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Schutz in der Corona-Krise in Harzgerode Schutz in der Corona-Krise in Harzgerode: "Zeigen dass wir da sind"

Von Susanne Thon 31.03.2020, 11:56
Die Schicht beginnt mit dem Desinfizieren des Autos. Heute fahren Jennifer Klinkert und Mario Korsowski die Runde.
Die Schicht beginnt mit dem Desinfizieren des Autos. Heute fahren Jennifer Klinkert und Mario Korsowski die Runde. Dominique Leppin

Harzgerode - Zwei, zwei, zwei. Die sechs Jugendlichen sitzen auf Lücke. An drei Bushaltestellen. Das Bild, das sich einem am Rande des Parkplatzes am Torteich bietet, mutet sonderbar an. Ist es auch. Erst als das Feuerwehrauto um die Ecke bog, haben sie sich verstreut. Die Sechs sind nicht die ersten, die Mario Korsowski und Jennifer Klinkert an diesem Abend ins Auge fallen. Schon auf dem Parkplatz hinter der alten Gießerei haben sie drei junge Leute angesprochen.

In Corona-Zeiten sind Drei einer zu viel - zumindest, wenn sie nicht im selben Haushalt leben. Da hilft auch der Sicherheitsabstand nicht. Sie ziehen von dannen. Einsicht? Korsowski, Ortswehrleiter in Harzgerode will’s noch nicht so recht glauben. „Wenn wir nachher vorbeikommen, sitzen die wieder zusammen“, vermutet er.

Schutz in der Corona-Krise: Große Aufkleber mit wichtigen Hinweisen

Seit genau einer Woche sind auch die Feuerwehren der Stadt Harzgerode unterwegs. Zum Schutz der Gesundheit. Das bringen die Harzgeröder auch optisch rüber.

An der Heckscheibe ihres Fahrzeugs prangt ein Aufkleber: „Bei Coronavirus-Symptomen gilt: Anrufen statt Wartezimmer“, darunter die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes und die Behördennummer. An den Seiten kleben Verhaltensregeln wie „Kein Händeschütteln oder Umarmen!“ und „In die Armbeuge husten und niesen!“ Und „#wirbleibenzuhause“ fehlt auch nicht.

„Das, was wir machen, sind keine Kontrollfahrten, und wir sind keine Ordnungskräfte“, sagt Stadtwehrleiter Thomas Banse, „wir scheißen auch niemanden an. Wir wollen sensibilisieren und zeigen, dass wir da sind.“ Oder, wie Ortswehrleiter Korsowski es ausdrückt: „Unterstützen, so weit es geht.“ Denn: Sanktionen zu verhängen, das ist Sache von Polizei und Ordnungsamt. Die streifen ebenfalls durch die Stadt.

Schutz in der Corona-Krise: Ordnungsamt wurde personell aufgestockt

„Wir haben unser Ordnungsamt personell aufgestockt“, zwei Mitarbeiter seien aus anderen Bereichen abgezogen worden, erklärt Bürgermeister Marcus Weise (CDU). „Es ist wichtig, dass die Regeln eingehalten werden“, sagt er. Die Regeln, um die es hier geht, schreibt die am 25. März in Kraft getretene Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Sachsen-Anhalt vor, wie sie korrekt heißt. „Und wer sich nicht an die Regeln hält, der muss mit entsprechenden Konsequenzen rechnen“, sagt er.

Und so wurden ihm zufolge allein am Sonnabend sieben Platzverweise in Neudorf, Königerode und Harzgerode ausgesprochen und darüber hinaus neun Anzeigen erstattet: in vier Fällen, weil sich nicht daran gehalten wurde, dass Reisen nach Sachsen-Anhalt aus touristischem Anlass untersagt sind. Vier mal wurde gegen das Abstandsgebot beziehungsweise Kontaktverbot verstoßen. Und am Mönchsteich in Königerode wurde geangelt. Das an sich sei zwar nicht verboten, so Weise. Aber: Die Männer waren zu dritt, tranken Alkohol, und die Abstände passten nicht.

Schutz in der Corona-Krise: Die Mehrheit hält sich an die Verordnung 

Es ist unbestritten: Harzgerode kontrolliert viel, legt Dinge besonders streng aus. Er sei darauf auch schon angesprochen worden, sagt der Bürgermeister und steht dazu. Denn er wolle nach der Pandemie von sich, seinem Krisenstab und den vielen Unterstützern behaupten können, alles zum Schutz der Harzgeröder getan zu haben.

„Die Landesverordnung gilt für alle, aber wie kontrolliert wird, das heißt, wie viel man in den Schutz der Bürger investiert, wie viel Kraft und Zeit, das liegt in der Hand jedes Bürgermeisters, jeder Stadt und jeder Gemeinde“, erklärt Weise. Er sagt aber auch, dass sich die Mehrheit an die Verordnung halte und Vorschläge annehme.

Schutz in der Corona-Krise: Ansonsten ist es an vielen Stellen leer

Das Gefühl teilen auch Banse, Korsowski und Klinkert. Den Samstagabend beschreiben sie als vergleichsweise ruhig. Da kommt einer mit Einkaufstaschen aus dem Supermarkt, ein anderer ist ein paar Meter weiter mit seinem Hund unterwegs. In der Stolberger Straße begegnen die Feuerwehrleute zwei Spaziergängern auf ihrem Nachhauseweg. Und ansonsten ist es an vielen Stellen nur leer, wo man sonst vor Autos kaum durchkommt.

„Man merkt schon deutlich, dass es greift“, sagt Korsowski, „es sind weniger geworden.“ Aber er ärgert sich über jene, die ihre Gewohnheiten nicht einschränken können - oder wollen. Die gibt es. Erst vor ein paar Tagen hatten Ordnungsamt und Polizei mit zwei Frauen und fünf Männern zu tun, die meinten, auf der Laderampe des Bahnhofs feiern zu müssen.

An der Laderampe geht es jetzt vorbei. Alles ruhig. Auf ihren Touren fahren die Feuerwehrleute Dutzende Stellen an, beliebte Treffpunkte, Parkplätze; es geht vorbei an Kleingartenanlagen, hinter zu den Schanzen, bis an die Waldränder heran - und sogar ins Selketal rein. Unterwegs sind sie immer zu zweit. Bei der Harzgeröder Wehr gibt es einen Schichtplan. Eine Schicht dauert drei Stunden. Und sie beginnt mit dem Desinfizieren des Autos. (mz)

Ihr Auto haben die Harzgeröder beklebt.
Ihr Auto haben die Harzgeröder beklebt.
Leppin