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Auf den Spuren der Ortsgeschichte Sittendorf: Einwohner suchen nach alter Urkunde des Ortes

Von Heinz Noack 05.12.2016, 18:00
Seit 1867 ist der Siechengraben überbrückt. Bis dahin musste eine Furt genutzt werden.
Seit 1867 ist der Siechengraben überbrückt. Bis dahin musste eine Furt genutzt werden. Noack

Sittendorf - Wo und wie nach einer alten Urkunde suchen, wenn die Chronisten nur die Jahreszahl angegeben haben? Vor dieser Frage stand Martin Röder aus Sittendorf im vergangenen Sommer.

Kelbraer Ortsteil Sittendorf erstmals 1128 urkundlich genannt

Im Jahre 1128 war die erste urkundliche Nennung von Sittendorf, so steht es jedenfalls in den Chroniken von Fritz Rößler (1922-2013) und Alfred Berg (1876-1945). Die alte Kirchenchronik aus dem Pfarrarchiv und die Chronik von Hermann Becker (1843-1924) erwähnen diese Jahreszahl überhaupt nicht.

In der Chronik von Rößler entdeckte Röder den Hinweis, dass in der Urkunde außer Sittendorf auch die Wüstung Lindeschu erwähnt ist. Das war dann der Schlüssel zum Erfolg. In Lindeschu hatte Fritz Rößler vor über 40 Jahren als Bodendenkmalpfleger an einer archäologischen Grabung teilgenommen und auch darüber berichtet. Und in diesem Bericht war die Quelle der alten Urkunde aus dem Jahre 1128 angegeben.

Dank Internet konnte Martin Röder sogar eine Abschrift der alten Urkunde entdecken. „Da habe ich mich sehr darüber gefreut“, erklärte er. „Das Original ist leider nicht erhalten. Es gibt nur noch eine Abschrift davon im Jechaburger Kopialbuch und dann die gedruckte Form.“

Nach dieser Urkunde bestätigte am 7. Juli 1128 in Erfurt Erzbischof Adelbert von Mainz dem Kloster Jechaburg bei Sondershausen den Erwerb von Zinsen (Geldabgaben) aus einer Reihe von Orten in Nordthüringen und schenkte ihm unter anderem den Zehnten aus Sidendorph (Sittendorf) und Lindescum (Wüstung Lindeschu).

Sittendorf laut Chronisten vermutlich zwischen 531 und 800 n. Chr. gegründet

Den Zeitpunkt der Gründung des Ortes legen die Chronisten übereinstimmend in das Mittelalter, in die Frankenherrschaft zwischen 531 und 800. Zu dieser Zeit gehörte Sittendorf zum Nabelgau. Der Name kann auf das „Dorf eines Mannes Sitto“ hinweisen, wird aber auch als „tiefliegendes Land“ gedeutet. Im 12. Jahrhundert wurden hier zusätzlich Slawen angesiedelt. Die archäologischen Funde aus der Gemarkung Sittendorf reichen sogar bis in die Jungsteinzeit rund 7.000 Jahren zurück. Steingeräte, Scherben und eine Grabanlage wurden entdeckt.

In der Chronik von Becker befindet sich ein 1920 gezeichneter Ortslageplan. Damals war noch die Lage des Schaftors und des Drecktors von der alten Dorfbefestigung her bekannt. Mit etwas Fantasie lässt sich noch der Verlauf von Wall und Graben ausmachen. Im heutigen Ortsbild sind davon keine Spuren mehr zu erkennen. „Woher die Tore ihren Namen haben, ist nicht mehr bekannt“, erklärt Martin Röder. „Durch das Drecktor führte der Weg über den Siechengraben in das Große Ried. Vielleicht war es hier sehr feucht.“

1867 wurde erst die Brücke über den Graben gebaut. Es gab auch eine Herrengasse und eine Speckgasse. Die Lückewand bildete die östliche Dorfgrenze. Durch die Gemeindegasse führte der Weg in das kleine Ried, Richtung Nausitz und Lindeschu. Im Ort liegen zwei Teiche, einer beim Klingelborn und der Lückewandsteich. Von großen Bränden und Seuchen blieb Sittendorf offenbar verschont. Die Chroniken berichten jedenfalls nicht davon.

Mit der Einweihung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf dem Kyffhäuser im Juni 1896 brach für den kleinen Ort eine „große Zeit“ an. Viele Fremde fuhren oder wanderten über Sittendorf auf den Kyffhäuser. An der Neuen Sorge und am Waldrand wurden moderne Gasthöfe gebaut und ein bequemer Weg angelegt. Mit der Aufnahme des Personenverkehrs der Kyffhäuser-Kleinbahn 1916 nahm auch der Tourismus in der Region noch weiter zu. (mz)

Der Kelbraer Ortsteil Sittendorf am Fuße des Kayffhäuserdenkmals.
Der Kelbraer Ortsteil Sittendorf am Fuße des Kayffhäuserdenkmals.
Noack
Der 1920 von Pfarrer Becker gezeichnete Ortslageplan ist eine Fundgrube für die Heimatfreunde in Sittendorf. 
Der 1920 von Pfarrer Becker gezeichnete Ortslageplan ist eine Fundgrube für die Heimatfreunde in Sittendorf. 
Noack
Titelblatt der 1859 angelegten Kirchlichen Chronik.
Titelblatt der 1859 angelegten Kirchlichen Chronik.
Repro/hno