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Zöpfe, Einheitskleidung, Wotansknoten Völkische Gruppe unterwegs im Harz?

Die Frauen hatten laut einem Augenzeugen lange, dunkle Röcke an und Feldblusen mit einem germanischen Symbol am Ärmel.

08.04.2021, 13:30

Rübeland

Es war ein irritierender Anblick für die, die sie gesehen haben: Im Wald bei Rübeland ist in der Woche vor Ostern eine mutmaßlich völkische Gruppierung aufgetaucht. Dem Erscheinungsbild nach könnte es sich durchaus um dieselbe handeln, die im Sommer vergangenen Jahres in Rathen im Elbsandsteingebirge (Sachsen) unterwegs war. Bilder davon hatte damals das Bündnis „Dresden Nazifrei“ veröffentlicht. Sie gingen daraufhin durch die Medien.

Nach MZ-Informationen sollen es jetzt im Harz rund 20 Personen, vorrangig Frauen, gewesen sein, die dort ihr Lager aufgeschlagen, ein Feuer gemacht und sehr wahrscheinlich die Nacht vom Mittwoch zu Donnerstag vergangener Woche draußen verbracht haben. Sie wurden sowohl am Mittwochabend als auch am Folgetag – noch bis in die Mittagsstunden hinein – mehrfach gesichtet.

„Eigentlich“, sagt ein Passant, dessen Name der Redaktion bekannt ist, „waren sie total unauffällig. Wäre da nicht ihr Aufzug gewesen.“ Er rief unweigerlich Assoziationen hervor: Die Frauen, schildert der Augenzeuge, hätten Kleidung getragen, die ihn stark an die Uniform des BDM erinnert habe. Der „Bund deutscher Mädel“ war im Nationalsozialismus das weibliche Pendant zur „Hitlerjugend“.

Die Frauen im Harz hatten dem Augenzeugen zufolge lange, dunkle Röcke an und Feldblusen mit einem germanischen Symbol am Ärmel: dem aus drei ineinander verschlungenen Dreiecken bestehenden Wotansknoten. Er gehört im Gegensatz zu Hakenkreuz, SS-Runen und Wolfsangel zwar nicht zu den verfassungswidrigen Symbolen, findet aber auch in der rechten Szene Verwendung.

Mit dabei, so der Passant, seien auch ein paar Männer und Kinder gewesen. Die stachen optisch aber „nicht so offensiv“ hervor: Die Männer trugen zwar ebenfalls den Wotansknoten auf der Kleidung, traten aber nicht einheitlich auf. „Die Kinder hatten was völlig Unverdächtiges an.“

Polizei hat keine Informationen zur Gruppe, Innenministerium antwortet ausweichend

Doch wer die Frauen und Männer sind und wie die Gruppe einzuordnen ist, ist unklar. Im Polizeirevier Harz seien keine Informationen eingegangen, heißt es auf MZ-Anfrage. Aber wie sieht es beim Verfassungsschutz aus? Seine Aufgabe ist es, Parteien, Vereine und andere Gruppierungen, zu denen konkrete Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen vorliegen, zu beobachten. Kennt er die Gruppe aus dem Wald?

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz - angefragt, weil die Frauen, Männer und Kinder von Fahrzeugen mit Nürnberger Kennzeichen abgeholt wurden - weiß offenbar nicht, um wen es sich bei der Gruppe handelt. In Bayern trat sie den Angaben nach bisher nicht in Erscheinung.

„Uns ist derzeit keine extremistische Gruppierung bekannt, die das beschriebene Erscheinungsbild aufweist.“ Man könne daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch keine Aussage über deren etwaige politische Ausrichtung treffen, teilt René Rieger von der Stabsstelle Kommunikation beim bayerischen Verfassungsschutz mit.

Etwas nebulöser klingt dagegen die Antwort des Verfassungsschutzes in Sachsen-Anhalt. Dem lägen bislang ebenfalls keine Erkenntnisse zum angefragten Sachverhalt vor, sagt Stefan Brodtrück, Sprecher im Innenministerium. Er erklärt aber auch, dass der Verfassungsschutz gegenüber der Öffentlichkeit grundsätzlich nicht mitteile, ob konkrete Personenzusammenschlüsse oder einzelne Personen tatsächlich Gegenstand seiner Beobachtung seien.

„Hierdurch soll verhindert werden, dass Gegner unserer Demokratie auf Grundlage dieser Informationen ihre Handlungen entsprechend anpassen und die Bürger unseres Landes gefährden.“ (mz/tho)