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Paritätischer Wohlfahrtsverband Neue Selbsthilfegruppe unterstützt pflegende Angehörige im Landkreis Harz

Ann-Kristin Eschenberg ist im gesamten Kreisgebiet unterwegs und will die Selbstorganisation der Betroffenen stärken.

Von Uwe Kraus 26.09.2021, 15:00
Ann-Kristin Eschenberg von der Beratungsstelle des ?Paritätischen? glaubt fest an die Kraft von Selbsthilfegruppen.
Ann-Kristin Eschenberg von der Beratungsstelle des ?Paritätischen? glaubt fest an die Kraft von Selbsthilfegruppen. Foto: Uwe Kraus

Halberstadt/MZ - Ann-Kristin Eschenberg glaubt fest an die Kraft von Selbsthilfegruppen. „Das ist ein wichtiges Werkzeug für viele Menschen.“ Die 55-Jährige betreut beim „Paritätischen“ viele dieser pflegeorientierten Gruppen im Landkreis Harz.

„Ich bin am 1. September gestartet“, erzählt die Supervisorin, die Linguistik und Psychologie studiert hat und schon viel mit Gruppen gearbeitet hat. Sie landete eher durch Zufall beim „Paritätischen“. „Ich suchte eine kleine Stelle, die mir Stabilität bringt und einfach zu mir passt.“

Eigentlich stammt sie aus dem tiefsten Westen, lebt aber schon länger mit ihrem Mann bei Magdeburg. „Meine erste Begegnung mit Halberstadt liegt länger zurück. Ich habe da das Rauchfrei-Projekt des Landes betreut. Später lernte ich den Hospizverein Regenbogen kennen.“

Dass „Pflegende Angehörige“ im Fokus ihrer Arbeit stehen, hält sie für sehr wichtig. „In erster Linie sind wir ja hier in der Gröperstraße beratend und vermittelnd tätig. Als Koordinierungs- und Vernetzungsstelle machen wir Mut zur Teilhabe an gesellschaftlich-politischen Prozessen und Freiwilligenarbeit.“

„Viele pflegende Angehörige haben eine Hemmschwelle, einfach um Hilfe zu bitten oder sich auszutauschen.“

Ann-Kristin Eschenberg, Koordinatorin der Selbsthilfegruppen im Harz

Immerhin existieren im Landkreis rund 140 Selbsthilfegruppen. Die bekommen Unterstützung bei der Gründung und bis eine neue Gruppe „laufen“ gelernt hat. In ihrem Bereich scheint das doppelt schwer. „Ich arbeite ja nicht mit selbst betroffenen chronisch kranken Menschen, mit Alkoholkranken oder Depressiven, sondern meine Klientel fühlt sich ja für andere zuständig. Da liegt für viele eine Hemmschwelle, einfach um Hilfe zu bitten oder sich auszutauschen.“

Ann-Kristin Eschenberg sieht da einen Unterschied zu Therapiegruppen. „Bei uns geht es um stärkende Selbstorganisation. Was ist, wenn die eigenen Eltern gepflegt werden müssen und die Erschöpfungsgrenze erreicht ist?“ In den Selbsthilfegruppen drehe es sich darum, dass man Unterstützung annehmen könne und nicht ein schlechtes Gewissen bekomme, wenn jemand krank oder alt wird und man sich als Angehöriger nicht genug zu kümmern zu scheint.

Eschenberg, die gerade noch beim Ankommen in der Beratungsstelle ist, spricht bewusst nicht nur von Senioren. „Es geht in unseren Gruppen um Behinderte und psychisch Kranke ebenso wie um Sternenkinder und Demenzerkrankte.“

Sie plant für sich keinen Bürojob, zweimal die Woche und nur in Halberstadt. „Wir stricken an einem Netz, das sich über den ganzen Landkreis Harz zieht. Ich bin per Auto unterwegs, um unser Anliegen publik zu machen, ob am Brocken, in Thale oder Hedersleben.“

„ Ich bin per Auto unterwegs, um unser Anliegen publik zu machen, ob am Brocken, in Thale oder Hedersleben.“

Ann-Kristin Eschenberg, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband

Eschenbergs Blick fällt dabei auch in Richtung der Alten- und Pflegeheime oder der ambulanten Pflegedienste. Sie arbeiten in einem eng getakteten Rahmen unter Zeitdruck, aber sie seien es auch, die häusliche Umstände und Pflegende am besten kennen.

„Die wollen wir mit unseren Gruppen stärken. Zwischen Selbsthilfe und Selbstfürsorge dürfen keine Welten liegen. Sich gegenseitig aufzufangen, ist eine große Gabe.“