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Augustinuswerk Mühlanger Augustinuswerk Mühlanger: Besondere Übernahme in Tischlerei

Von Boris Canje 29.02.2016, 12:46
Nach dem CNC-Fräsen müssen die Holzteile  geschliffen werden. Hier ist Karsten Arndt mit einem Seitenteil einer Treppe beschäftigt.
Nach dem CNC-Fräsen müssen die Holzteile  geschliffen werden. Hier ist Karsten Arndt mit einem Seitenteil einer Treppe beschäftigt. Boris Canje

Mühlanger - Viele Handwerksmeister sind derzeit auf der Suche nach Nachfolgern, die ihre Unternehmen weiterführen und das möglichst auch im bisherigen Sinne und mit den derzeitigen Mitarbeitern. Das gestaltet sich nicht selten recht kompliziert. Auch Steffen Dannenberg, Inhaber einer Tischlerei in der Straße An der Greye 1 in Mühlanger, gleich gegenüber vom Bahnhof gelegen, machte sich auf die Suche. Er konnte seinen Betrieb aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiterführen.

Dabei erinnerte er sich mit seiner Frau Antje, dass in der zurückliegenden Zeit das Augustinuswerk des öfteren nachgefragt hatte, ob Dannenbergs Lohnaufträge für die vereinseigene Werkstatt für behinderte Menschen habe. Das war damals nicht möglich, vor allem auch, weil in dem Handwerksbetrieb Haustüren und Treppen aus Massivholz nach Kundenwünschen sowohl für Neu- als auch für Altbauten oder den Denkmalschutz angefertigt werden, also fast jedes Produkt auch ein Unikat ist.

Die Werkstatt für behinderte Menschen des Augustinuswerkes wurde 1991 gegründet. Sie besteht heute aus sechs Werkstätten sowie dem Förder- und Betreuungsbereich. Dazu kommen zahlreiche Außenpraktika und Arbeitsplätze bei gewerblichen Kunden. Drei 100-prozentige Tochtergesellschaften entstanden in den zurückliegenden drei Jahren. Neben der Die Tischlerei gGmbH sind dies Die Waschwerkstatt gGmbH sowie Die Energie und Service GmbH. Das Augustinuswerk als Trägerverein wurde 1990 von Bürgern Wittenbergs sowie dem evangelischen Kirchenkreis und der katholischen Pfarrgemeinde gegründet. (mz/cab)

Jetzt aber wurden Gespräche aufgenommen und beide Seiten einigten sich schnell. So wurde zum 1. Januar 2015 eine Tochtergesellschaft mit dem Namen Augustinuswerk Die Tischlerei gGmbH ins Leben gerufen.

Heute arbeiten dort neben den fünf bisherigen Mitarbeitern mittlerweile auch vier Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen. „Damit haben wir aber eine Grenze erreicht“, sagt Antje Dannenberg, die sich als Prokuristin gemeinsam mit Meister Jens Michel um die Kundenbetreuung, die Aufträge und deren Abrechnung kümmert. Mehr gebe der Platz nicht her und auch das Auftragsvolumen nicht. Denn auch die Firmenphilosophie hat sich nicht geändert: Oberstes Gebot ist nicht Masse, sondern eine gute Qualität.

In der kleinen Gruppe geht es recht familiär zu. So treffen sich nach dem ersten Tagesabschnitt alle im Pausenraum zu einem gemeinsamen Frühstück. Dann werden die Maschinen wieder angeworfen. Und auch das Mittagessen wird gemeinsam eingenommen. Deshalb ist sich die Chefin auch sicher: „Das Betriebsklima passt, alle fühlen sich hier wohl.“ Zumindest bei den übernommenen Mitarbeitern ist das auch daran zu erkennen, dass die meisten bei Dannenbergs, die ihr Unternehmen vor 26 Jahren gründeten, dort zuvor bereits langjährig tätig waren.

Herzstück ist eine CNC-Fräse, mit der die Einzelteile lasergesteuert bearbeitet werden. Schließlich soll auch alles millimetergenau passen, wenn beim Kunden zum Beispiel eine Treppe montiert oder eine Tür eingepasst wird.

Aber auch der Anteil an Handarbeiten ist groß. Da wird geleimt oder geschliffen, gilt es in eine Tür auch mal eine Glasscheibe einzusetzen. Deshalb eignet sich nach Einschätzung von Matthias Monecke, Vorstand des Augustinuswerkes, eine Tischlerei besonders, um leistungsgeminderten Beschäftigten eine Arbeit anzubieten. So werden auch die vier in Mühlanger Tätigen nach und nach an die verschiedenen Aufgaben eines Tischlereigehilfen herangeführt. Etwa drei Jahre, so vermutet Antje Dannenberg, brauchen sie, ehe sie alle vorgesehenen Arbeitsschritte beherrschen.

Diese Beschäftigten sind übrigens nur 20 Stunden in der Woche im Unternehmen tätig, mehr lassen ihre Einschränkungen nicht zu. „Für ihre Arbeit erhalten sie natürlich den Mindestlohn“, so die Prokuristin. Ziel ist es, die Mitarbeiter für möglichst viele Bereiche von der Holzbearbeitung, der Oberflächenbehandlung, Beschlagsarbeiten bis zu Verglasungen einsetzen zu können. Übrigens, einige der Türen können im Vorbeifahren oder -gehen bewundert werden. Sie wurden sozusagen in die Fassade der Werkstatt integriert. (mz)