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Rotlichtmilieu  Rotlichtmilieu : Nur wenige Prostituierte registrieren sich

Von Robert Briest und Fabian Wagener 13.06.2019, 09:56
Prosituierte sollen sich laut Gesetz anmelden.
Prosituierte sollen sich laut Gesetz anmelden. dpa

Sangerhausen - Seit der Verabschiedung des Prostituiertenschutzgesetzes im Frühjahr dieses Jahres haben sich drei Prostituierte im Landkreis Mansfeld-Südharz angemeldet.

Das teilte die Kreisverwaltung auf Anfrage mit. „Sie haben sich eine sogenannte Anmeldebescheinigung ausstellen lassen und sich dadurch registriert“, sagt Kreissprecherin Michaela Heilek.

Gebühr wird bei Anmeldung fällig

Zudem liefen sechs Anmeldeverfahren für Bordelle. Bei der Anmeldung müssten Prostituierte eine Gebühr von 35 Euro zahlen, eine Nichtanmeldung könne ein Bußgeld nach sich ziehen.

Fast zwei Jahre hatte es gedauert, bis Sachsen-Anhalt das im Bund schon 2017 beschlossene Prostituiertenschutzgesetz mit einem eigenen Gesetz untermauert hat.

Ende Februar fasste der Landtag einen entsprechenden Beschluss. Das Gesetz sieht unter anderem eine Anmeldepflicht für Sexarbeiterinnen vor. Prostituierte und Bordellbetreiber müssen sich nicht mehr beim Landesverwaltungsamt anmelden, sondern beim Landkreis.

Beratung vom Gesundheitsamt

Auf freiwilliger Basis können sich die Prostituierten auch beim Gesundheitsamt des Kreises beraten und auf sexuell übertragbare Krankheiten testen lassen.

Die bislang geringe Anzahl an Anmeldungen in Mansfeld-Südharz überrascht. Schon eine schnelle Internetsuche zeigt ein deutlich ausgeprägteres Prostitutionsangebot.

Woher aber kommt die Diskrepanz? Greift das Gesetz nicht, das auch zum Schutz der Frauen vor Zwangsprostitution eingeführt wurde?

Wie Kreissprecherin Michaela Heilek erläutert, gebe es in dem Gesetz die Regelung, dass sich Prostituierte dort eine Bescheinigung ausstellen lassen, wo sie überwiegend tätig sind.

Hohe Mobilität im horizontalen Gewerbe

Es komme jedoch oft vor, dass sie an unterschiedlichen Orten arbeiteten. Eine Genehmigung kann demnach für verschiedene Orte gelten. Eine Sexarbeiterin, die auch in Mansfeld-Südharz arbeitet, muss sich nicht unbedingt hier anmelden. Der Kreis werde jedoch verstärkt kontrollieren, ob Sexarbeiter überwiegend hier tätig sind, kündigte Heilek an.

Die Mobilität im Horizontalgewerbe ist offenbar groß. „In Magdeburg und Umgebung sind vorwiegend die sogenannten 'Reisefrauen' in der Prostitution tätig“, berichtet Cathleen Paech von der Awo Magdeburg, die in der Landeshauptstadt die Beratungsstelle Magdalena betreibt.

Reisefrauen seien lediglich für einen kurzen Zeitraum vor Ort und würden dann weiterziehen. Weil es dort teils schon länger entsprechende Strukturen gibt, hätten sich Sexarbeiterinnen oft schon in anderen Bundesländern angemeldet.

Frauen befürchten Diskriminierung

Die Awo-Sprecherin sieht allerdings eine ganze Reihe von Gründen, die Prostituierte davon abhalten könnten, sich zu registrieren. Durch den Schritt aus der Anonymität heraus würden sie eine Stigmatisierung befürchten.

Außerdem nehme die Beratungsstelle bei vielen Klienten eine Unsicherheit wahr, was sie auf dem Amt erwartet und was mit den erhobenen Daten geschehe. Insbesondere bestehe die Sorge, dass diese in die Herkunftsländer der Frauen weitergeleitet würden, und sie dort so „zwangsgeoutet werden“.

Paech, die deshalb die Bedeutung niederschwelliger Beratungsangebote betont, sieht auch ganz praktische Hindernisse: Reisefrauen würden ihre „Betriebsstätte“ kurzzeitig mieten für teilweise 350 bis 850 Euro pro Woche.

Wenig Hilfe für Zwangsprostituierte

Die Miete und ihre Lebenshaltungskosten müssten sie einarbeiten, Anmeldung und Beratung auf dem Amt würden da einen Einnahmeverlust bedeuteten. Bei tatsächlich Zwangsprostituierten bestehe zudem das Problem, dass sie nicht frei bewegen, deswegen nicht die Beratung wahrnehmen könnten.

Die Awo hält es auch für schwierig, dass die Verwaltungsmitarbeiter, wie eigentlich mit dem Gesetz erhofft, in kurzen Beratungsgesprächen tatsächlich Opfer von Menschenhandel erkennen.

Die Erfahrungen der Fachberatungsstellen würden zeigen, „dass sich Betroffene häufig erst nach längerem Zeitraum Dritten offenbaren“. Es brauche ein Vertrauensverhältnis, erklärt Paech. Sie lobt aber, dass die Behörden durch das Gesetz, vor allem die Anforderung an die Betreiber von Sexgeschäften, nun andere Kontrollmöglichkeiten hätten als früher. (mz)