Diskussion über Unterrichtsfach "Werte" Diskussion über Unterrichtsfach "Werte": Anstand und Manieren bald als Schulfach?

Sangerhausen/Eisleben/Hettstedt - Seit einigen Tagen geistert ein Vorschlag durch die politische Welt, der helfen soll, Werte zurück in die Schulen zu bringen: Die CDU/CSU fordert einen Werte-Unterricht für Schüler. Damit rennt sie zumindest beim Kreisvorsitzenden der Partei offene Türen ein. „Ich kann das erst mal nur begrüßen. Man muss schon sagen, dass aktuell ein Werteverfall zu verzeichnen ist“, sagt Danny Kavalier.
„Das betrifft nicht nur die Schulen, sondern auch die Gesellschaft.“ Er nennt als Beispiel Angriffe auf Feuerwehrleute im Einsatz oder Autofahrer, die andere Verkehrsteilnehmer anpöbeln, während ihre Kinder auf dem Rücksitz sitzen.
Werte-Unterricht: Geteilte Meinung zum Unions-Vorschlag
Ganz so dramatisch sieht es Sylvia Winderlich nicht, zumindest nicht in der Schule. Sie ist Lehrerin für Deutsch und Geschichte an der Thomas-Müntzer-Sekundarschule in Sangerhausen. Sie hält vom Unions-Vorschlag eines Werte-Unterrichts nicht ganz so viel. „Im Grunde haben wir den ja bereits. Im Ethik-Unterricht werden genau diese angesprochenen Themen wie Umgangsformen, Respekt und gesellschaftliches Verhalten vermittelt“.
Und die Ethik-Stunden seien in der Vergangenheit - zumindest an der Thomas-Müntzer-Schule - auch wenig von Kürzungen betroffen. „Die Schüler haben immer noch zwei Stunden Ethik pro Woche“, sagt sie. Zudem gebe es eine Klassenstunde am Ende der Woche, wo genau solche Themen ebenfalls im Fokus stünden.
Im Unterrricht wird über Mobbing und Höflichkeitsformeln gesprochen
„Da sprechen wir über Mobbing, Höflichkeitsformen oder Ähnliches“, so Winderlich. Dass es keines neuen Faches in der Schule bedarf, findet auch Anja Reckling, Elternsprecherin im Kreis. „Die Kinder haben Religions- oder Ethikunterricht und bekommen dort Werte vermittelt“, sagt sie. Das müsse durch die Eltern zu Hause natürlich noch unterstützt werden.
„Erziehung ist ja auch Sache der Eltern“, sagt sie. Darin sind sich sowohl Kavalier als auch Lehrerin Winderlich ohnehin auch einig. Im Elternhaus müsse generell wieder mehr auf Werte geachtet werden, findet Winderlich. „Es gibt zu viele Prinzen und Prinzessinen daheim“, sagt sie.
Appell für bessere Umgangsformen und Manieren geht an Elternhäuser
Daheim werde vieles ausdiskutiert und dann glaubten die Schüler eben, dass sie auch in der Schule alles ausdiskutieren könnten. An das Elternhaus appelliert auch Danny Kavalier - und geht noch einen Schritt weiter. „Wir haben, denke ich, sogar einen Werteverfall seit der Wiedervereinigung zu beobachten.“
Manche seien wohl „mit der neugewonnenen Freiheit nicht so klargekommen“ und hätten den Respekt vergessen. „Wir hatten früher mehr Respekt vor Lehrern.“ Auch, wenn man den Umgang in der Gesellschaft mit Menschen betrachte, die Schwächen haben. „Wir haben alle Schwächen, ich trage beispielsweise eine Brille. Wir müssen das Thema anstoßen, brauchen mehr Respekt, Anerkennung oder auch Ehrlichkeit.“
Diese Werte seien auch teilweise in der Politik verloren gegangen, so Kavalier. Da nehme er seine Partei nicht aus.
Schulsozialarbeiter sind wichtiger Baustein, um Jugendlichen Werte zu vermitteln
Wie es in der Schule vorangehen kann, weiß Lehrerin Sylvia Winderlich. Neben Ethik- beziehungsweise Religionsunterricht seien vor allem die Schulsozialarbeiter wirklich wichtige Bausteine. „Ich denke, es würde helfen, wenn man die fest einstellen würde und ihnen nicht nur befristete Arbeitsverträge gibt wie es aktuell der Fall ist“, sagt sie.
Denn die Schulsozialarbeiter seien es, die bei Verstößen mit den Schülern im Einzelgespräch redeten, wenn nötig auch mit Eltern oder dem Jugendamt. „Dafür hat man als Lehrer doch gar keine Zeit“, sagt sie. (mz)