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Gülle schädigt die Wipper Gülle schädigt die Wipper: Experten finden beim Elektrofischen nur noch wenige Tiere

Von Helga Koch 18.04.2018, 04:00
Mit dem Elektrofanggerät untersucht Bernd Kammerad von der Oberen Fischereibehörde beim Landesverwaltungsamt den Fischbestand der Wipper.
Mit dem Elektrofanggerät untersucht Bernd Kammerad von der Oberen Fischereibehörde beim Landesverwaltungsamt den Fischbestand der Wipper. Kandel

Hayn/Wippra - Idylle im Wippertal: Die Sonne scheint, Vögel zwitschern, das klare Wasser der Alten Wipper plätschert der Talsperre entgegen. Doch durch die Havarie der Hayner Biogasanlage, aus der vor knapp zwei Wochen erhebliche Mengen an Gülle ausgetreten und teils in den Hagelsbach und die Wipper geflossen sind, hat das Leben im Fluss gelitten.

Wie sehr, das werden Jürgen Mencke und Bernd Kammerad von der Oberen Fischereibehörde beim Landesverwaltungsamt Halle untersuchen. Kammerad zieht seine Schutzausrüstung einschließlich der Watstiefel an, nimmt das Elektrofanggerät und steigt ins Wasser.

Schaum ist auf der Wipper verschwunden

Nach Gülle riecht es längst nicht mehr, der Schaum ist verschwunden. „Elektrofischen ist in Sachsen-Anhalt eine verbotene Fangmethode, es wird nur in Ausnahmefällen genehmigt“, erklärt Mencke. An der Wipper, einem Gewässer erster Ordnung, liegt ein solcher Fall vor. Am Auslauf der Talsperre und weiteren Stellen hatte Franz Oertel aus Ballenstedt etliche tote Fische entdeckt, seine Fotos machten im Internet die Runde. Selbst Angler und Gewässerwart im Verein Unterharz, schaut er zu.

Das Elektrofischen sei schonend für die Tiere, versichert Mencke. Mit Hilfe des Elektrofanggeräts fließt Gleichstrom im Wasser, es baut sich ein elektrisches Feld auf. „Wenn hier Fische sind, schwimmen sie zum Kescher, zur Anode. Dort werden sie kurz betäubt, dann können sie weiterschwimmen.“ Als Kathode dient ein Kabel, das Kammerad mehrere Meter hinter sich her durchs Wasser zieht, während er flussaufwärts watet.

Weit und breit kein Fisch in der Wipper zu finden

Lange Zeit tut sich gar nichts, während das Gerät regelmäßige Pieptöne aussendet, ähnlich einem Lkw beim Rückwärtsfahren. „Hier ist eine Stelle, wo sonst die großen Forellen stehen“, sagt Kammerad. Doch hier ist weit und breit kein Fisch zu entdecken. „Nicht mal Larven von Eintagsfliegen.“

Etliche Meter weiter schwimmt aber dann doch eine kleine Forelle zum Kescher. „Die ist ein- oder zweisömmrig“, sagt Kammerad, der seit vielen Jahren die Fischbestände in Sachsen-Anhalt untersucht und dazu etliches veröffentlicht hat. Sie könnte nach der Havarie aus der Talsperre hergeschwommen sein.

Zu wenig Fische in der Wipper - Ein Zeichen, dass Gewässer geschädigt ist

„Forellen sind mobil“, sagt Mencke. Später kommen auf den insgesamt vielleicht hundert Metern eine Plötze, sechs Barsche und vier Bachneunaugen hinzu - eine dürftige Ausbeute, zumal Plötzen und Barsche „typische Talsperrenfische“ seien.

„2016 hat hier ein Sachverständiger den Fischbestand untersucht und auf 150 Metern 157 Fische gezählt, darunter 72 Forellen und über 20 Bachneunaugen“, sagt Mencke. „Die Zahlen zeigen, dass eine Schädigung vorliegt.“

Wie lange es dauern wird, bis in der Wipper wieder mehr Forellen, Bachneunaugen, Elritzen oder Groppen vorkommen, kann niemand prophezeien. „Bei den Forellen dauert es bestimmt fünf Jahre“, schätzt Frank Gabriel vom Kreisanglerverein Sangerhausen. (mz)

Durch ein Leck strömte am 6. April Gülle aus der Hayner Anlage.
Durch ein Leck strömte am 6. April Gülle aus der Hayner Anlage.
Kandel