1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Mansfeld-Südharz
  6. >
  7. Wertvolles aus dem Landkreis: Wertvolles aus dem Landkreis: Im neuen Kreisarchiv lagern 5,3 Kilometer Akten

Wertvolles aus dem Landkreis Wertvolles aus dem Landkreis: Im neuen Kreisarchiv lagern 5,3 Kilometer Akten

Von Grit Pommer 16.01.2018, 15:20
Karin Achsnig mit dem Gemälde „Hüttenwerker“ von Atanas Jekow, das wie die gesamte Mansfeld-Galerie im neuen Kreisarchiv lagert.
Karin Achsnig mit dem Gemälde „Hüttenwerker“ von Atanas Jekow, das wie die gesamte Mansfeld-Galerie im neuen Kreisarchiv lagert. Maik Schumann

Sangerhausen - Wenn es um die ganz alten Papiere geht, streift Ulrich Seifert lieber die weißen Baumwollhandschuhe über. Das vergilbte Papier könnte leiden, wenn man es mit bloßen Händen berührt. Die „Seelenliste“ aus dem Jahr 1808, die er fürs Foto hochhält, ist so ein empfindliches Stück aus dem Bestand des Kreisarchivs.

Doch es gibt noch weitaus ältere: „Register und Rechnung der verordneten Ratsherren zu Winkel“ steht vorn auf einem grauen Karton, in dem schmale Blätter mit altertümlicher Schrift lose übereinander gestapelt liegen. Seifert nimmt sie gar nicht erst aus ihrem Behältnis. Die Gemeindeakten aus Winkel stammen aus den Jahren 1573 bis 1698 und sehen aus, als würden sie jeden Moment von selbst zerfallen. Der graue Archivkarton besteht aus einem Material, das Säure vom Papier abhalten soll. Gegen Licht und Staub schützt er sowieso.Un

Unzählige Akten und Schriftstücke lagern im Kreisarchiv Mansfeld-Südharz

Untergebracht ist der Karton - zusammen mit unzähligen anderen Akten, Schriftstücken, Karteikarten, Büchern und Bänden - in der ehemaligen Sekundarschule im Sangerhäuser Stadtteil am Rosarium. Deren breite Flure haben schon lebhaftere Zeiten gesehen. Jetzt geht es ausgesprochen ruhig zu in dem Gebäude, das außen nur an dem kleinen Schild an der Tür als Kreisarchiv Mansfeld-Südharz zu erkennen ist. Und das rundherum alarmgesichert ist, um es gegen ungebetene Besucher zu schützen.

Vor einem guten Jahr zogen die ersten Bestände in das neu hergerichtete Domizil in Sangerhausen ein. Über Jahre hinweg hatte der Landkreis die leerstehende Schule für den neuen Zweck ausgebaut. Nun werden hier Stück für Stück die Bestände aus den Archiven der früheren Landkreise Sangerhausen, Eisleben, Hettstedt und Mansfelder Land zusammengeführt.

„Die Bedingungen sind viel besser als vorher“, sagt Ulrich Seifert. Nahezu konstante Temperatur und eine Luftfeuchtigkeit zwischen 45 und 55 Prozent - das ist ein Klima, in dem sich Archivgut wohlfühlt. Kein Vergleich zu der Baracke und den Kellerräumen, in denen die Papiere früher lagerten.

Besuch im Kreisarchiv Mansfeld-Südharz ist wie Abtauchen in die Geschichte

Ein Besuch im Kreisarchiv ist wie Abtauchen in die Geschichte. Die Protokolle der Runden Tische aus der Wendezeit finden sich hier ebenso wie die Aufzeichnungen von längst vergangenen Kreistagssitzungen. Vom untergegangenen Mansfeld-Kombinat wurden nicht nur die Kunstwerke der Mansfeld-Galerie übernommen, sondern auch die umfangreiche Bibliothek, die das Bergbauunternehmen über die Jahrzehnte hinweg aufgebaut hatte.

Die säuberlich gebundenen Jahrgänge 1960 bis 1984 der Fachzeitschrift „Vermessungstechnik“ stehen ebenso in den Regalen wie die gesammelten Nummern des „Mansfeld-Echos“ - der Betriebszeitung, die zu DDR-Zeiten für die Kumpel herausgegeben wurde. Manchmal komme jemand vorbei, um darin zu stöbern und nach einer bestimmten Information zu suchen, erzählt Seifert.

Aneinandergereiht ergeben alle Aktenrücken des im Kreisarchiv aufbewahrten Schriftguts gut 5,3 Kilometer

Für Ahnenforscher sind dagegen die kleinen, blassblauen Karteikarten des früheren DDR-Melderegisters interessant, die die Landkreise mit der Wende von der Polizei übernommen haben. Wer auch immer damals einen Ausweis beantragte oder den Wohnort wechselte - auf den Karteikärtchen wurde es vermerkt.

Würde man alle Aktenrücken des im Kreisarchiv aufbewahrten Schriftguts aneinanderreihen, kämen gut 5,3 Kilometer zusammen. Und dazu noch 188 laufende Meter Bibliotheksgut. Doch der Bestand wächst ständig weiter. In den vergangenen fünf Jahren seien im Schnitt stets weitere 50 Meter Archivgut dazugekommen, sagt Ulrich Seifert.

Nicht alles, was in den Amtsstuben der Kreisverwaltung an Akten und Papieren produziert wird, bleibt für immer im Archiv. Für manche Verwaltungsvorgänge liegt die Aufbewahrungsfrist bei zehn Jahren, einiges wandert auch schon nach fünf in den Schredder. Und manches wird dauerhaft aufgehoben. Alle Bauakten beispielsweise oder die Protokolle der Kreistagssitzungen. Und alles, was kulturhistorisch wertvoll und wichtig ist. Wie das uralte Register der Winkelschen Ratsherren. (mz)

Ulrich Seifert zeigt die „Seelenliste“ von 1808. Restauratoren haben das alte Papier schon mit neuen Seiten hinterlegt, um es vor dem Zerfall zu bewahren.
Ulrich Seifert zeigt die „Seelenliste“ von 1808. Restauratoren haben das alte Papier schon mit neuen Seiten hinterlegt, um es vor dem Zerfall zu bewahren.
Schumann
Das Register aus Winkel gehört zu den ältesten Papieren im Kreisarchiv.
Das Register aus Winkel gehört zu den ältesten Papieren im Kreisarchiv.
Schumann