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Vermessung auf Gut Drebsdorf  Vermessung auf Gut Drebsdorf : Pferd steht Modell für Ross-Harnisch aus Wien-Museum

Von Grit Pommer 05.11.2016, 07:00
Restauratorin Ines Gollner mit Walach Prinz von Anhalt
Restauratorin Ines Gollner mit Walach Prinz von Anhalt Schumann

Sangerhausen - Lammfromm steht der Prinz von Anhalt am Geländer. Schnaubt, wippt mit dem Kopf, scharrt zwei-, dreimal mit dem Huf. Dass zwei Damen aus Wien um ihn herumscharwenzeln, Fotos machen, Maßbänder anlegen, all das kann den Prinzen nicht aus der Ruhe bringen. Immerhin dient das ganze Prozedere der Wissenschaft.

Prinz Wallach von Anhalt wird für das Wien-Museum am Karlsplatz vermessen

Denn der Prinz wird vermessen -für das Wien-Museum am Karlsplatz. Dort wird zurzeit der älteste vollständig erhaltene Rossharnisch der Welt restauriert. 1450 wurde die eiserne Pferde-Rüstung in Mailand für die Rüstkammer der Habsburger angefertigt. Ob nun Friedrich III. oder sein Bruder Albrecht VI. einst damit zur Parade ritten, darüber sind sich die Historiker noch nicht so ganz einig.

Fakt ist: Der Harnisch konnte in den vergangenen Jahrzehnten nicht so gezeigt werden, wie er im Hochmittelalter ausgesehen hat. Denn das Pferdemodell, auf dem das Museum ihn präsentierte, war zu klein und zu schmal.

An dieser Stelle nun kam für die Wiener das Gut Drebsdorf im fernen Landkreis Mansfeld-Südharz ins Spiel. Hier steht der Wallach Prinz von Anhalt, ein Vertreter genau jener Rasse, die als Nachfahre des typischen Ritterpferdes aus dem Mittelalter gilt.

„Damals brauchte man Pferde, die zum einen schwere Rüstungen tragen konnten, zum anderen aber auch beweglich genug waren, um damit in die Schlacht zu reiten“, erzählt Michael Meinhold vom Gut Drebsdorf. Das normannische Pferd war damals das Ritter-Ross schlechthin. Doch als die Waffentechnik sich weiter entwickelte, verschwanden die Ritter - und mit ihnen das normannische Pferd.

Das spanisch-normannische Pferd nur auf wenigen Gestüten gezüchtet

Die Qualitäten von damals allerdings - elegante Beweglichkeit, gepaart mit Belastbarkeit und einem gutmütigen Charakter - ist auch in unseren Tagen wieder gefragt. Denn nicht jeder Reiter hat Idealgewicht, weiß Guts-Inhaberin Alexandra Schatz.

Und so kamen Pferdezüchter auf die Idee, die kaltblütigen, schweren Percheron-Pferde mit dem rassigen Spanischen Pferd zu kreuzen. Heraus kam das spanisch-normannische Pferd - und ein solches ist auch Prinz von Anhalt, ein prächtiger Schimmel, der vor fünf Jahren auf Gut Drebsdorf zur Welt kam.

In Amerika werden Pferde dieser Rasse auf vielen Gestüten gezüchtet. In Deutschland gibt es maximal eine Handvoll Züchter, sagt Michael Meinhold. So stießen die Wiener bei ihrer Recherche im Internet fast zwangsläufig auch auf das Gut in Drebsdorf. „Uns hat gefallen, dass die Leute sich hier sehr ausführlich mit dem geschichtlichen Hintergrund der Pferderassen beschäftigen“, sagt Restauratorin Ines Gollner. Also machte sie sich zusammen mit der Fotografin Olivia Fürnschuß auf den Weg von Wien nach Drebsdorf.

Wallach Prinz von Anhalt von Österreicherinnen vermessen

Die Begegnung mit dem Prinzen geht Ines Gollner am Freitagmorgen mit dem gebührenden Respekt an. Um ihn gnädig zu stimmen, hat sie zwei knackige Äpfel mitgebracht. Sorte: „Kronprinz Rudolf“. Und damit das Pferd nicht durch rasselnde und klackende Geräusche irritiert wird, nimmt sie die Maße mit einem weichen, weißen Band aus Stoff.

Prinz von Anhalt indes hat sich ebenfalls ganz ritterlich auf das Zusammentreffen mit den beiden Österreicherinnen vorbereitet. Morgens kurz nach sieben hat Reitlehrerin Elisabeth Schmitz ihn noch mal richtig schick gemacht.

Die lange Mähne und der Schweif, die der Prinz sonst geflochten trägt, wurden mit Pferdeshampoo gewaschen und wallen nun so lang und seidig, als ginge es gleich ins Turnier. Die Hufe sind mit Spezialfett auf Hochglanz poliert. Und zur Feier des Tages hat er das schicke Zaumzeug mit Namensgravur angelegt, das ihm die echte Prinzessin von Anhalt einst zur Taufe schenkte.

Spezielles Programm erstellt maßgetreues Modell des Pferdes

Dieses fesche Pferd nimmt Olivia Fürnschuss nun von allen Seiten und aus allen Blickwinkeln ins Visier. Fotografiert einzelne Bilder. Geht mit der Kamera um das Tier herum, während die Verschlussblende unablässig klickt.

Mit dieser Flut von Fotos wird später der Computer gefüttert. Ein spezielles Programm fügt sie zusammen und erstellt ein bis ins letzte Detail maßstabsgetreues dreidimensionales Modell des Prinzen. Nach dieser Vorlage werden dann computergesteuert große Scheiben aus Styropor zurechtgeschnitten, die man schließlich zu einem lebensgroßen Pferdemodell zusammenfügen kann. Das wird schließlich als Vorlage für das Modell dienen, das am Ende im Wien-Museum stehen soll, erzählt Ines Gollner.

Wer es herstellt, aus welchem Material es besteht und ob es vielleicht auch ein Stück weit abstrakt gestaltet wird, das steht alles noch nicht fest. Klar ist aber: Auf dem lebensgroßen Modell des Prinzen von Anhalt wird man den jahrhundertealten Harnisch endlich wieder in seiner korrekten Größe anbringen können.

Ross-Harnisch der alten Habsburger in Wien soll im kommenden Jahr präsentiert werden

Die Veränderungen, mit denen es an das kleinere Pferdemodell angepasst wurde, machen die Restauratoren nun wieder rückgängig. Der Führbug an der Brust und die Krupp über dem Hinterteil werden wieder breiter, der Kranz wird nicht mehr zusammengestaucht sein, sondern perfekt an den langen Hals passen.

Im Lauf des kommenden Jahres soll der Ross-Harnisch der alten Habsburger in Wien wieder in alter Schönheit präsentiert werden. Und den Besuchern einen Eindruck davon vermitteln, welch stattliche Pferde ihn eins trugen. (mz)

Prinz von Anhalt wird von allen Seiten fotografiert.
Prinz von Anhalt wird von allen Seiten fotografiert.
Schumann
Ines Gollner vermisst den Wallach
Ines Gollner vermisst den Wallach
Schumann