American Football American Football: Anwalt wagt sich in die vorderste Linie
Halle (Saale)/MZ. - Es wäre so einfach. Hendrik Seifert könnte jedes Wochenende schöne Nachmittage mit seiner Familie verbringen. Einen Ausflug vielleicht, einen Spaziergang mit Frau Beatrice, einer Volleyballerin, und den Töchtern Therese (4 Jahre) und Helene (2). Oder ein Besuch im Zoo. Doch stattdessen zwängt sich der 40-jährige Anwalt, der aus der Lutherstadt Eisleben stammt, am Wochenende in eine rund zehn Kilogramm schwere Ausrüstung eines American-Football-Spielers, streift das Trikot mit der Nummer 78 über und startet mittlerweile in das 20. Jahr seiner Karriere als Amateur-Footballer.
Seifert ist Center der USV Halle Falken in der Landesliga Ost. Er begann seine Laufbahn 1991 bei den Göttingen Generals in der Defensive und stieß im April 2000 zu der Truppe, die ihr Zuhause im Stadtteil Frohe Zukunft hat. Mit den Falken hat er alle Höhen und Tiefen durch. Jetzt erlebt er den dritten Neuaufbau binnen zehn Jahren.
Als Center kommt ihm dabei eine der wichtigsten Rollen auf dem Feld zu. Er ist der Spieler, der den eiförmigen Ball durch seine Beine hindurch an den Spielmacher - den Quarterback - übergibt. Mit diesem Snap genannten Vorgang wird jeder Spielzug in der Offensive eingeleitet, anschließend heißt es für Seifert, anstürmende Gegner zu blocken und damit vor allem den Quarterback schützen. Mit seinen 40 Lenzen ist er der älteste Spieler im Team. Vor vier Jahren, bei der Geburt seiner ersten Tochter, dachte er das erste Mal darüber nach, den Helm an den Nagel zu hängen. Momentan ist das kein Thema mehr. Es geht nicht ohne Football. "Natürlich will man sich auch selbst noch beweisen, dass man körperlich dazu in der Lage ist, ganz klar. Zudem kann man auch mit 40 noch einem jungen Team wie den Falken helfen. Genau das treibt mich an", sagt Seifert, dessen jüngerer Bruder Wolfgang auch Teammitglied der Falken ist.
Die 40 als magische, Karriere beendende Schallmauer, für Seifert war es keine. Ähnlich wie der US-Amerikaner Vinny Testaverde, der noch mit 43 Jahren bei Seiferts Lieblingsteam Dallas Cowboys die Bälle verteilte. "Zwei drei Jahre traue ich mir das rein körperlich auf alle Fälle noch zu", meint Seifert. Das wäre vielleicht die Zeitspanne, die die Halle Falken brauchen werden, um wieder das alte Leistungsniveau zu erreichen. Seit der Tabellenführung in der Oberliga Ost 2006, als sich das Team auf dem besten Weg in die Regionalliga befand, ging es nur noch bergab.
Ein immenser personeller Aderlass, fehlende Aktivitäten im Umfeld und interne Zwistigkeit endeten letztes Jahr mit dem Rückzug aus dem Spielbetrieb. Die aktuellen Macher um den neuen Teamchef Kevin Kemnitzer hoffen, dass die Talsohle durchschritten ist.
Dass die Falken bei ihrem Neustart einen Mann wie Seifert brauchen, verdeutlicht das Dilemma bei der Spielersuche. "Wir haben viele Neue, die 70 bis 80 Kilo wiegen. Damit kann man aber kaum in der Offensive oder Defensive Line spielen. Da braucht man eigentlich ab 110 Kilo aufwärts. Genau solche Spieler zu finden, ist schwer", sagt Seifert, der durch sein persönliches Engagement dafür sorgt, dass neben Bruder Wolfgang mit Tim Höck ein dritter Line-Spieler aus dem Mansfelder Land, eine Mitfahrgelegenheit zum Training hat.