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Abfischen der Lausiger Teiche Abfischen der Lausiger Teiche: Ein Fest für Kormorane

Von Marcel Duclaud 26.10.2018, 17:40
Die idyllisch gelegenen Lausiger Teiche sind ein beliebtes Revier für allerlei Wasservögel.
Die idyllisch gelegenen Lausiger Teiche sind ein beliebtes Revier für allerlei Wasservögel. Thomas Klitzsch

Priesitz - Manchmal ist der Priesitzer Fischer Jörg Flemmig ratlos, ein bisschen zornig auch. Wenn zum Beispiel, wie aktuell zu beobachten, Dutzende Kormorane am Ufer des Kleinen Lausiger Teiches stehen „und sich bedienen“. Der Tisch ist reich gedeckt für die unter Schutz stehenden Wasservögel. In diesem Jahr, wegen der extremen Trockenheit, besonders.

„Die Karpfen“, die Flemmig erwirbt, aussetzt, groß werden lässt und eigentlich verkaufen will, „suchen Schutz hinter jedem Halm“, beschreibt der Fischer das Dilemma. Das hat damit zu tun, dass kaum mehr Wasser ist in den Teichen, Ufer trocken liegen und damit Verstecke verloren gehen. „Sie haben keine Deckung mehr.“

Für die Kormorane ein Fest, für Flemmig ein erhebliches Problem. „Ich kann nur zuschauen.“ Die Vögel fressen die Ernte des nächsten Jahres. Und jene Fische, die den Kormoranen entgehen, sterben im Winter, fürchtet Flemmig. Weil sie nämlich kein Fett ansetzen können, weil sie ja ständig flüchten müssen.

Zurzeit wird der Große Lausiger Teich abgelassen. Grund ist das Abfischen, das seit etlichen Jahren mit einem Fischer- und Familienfest verbunden ist. Karpfen - Jörg Flemmig rechnet 2018 noch mit guter Ernte - werden Samstag zwischen 8 und 15 Uhr frisch verkauft. Es gibt zudem Forellen, es wird geräuchert. Auf eine Händlermeile trifft das Publikum ebenfalls.

Eigentlich besitzt der Fischer aus Priesitz eine Ausnahmegenehmigung und darf auf Kormorane schießen. Die nützt ihm freilich nicht viel, weil sich seine Aufzuchtteiche im Naturschutzgebiet befinden. Und eigentlich, sagt er, würde das auch nicht allzu viel bringen. Es sind schlicht zu viele der gefräßigen Wasservögel, Durchzügler ebenso wie Kolonien. Laut Flemmig ist die Zahl der Kormorane an den Lausiger Teichen gewachsen: „Seit rund zehn Jahren schon ist das Problem ziemlich extrem.“

Der Fischer will gar nicht klagen, er akzeptiert Handicaps wie die mit den Kormoranen: „Ich fühle mich naturverbunden. Ich lebe in der Natur und da läuft nicht alles reibungslos.“ Nur in diesem Jahr sei es eben doch arg, es gehe um seine Existenz. Insbesondere bei Naturschützern vermisst er bisweilen Verständnis für Menschen wie ihn: „Es wird nicht genug wahrgenommen, wie krass das Problem ist. Ich hatte mehrere Jahre mit Komplettverlust, mit doppeltem Schaden, weil ich die Karpfen noch einmal kaufen musste.“

Die Teichwirtschaft ist unterdessen nur ein Standbein des Fischers, der Mitte der 1980er Jahre den Beruf erlernte, zunächst in der Genossenschaft arbeitete und sich vor 25 Jahren selbstständig machte. Die Altarme rund um Priesitz und Pretzsch sowie die Elbe selbst - von der Landesgrenze bis Wittenberg - gehören ebenfalls zu seinem Revier. „Das ist nötig, um wirtschaftlich zu arbeiten.“ Allein, in Elbe und Altarmen gehen die Bestände zurück, wie der Fischer konstatieren muss: „Es ist schwieriger geworden, ich habe tendenziell weniger Ertrag.“

Flemmig holt insbesondere Aal, Hecht und Zander aus dem Wasser. Beim Aal sei der Rückgang besonders deutlich. Über Ursachen wird gerätselt. „Es gibt da sicher einen Mix aus 1.000 Gründen.“ Vielleicht habe es mit fehlenden Nährstoffen zu tun, vermutet der Priesitzer Fischer, weil Hochwasser in letzter Zeit ebenfalls Mangelware sind.

Dass er angesichts der drängenden Probleme manchmal mit seinem Beruf hadert, räumt Jörg Flemmig ein. „Klar habe ich schon mal überlegt, die Fischerei an den Nagel zu hängen. Aber nicht ernsthaft. Dafür macht es mir zu viel Spaß. Sicher, es ist schwer geworden zu existieren, aber es gibt auch nichts Schöneres. Ich bin immer in der Natur.“ (mz)