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Regionalgeschichte Menschen, die KZ-Häftlingen im Harz halfen, werden mit einem Buch geehrt

Hans Richter übergab das Buch an Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Buchenwald und Mittelbau-Dora.

Von Petra Korn 15.10.2021, 13:53
Übergabe des Ehrenbuches: Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Buchenwald und Mittelbau-Dora, Hans Richter und Ellen Fauser von der „Interessengemeinschaft Todesmarsch“ (v. l.).
Übergabe des Ehrenbuches: Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Buchenwald und Mittelbau-Dora, Hans Richter und Ellen Fauser von der „Interessengemeinschaft Todesmarsch“ (v. l.). Foto: Thomas Meinhof

Quedlinburg/MZ - Über sechs Jahre haben Hans Richter und seine Mitstreiter von der „Interessengemeinschaft Todesmarsch“ recherchiert. Sie haben zusammengetragen, wie Menschen im April 1945 Zivilcourage, Mut und Menschlichkeit bewiesen und KZ-Häftlingen halfen, die aus dem Lager Langenstein-Zwieberge Richtung Osten getrieben wurden.

Über sechs Jahre haben sie diese Menschen mit Einträgen in einem Ehrenbuch gewürdigt. Das Buch – „ein Buch für die Helfer“, wie Hans Richter sagt – ist geschlossen (die MZ berichtete). Was noch fehlte, war ein Platz, um es für die Nachwelt aufzubewahren und Interessierten zugänglich zu machen.

Dieser Platz ist nun gefunden. Langenstein-Zwieberge war ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. Und in der Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar ist das Ehrenbuch nun. Hans Richter hat es Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Buchenwald und Mittelbau-Dora, offiziell übergeben.

Die Interessengemeinschaft habe überlegt, was mit dem Buch geschehen solle, auch daran gedacht, selbst einige Exemplare drucken zu lassen, berichtet Hans Richter. Im Sommer sei er dann zur Gedenkstätte Buchenwald gefahren, habe das Ehrenbuch dort vorgelegt.

Es habe ein sehr interessantes Gespräch mit Stiftungsdirektor Wagner gegeben. Dieser habe angeboten, die Bucheinträge digital zu erfassen und sie dann mit auf die Internetseite der Gedenkstätte zu stellen, berichtet Hans Richter. „Darüber habe ich mich sehr gefreut.“ So könne das Buch der ganzen Welt zugänglich gemacht werden.

„Unzählige Deutsche beteiligten sich während der KZ-Todesmärsche im Frühjahr 1945 an Verbrechen. Aber es gab auch Ausnahmen: Menschen, die Mitgefühl zeigten und Häftlingen halfen. Ihre Geschichten sammelte Hans Richter aus Wernigerode“, twitterte die Stiftung Buchenwald und Mittelbau-Dora anlässlich der Übergabe des Ehrenbuches.

Die Idee für dieses Buch war entstanden, als Zeitzeugen aus Westerhausen darüber berichtet hatten, dass eine Familie im April 1945 einen Häftling bei sich aufgenommen und gepflegt habe, der vor Entkräftung den Marsch nicht habe fortsetzen zu können.

Der Häftling sei gestorben, ein Grab für den namenlosen Mann angelegt worden. Er wurde später durch Helfer des Vereins zur Bergung Gefallener in Osteuropa geborgen und als junger Ukrainer identifiziert. Udo Wolff, einer der beiden Westerhäuser Zeitzeugen, gehörte auch zu den Unterzeichnern des ersten Eintrags im Ehrenbuch.

80 Einträge wurden es insgesamt. Dafür hatte sich die Interessengemeinschaft entlang der Route des Todesmarsches auf den Weg gemacht, mit Zeitzeugen in Ermsleben, Ballenstedt oder Sandersleben ebenso gesprochen wie in Bitterfeld, Jessen oder Griebo bei Wittenberg.

So habe Hans Richter Informationen zusammengetragen, was Menschen, die die Häftlinge auf dem Todesmarsch sahen, gedacht, erlebt, getan hätten, wie es Ellen Fauser formulierte. Damit sei, so die langjährige Leiterin der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge, eine Lücke gefüllt worden.

Das wäre ohne die zahlreichen Wegbegleiter und Unterstützer vor Ort nicht möglich gewesen, sagt Hans Richter. Zu diesen gehört Udo Wolff ebenso wie Klaus Holz aus Ermsleben, Hartmut Rienäcker aus Badeborn – beide selbst Zeitzeugen -, Pfarrer Stefan Hansch aus Wernigerode und der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Ludwig Hoffmann.

Bei ihnen, so Hans Richter weiter, wolle er sich ebenso bedanken wie bei allen anderen Unterstützern aus den unterschiedlichsten Orten von Hettstedt bis Jessen, von Arnstedt bis Söllichau - und bei Pfarrer Thomas Meinhof aus Seyda und Ellen Fauser, die auch bei der Übergabe des Ehrenbuches in der Gedenkstätte Buchenwald dabei waren.

„Und ich möchte allen danken, die in diesem Buch mit ihrer Unterschrift den Helfern gedankt haben“, so der Wernigeröder weiter. „Zuletzt danke ich Herrn Professor Wagner ganz herzlich und freue mich, dass das Ehrenbuch einen guten Platz in der Gedenkstätte Buchenwald gefunden hat.“