pfeffer, einer Spur Kümmel und Schmand - gerne als Omelett - Kartoffelsuppe mit Krauser Glucke („köstlich“), Pilzsuppe von Stockschwämmchen oder aber panierten und gebackenen Schirmpilz.
Online kein Rat
Vier Pilzberater können im Kreis Wittenberg gefragt werden, wenn Unsicherheiten bestehen. Neben Gerd Scholz in Schköna (Tel. 034955/22313) sind das: Peter Hildebrandt in Trebitz (Tel. 034927/21175), Hendryk Kröber in Schmiedeberg (Tel. 034925/70520) und Manfred Kottke in Jüdenberg (Tel. 034953/23615). Gebeten wird um telefonische Anmeldung. Dass er öfter online um Rat gefragt und ihm Bilder geschickt werden, berichtet Gerd Scholz. „Das mache ich grundsätzlich nicht.“
Die Verwechslungsgefahr sei einfach zu hoch. Er bittet auch jene, die zum Berater gehen wollen, die Pilze herauszudrehen, damit der komplette Stiel zu sehen ist. Der Experte aus Schköna empfiehlt überdies, Pilze, bei denen sich die Sammler nicht sicher sind, zu separieren, sie nicht mit Speisepilzen zusammenzubringen. Weitere Tipps: Luftiger Korb und nur junge, frische Pilze mitnehmen.
(mz)

