Kunst Thale großes Sleipnir ist plötzlich ganz klein
Ausstellung im Hüttenmuseum zeichnet Entstehung von Metallskulpturen nach, die heute Thales Stadtbild prägen. Warum der Blick dabei auch gen Rügen schweift.

Thale/MZ - Wer hat Sleipnir geschrumpft? Auf den ersten Blick wirkt die etwa hüfthohe Studie, als hätte Wolfgang Holzhauer eine kleinere Version des achtbeinigen Eisenpferds für den Vorgarten geschaffen.
Doch die Miniatur entstand vor der rund vier Meter hohen Skulptur, die vor Jahren ihren Platz im Kurpark Thale gefunden hat, und diente vielmehr als Vorbereitung auf das ins Auge fallende Kunstwerk. In der Galeriekapelle des Hüttenmuseums ist das kleine Zauberpferd nun Teil der neuen Sonderausstellung „Metallgestaltung und Design“, die ausgewählte Arbeiten des viele Jahre in Thale tätigen Schmiedekünstlers sowie der Rostocker Designstudentin Michelle Chernev zeigt.
Bronze, Eisen, Titan und Gold
Holzhauer tritt zugunsten des in der Metallgestaltung weniger bewanderten Besuchers einen großen Schritt zurück: So sind in den Vitrinen neben seinen Werken auch jene Gegenstände zu sehen, derer er sich bei der Kreation seiner Kunst bedient hat. Bronzeguss ist nicht gleich Bronzeguss, wird dabei klar - denn dem Schaffenden stehen verschiedene Verfahren zur Auswahl, darunter das Sandguss- und das Wachsausschmelzverfahren.
Danach gilt es, das abgekühlte Metall mit feinerem Werkzeug zu veredeln, das entfernt an Zahnarztbesteck erinnert. Doch nicht nur mit Bronze kennt sich der inzwischen in Kindshagen in Mecklenburg-Vorpommern lebende Künstler aus: Auch aus Renneisen, Titan und edlem Gold sind die filigranen Arbeiten, die er dem Museum in der Walther-Rathenau-Straße vorübergehend überlassen hat.
Querschnitt durch verschiedene Jahrzehnte
Mit der Ausstellung liefere der 1943 geborene Kunstschmied einen Querschnitt durch verschiedene Jahrzehnte seines Schaffens, erläutert Museumsmitarbeiterin Elke Erfurt. Der Metallgestalter ist unterdessen im Stadtbild seit kurz nach der Jahrtausendwende gut vertreten, stammen doch auch der Zauberring Draupnir aus Kupfer und Bronze in der Karl-Marx-Straße und der Drache Nidhögg aus seiner Werkstatt, letzterer als Gemeinschaftsarbeit.
Neben Thale-typischen Motiven seien auch solche zu sehen, die auf Rügen Bezug nehmen - denn die Ostseeinsel ist von Holzhauers neuem Lebensmittelpunkt nur wenige Kilometer entfernt. Ein wenig Organisationsgeschick habe der Transport der Kunstwerke von der Küste in den Harz erfordert - doch alles in allem habe die Vorbereitung für das Team des Hüttenmuseums mit acht Wochen nicht länger gedauert als für andere Ausstellungen, ergänzt Erfurt.

Davon, dass Holzhauer Metallarbeiten nicht nur erschaffen, sondern auch restaurieren und von Makeln befreien kann, zeugt eine gerahmte Foto-Collage, die unter anderem einen historischen Metallzaun abbildet. Über die Denkmalspflege Braunschweig, ist dort zu lesen, wurde er restauriert. Ausbesserungen an Gruftausschmiedungen, Geländern, Kupferleuchtern und Jugendstilbalkonen führten Holzhauer in den vergangenen Jahrzehnten nach Quedlinburg, Halberstadt, Schönebeck und ins niedersächsische Beierstedt. Sein Wissen hat der Metallgestalter im Harz auch an Lehrlinge weitergegeben, war als Fachbereichsleiter der Meisterschule in Thale sowie als Leiter der Teutloff-Fachakademie Harz in Wernigerode tätig.
Gemälde ohne Verbindung
Ein wenig ratlos lassen den Betrachter an den anderthalb Wänden, die der 20-jährigen Michelle Chernev für ihre Werke gewährt wurden, deren Gemälde zurück, deren Zusammenhang zu Sleipnir, Rügener Wappen und anderen Werken Holzhauers sich nicht erschließt. An den Bildern, von denen eines einen jungen Mann zeigt, dem Pilze aus den Augen, Ohren und Schultern wachsen, ist eine Erklärung ebenso wenig zu finden wie ein Name. Allein der Lebenslauf der Rostockerin, die noch im Grundsemester ihres Illustrationsstudiums steht, mag erahnen lassen, dass sich die beiden Ausstellenden wohl im hohen Nordosten kennengelernt haben.
„Die genaue Geschichte kennen wir leider auch nicht“, räumt Elke Erfurt ein, die sich aber erfreut darüber zeigt, dass das Museum mit „Metallgestaltung und Design“ etwas Abwechslung in die Galeriekapelle bringen konnte, in der sonst zumeist reine Gemälde- oder Foto-Ausstellungen zu sehen sind. Wer diese vorzieht, kommt ab Ende September wieder auf seine Kosten: Dann folgt an selber Stelle eine Ausstellung mit regionaltypischer Malerei des Künstlers Kurt Hempel aus Wienrode.
Die Sonderausstellung „Metallgestaltung und Design“ ist bis 19. September zu den Öffnungszeiten des Hüttenmuseums Thale, dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, zu sehen.