Von wegen "nur" zweitklassig Fußball DDR-Liga: Stahl Eisleben Dynamo Eisleben Stahl Walzwerk Hettstedt und BSG MK Sangerhausen

Sangerhausen/Eisleben - Die älteren Fußballfans, so sie sich denn für die DDR-Liga interessierten, werden sich gewiss erinnern. Die zweithöchste Spielklasse des Landes war viele Jahre entweder in fünf Staffeln eingeteilt, oder die Teams bestritten ihre Punktspiele in zwei Staffeln. Insgesamt genau 200 Mannschaften mischten im Laufe der Zeit in der DDR-Liga mit. Einige von ihnen hatten, zumindest für Fußballvereine, schon außergewöhnliche Namen.
So kickte zum Beispiel die Elf der BSG Rotes Banner Trinwillershagen in der Staffel A, die BSG DKK Aufbau Krumhermersdorf war in der Staffel D zu finden. Das DKK steht dabei übrigens für Deutsche Kühl- und Kraftmaschinen. Ebenfalls dabei waren Empor Tabak Dresden oder die BSG Kernkraftwerk Greifswald.
Fußball in der DDR
Aus dem jetzigen Landkreis Mansfeld-Südharz waren im Laufe der Geschichte der zweithöchsten Spielklasse der DDR vier Mannschaften am Ball. Die MZ blickt auf die Liga zurück und hat mit einigen Zeitzeugen, die in vielen Duellen auf dem Platz standen, gesprochen.
BSG MK Sangerhausen - Platz 185
Unter Trainer Peter Schrödter spielte die Mannschaft aus der Kreisstadt in der Saison 1980/81 in der DDR-Liga. Nach drei Siegen, vier Unentschieden und 15 Niederlagen war Schluss, MK stieg als Tabellen-Vorletzter wieder in die Bezirksliga ab und belegt Platz 185 in der ewigen Bestenliste der 2. Liga der DDR. Bemerkenswert: Zu den elf Heimspielen kamen insgesamt mehr als 23.000 Zuschauer ins Friesenstadion.
Das erste Spiel der Vereinsgeschichte in der DDR-Liga stand am 31. August 1980 auf dem Programm. Kontrahent war die Mannschaft von Buna-Schkopau. Laut Trainer Pater Schrödter waren 3.000 Fans im Friesenstadion. Frank Ludwig, der damals zum MK-Team zählte, spricht sogar von 5.000 Fans. Einig sind sich beide über einen Fakt: „Harri Metzdorf ist mit dem Kassieren vom Eintritt nicht mehr nachgekommen“, so Ludwig, der zur Partie aber wegen einer Erkältung nicht zur Verfügung stand.
Sangerhausen gegen Buna-Schkopau
Die Sangerhäuser verloren das Spiel mit 1:3 Toren. „Bis zur 88. Minuten stand es noch 1:1“, erinnert sich Trainer Peter Schrödter. Er weiß auch noch, wer das geschichtsträchtige erste Tor in der DDR-Liga-Geschichte von MK Sangerhausen erzielte. „Das war Jochen Hollunder. Nach 55 Minuten hat er das 1:1 gemacht.“ Mit fünf Treffern war Hollunder dann auch am Ende der Saison der erfolgreichste Torschütze im Team, die meisten Spiele bestritten Ulli Gebser und Jochen Wollweber, die in 21 der 22 Partien zum Team zählten.
Vor der Saison 83/84 klopften die Sangerhäuser noch einmal an das Tor der 2. Liga. Da scheiterten sie aber in der Aufstiegsrunde nach packenden Duellen an den mit Oberligaspielern gespickten Mannschaften von Hansa Rostock II und des BFC Dynamo II.
Stahl Walzwerk Hettstedt - Platz 165
Ebenfalls auf eine Saison in der zweithöchsten Spielklasse der DDR brachte es die Vertretung der Betriebs Sport Gemeinschaft (BSG) Walzwerk Hettstedt. Die Mannschaft war in der Saison 85/86 in der DDR-Liga Staffel Nord am Ball. 34 Spiele bestritt der Neuling, den sieben Siegen und sechs Unentschieden standen 21 Niederlagen gegenüber. Das reichte nur zum 17. und damit vorletzten Tabellenplatz, der Abstieg war damit endgültig besiegelt.
Über 35.000 Zuschauer, im Schnitt also mehr als 2.000 Fans pro Partie, besuchten insgesamt die 17 Heimspiele der BSG. Damit belegte Stahl Walzwerk Rang sieben in der Rangliste der Heimspiel-Zuschauer. Punktspiel-Kontrahenten der Hettstedter waren unter anderem Chemie Leipzig, Energie Cottbus und Vorwärts Stralsund. In der ewigen Tabelle der DDR-Liga finden sich die Hettstedter damit auf Rang 165 wieder.
Hettstedt war Staffelsieger der Aufstiegsrunde
Den Sprung in die DDR-Liga schafften die Hettstedter als Staffelsieger der Aufstiegsrunde. Sie verwiesen die Mannschaften von KKW Greifswald, KWO Berlin, Motor Eberswalde und Hydraulik Parchim auf die Plätze. „Für Hettstedt war der Aufstieg ein Riesending. Mit uns hat niemand gerechnet“, so Achim Straube, der zur Aufstiegsmannschaft zählte. „Das kleine Hettstedt war plötzlich in der DDR-Liga. 5.000 Zuschauer waren dabei, als wir das entscheidende Spiel gegen Greifswald 1:0 gewonnen haben. Nach dem Abpfiff haben sich alle in den Armen gelegen, es war ein Traum“, erinnert er sich an einen fantastischen Tag zurück.
Warum es dann mit dem Klassenerhalt nicht geklappt hat? „Naja, wir mussten vier Spieler, die jünger als 23 waren, in der Mannschaft integrieren. Das war damals Pflicht, die U23-Spieler mussten immer auf dem Platz stehen. Das hat dann nicht so geklappt“, so Straube. Und fügt zusammenfassend hinzu: „Es war trotzdem eine fantastische Zeit. Wir hatten immer ein volles Haus, die Leute haben Dich auf der Straße angesprochen, sie erkannten Dich. Es war ein Traum.“ Nachzutragen bleibt noch, dass Ralph Conrad im Liga-Jahr Trainer bei Stahl Walzwerk Hettstedt war und das Lothar Kniestedt als Kapitän des Teams amtierte.
Stahl Eisleben - Platz 160
Fünf Ränge vor den Hettstedtern, also auf Platz 160 in der ewigen Rangliste der DDR-Liga, findet sich die Vertretung von Stahl Eisleben wieder. Sie agierte im Spieljahr 1963/64 in der DDR Liga Staffel Süd. Und schlug sich dabei durchaus wacker. In 18 Spielen, bei sechs Siegen und zwölf Unentschieden blieben die Lutherstädter unbesiegt. Am Ende stiegen sie dennoch ab. Zwölf Niederlagen waren zu viel. Nur zwei Punkte trennten die Stahl-Elf vom ersten Nicht-Abstiegsplatz, den sich Zeitz sicherte.
In den Lokal-Derbys gegen Dynamo Eisleben gab es ein 0:0 und eine knappe 0:1-Niederlage. 19.000 Zuschauer, im Schnitt etwas mehr als 1 600 pro Partie, verfolgten die Heimspiele der Stahl-Elf.
Dynamo Eisleben - Platz 3
Stahl Riesa?, Vorwärts Stralsund? Chemie Böhlen? Wacker Nordhausen? Oder vielleicht sogar Energie Cottbus? Nein, keiner der genannten Vereine findet sich in der ewigen Bestenliste der DDR-Liga auf einem Platz unter den besten drei Mannschaften wieder. Wohl aber Dynamo Eisleben. Nach der BSG Wismut Gera (1.146 Punkte) und der BSG Stahl Eisenhüttenstadt (881) belegt die Mannschaft aus der Lutherstadt Platz drei.
In insgesamt 33 Spielserien sammelte Dynamo in 867 Spielen insgesamt 858 Punkte. 317 Siegen stehen 226 Unentschieden und 324 Niederlagen gegenüber. 1.318 Tore erzielten die Eisleber, 1.271 Gegentreffer kassierten sie. Von 1953 bis zum Ende der DDR-Liga spielte Dynamo Eisleben fast durchweg in der zweithöchsten Spielklasse des Landes. Und fast immer eine gute Rolle.
Die beste Platzierung war dabei Rang zwei in der Saison 1963/64. Zweimal allerdings ging der Fahrstuhl für Dynamo Eisleben nach unten. Nach Abstiegen kickten die Dynamos 1973/74 sowie 87/88 in der Bezirksliga Halle um danach prompt wieder aufzusteigen.
Nachwuchstalente von Dynamo Eisleben
Eine ganze Reihe Spieler, die im Nachwuchsalter und darüber hinaus für Dynamo Eisleben kickten, sorgten später auch in höherklassigen Teams für Furore. Peter Lyszczan, Lutz Schülbe, Werner Lihsa oder Ulrich Rothe, die in der DDR-Oberliga am Ball waren, sind nur drei von ihnen. Marco Kurth spielte erst für Dynamo und dann zum Beispiel für Erzgebirge Aue in der 2. Bundesliga. Hendrik Herzog schaffte es sogar bis in die Bundesliga (Schalke, Stuttgart, Hertha) und die Deutsche Nationalmannschaft.
Mit ihren Leistungen erspielten sich die Mannschaften aus der Lutherstadt jede Menge Respekt und Anerkennung. „Helmut und Klaus Kieruj, Wolfgang Hartmann, Dieter Auffenbauer oder Ralf Gareis, das waren schon gestandene Spieler“, sagt Frank Ludwig. Der Sangerhäuser muss es wissen, schließlich spielte er in der DDR-Liga sowohl für MK Sangerhausen, als auch später dann für Dynamo Eisleben.
An die Kreisderbys der Saison 80/81 kann sich „Kanki“ noch genau erinnern. „In Sangerhausen haben wir 0:2 verloren, in Eisleben 1:4. Dynamo war damals schon eine ganz andere Nummer. Die waren abgebrühter.“
Und auch an seine Zeit bei Dynamo Eisleben kann sich der heute in Kelbra lebende Ludwig noch gut erinnern. „Trainer Gerhard Prautzsch hat mich damals vor der Saison 87/88 nach Eisleben geholt. Die Begeisterung für den Fußball war riesengroß. Wenn Du durch Eisleben gegangen bist, haben dich die Leute angesprochen. Für mich war Eisleben ein kurze, schöne und erfolgreiche Zeit“, so Ludwig, der später dann mit Wacker Nordhausen bis in die Regionalliga im wahrsten Sinn des Wortes stürmte.
Bis zum Ende der Saison 1991 und dem damit verbundenen Ende des DDR-Fußballs mischte Dynamo Eisleben in der DDR-Liga mit. Mittlerweile spielen die Lutherstädter, jetzt unter dem Namen MSV, in der Landesliga Staffel Süd. Von den Fußball-Zeiten in der DDR-Liga, den tausenden Zuschauern träumen alle, die damals dabei waren, noch heute. (mz)

