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Tischlerei Wilkerling Tischlerei Wilkerling in Ditfurt: Neuanfang

Von Martin Höfig 17.01.2020, 12:56
Alter und neuer Chef: Hans-Georg Bromboszcz (rechts) und Klaus Hannibal in der Werkstatt der Tischlerei Wilkerling in Ditfurt.
Alter und neuer Chef: Hans-Georg Bromboszcz (rechts) und Klaus Hannibal in der Werkstatt der Tischlerei Wilkerling in Ditfurt. Dominique Leppin

Ditfurt - Der historische Hannibal kam aus Karthago und war einer der größten Feldherren der Antike, Klaus Hannibal kommt aus Bitterfeld und ist der Retter des Tischlerhandwerks in Ditfurt. Der Vergleich mag etwas schief sein, doch mit seiner mächtigen Statur wirkt der Bitterfelder Hannibal durchaus wie ein gestandener Kämpe.

Doch auch angesichts einer sich seit Jahren manifestierenden Krise traditionellen Handwerks kann man den 42-Jährigen mit Recht als Retter bezeichnen. „Wir haben seit ein paar Jahren nach einem Nachfolger für unsere Tischlerei gesucht“, erzählt Hans-Georg Bromboszcz, bis zum 31. Dezember Inhaber der Ditfurter Traditionstischlerei Wilkerling. Und fügt hinzu: „Doch die Interessenten sind dann aus verschiedenen Gründen immer wieder abgesprungen.“

Tischlerei Wilkerling: Ernstes Interesse am Geschäft gezeigt

Klaus Hannibal erfuhr von seiner aus Ditfurt stammenden Lebensgefährtin, dass die dortige Tischlerei übergeben werden soll. Die beiden lebten bereits 13 Jahre im Rheingau, als er von dieser Chance erfuhr. Im Mai 2019 trafen sich Hannibal und das Ehepaar Bromboszcz dann zum ersten Mal in Ditfurt, um über eine mögliche Nachfolge zu sprechen. Man verstand sich auf Anhieb gut und Hannibal zeigte ernstes Interesse an dem Geschäft.

Nun, ein gutes halbes Jahr später, ist er mit seiner Freundin „und einem kleinen Wessi“ - ihr fast vierjähriger Sohn - nach Sachsen-Anhalt zurückgekehrt und hat die Firma samt dazugehörigem Haus und Grundstück zum 1. Januar gekauft. Als neuer Chef steht er neben dem alten in der Werkstatt und begrüßt seine Angestellten. „Aber eigentlich bin ich noch dein Lehrling“, sagt er zu Bromboszcz gewandt. Denn der 68-jährige Ex-Inhaber steht dem Neuen in den nächsten Wochen, vielleicht Monaten, noch mit Rat und Tat zur Seite.

Tischlerei Wilkerling: Keine gelernten Tischler

Beide sind keine gelernten Tischler. Bromboszcz ist Diplom-Ingenieur und war bis 1992 Leiter eines Konstruktionsbüros, das sich nach dem Ende der DDR noch kurze Zeit hielt. 1992 stieg er dann bei der Tischlerei Wilkerling ein und war bis 1997 „angestellter Geschäftsführer“, wie er lachend erzählt.

Er unterstützte den alten Wilkerling, seinen Schwiegervater und damaligen Firmenchef, vor allem organisatorisch und übernahm die Tischlerei 1998 dann selbst. Die benötigte Sondergenehmigung zum Führen eines Tischlereibetriebs - da er diesen Beruf ja nicht gelernt hatte - bekam er nach einer Sachkundeprüfung, die er vor drei Tischler-Obermeistern ablegen musste, wie er immer noch voller Ehrfurcht erzählt.

Somit konnte er auch Lehrlinge ausbilden, die sich damals noch ausreichend bei ihm bewarben. Heute sei das ganz anders, sagt Bromboszcz und erläutert: „Seit vier Jahren hat sich hier niemand mehr um eine Lehrstelle beworben.“

Tischlerei Wilkerling: Gut laufende Firma übergeben

Trotzdem und auch wenn der Betrieb heute nur noch fünf Mitarbeiter hat - in den 1990er- und Nuller Jahren waren es noch zehn bis elf - übergibt Bromboszcz eine gut laufende Firma an seinen Nachfolger.

Mit ihrer Spezialisierung zum Beispiel auf Fenster mit Isolationsglas und Türen mit bestimmten Profilen, die zudem dem Denkmalschutz entsprechen, ist die Tischlerei im Raum Quedlinburg konkurrenzlos.

Auch der neue Chef Klaus Hannibal hat nicht Tischler, sondern Zimmermann gelernt. „Doch das ist schon ähnlich“, sagt er. „Der Hauptwerkstoff ist auch Holz, nur dass die Werkstücke beim Zimmern eben meistens größer sind als beim Tischlern.“

Und überhaupt gehe es für ihn wie bei seinem Vorgänger ja vor allem um die Geschäftsführung, nicht ohne natürlich auch hin und wieder in der Werkstatt oder auf der Baustelle mitzuarbeiten.

Während sich der karthagische Hannibal mit den Römern herumschlug, gilt es für den Bitterfelder Hannibal nun also auch, den Amtsschimmel zu bezwingen. (mz)