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Zurück in der Heimat Zurück in der Heimat: Gemm-Gemälde mit Spendengeldern zurückgekauft

Von Uwe Kraus 27.11.2020, 15:56
Restauratorin Roswitha Dreysse erklärt, was an dem Gemälde von Walter Gemm zu tun ist.
Restauratorin Roswitha Dreysse erklärt, was an dem Gemälde von Walter Gemm zu tun ist. Uwe Kraus

Halberstadt/Quedlinburg - „Da gibt es Farbabsplitterungen, dort ist ein Klimaschaden, das sieht nach Nikotinspuren aus und hier wie Haushaltsschmutz. Diese Fehlstellen in der Bildmitte müssen retuschiert werden. Der Firnis ist etwas dünn, dafür die Schmutzpatina dick.“

Die Quedlinburger Restauratorin Roswitha Dreysse gibt einen fachkundigen Befund eines Gemäldes ab, das in den vergangenen Wochen Halberstadt beschäftigt hat.

Bei „Bares für Rares“ entdeckt

Ein Paar aus Hanau stellte in der ZDF-Show „Bares für Rares“ am 22. September Horst Lichter und den Antiquitätenhändlern ein Erbstück vor: eine von Walter Gemm (1898-1973) gemalte Ansicht des Halberstädter Holzmarktes. Christian Vechtel vom Auktions- und Antiquitätengeschäft Zeitgenossen Münster erwarb das Bild für 600 Euro.

Das großformatige Gemm-Gemälde soll nach den Wünschen vieler Halberstädter an seinen Entstehungsort zurückkehren. Landtagsabgeordneter Daniel Szarata (CDU), nach eigenem Bekunden bekannt dafür, sich für allerlei Aktionen einzusetzen, „mit denen die Stadtidentität gestärkt werden kann“, schob mit Volker Bürger, Vorsitzender des Halberstädter Museumsvereins, eine Crowdfunding-Aktion an, mit der insgesamt 3.500 Euro für Ankauf und Restaurierung eingeworben werden sollen.

„Die Signatur 1930 zeigt, es ist ein früher Gemm“

Am Donnerstag brachte Händler Christian Vechtel das Gemälde selbst ins Halberstädter Museum, wo er den Kaufpreis „erstattet bekam“. Damit geht das Gemm-Bild in die Städtischen Sammlungen über.

Museumschefin Antje J. Gornig ist die Freude ins Gesicht geschrieben. „Die Signatur 1930 zeigt, es ist ein früher Gemm. Wir haben eine Originalansicht, spüren förmlich, wie der Maler am Rande des Holzmarktes saß. Da wurde nichts aus der Erinnerung gemalt und nicht nach Postkarten-Vorbild.“

„Über das Wochenende sind genug Spenden zusammengekommen, um den Kaufpreis abzudecken“

Sie sei zu Beginn durchaus skeptisch gewesen. „Manche Motive malte Walter Gemm x-mal, oft auf Bestellung. Das hier stellt eine ganz andere Qualität dar. Etwas Besseres, als übers Fernsehen so ein Gemälde zurückzubekommen, noch dazu von Halberstädter Heimatfreunden finanziert, kann der Stadt nicht passieren.“ So wird das Kunstwerk nun, nur wenige Gehminuten vom Motiv entfernt, dem Städtischen Museum übergeben. „Über das Wochenende sind genug Spenden zusammengekommen, um den Kaufpreis abzudecken“, berichtet Antje Gornig.

Schließlich wurde dafür ein Video als Spendenaufruf gedreht - mit dem Holzmarkt im heutigen Zustand als Hintergrund. „Ich bin echt platt, bis Donnerstag um 12 Uhr gingen 83 Prozent der notwendigen Summe auf dem Konto ein“, sagt Daniel Szarata, der ab 2021 den Holzmarkt direkt vor seinem Bürofenster als Oberbürgermeister hat.

„Hier sieht man, es ist nicht der Originalrahmen“

Antje Gornig freut es, dass Restauratorin Roswitha Dreysse kurzfristig in ihrem Terminkalender den Dezember für Walter Gemm reserviert hat, als noch gar nicht klar war, wann die Ankaufssumme zusammengekommen ist. Mit weißen Handschuhen fährt die Quedlinburgerin den Bildrand ab. „Hier sieht man, es ist nicht der Originalrahmen. Wir sollten zu einem schlichteren zurückkehren, der nicht so die Aufmerksamkeit vom Bild weg leitet.“ (mz)