Kreis macht Druck Kommunalaufsicht Landkreis Harz fordert: Verbandsgemeinde Vorharz soll Gebühren für Regenwasser erheben

Wegeleben - Neue Wendung beim Dauerstreitthema Gebühren für die Regenwasserbeseitigung: Der Hauptausschuss der Verbandsgemeinde Vorharz hat den Beschluss über die Gebührensatzung vertagt. Bevor man abstimme, müsse man mit den Einwohnern ins Gespräch kommen - denn es bestehe nicht nur Unmut, sondern auch ein großer Informationsbedarf. „Wir sind es dem Bürger schuldig, schnellstens etwas anzubieten, um das zu erklären“, sagte Rena Jüngst (Fraktion Bode-Selke-Aue).
Rena Jüngst schlägt Bürgerversammlungen über Gebühren für Regenwasser vor
Gemeinsam mit Meinhardt Stadler (Fraktion Dörfer mit Zukunft) regte sie Bürgerversammlungen zum Thema an. „Wir werden nicht alle erreichen, sollten aber Bürgernähe zeigen“, so Rena Jüngst. Verbandsgemeindebürgermeisterin Ute Pesselt (parteilos) äußerte sich skeptisch und schlug stattdessen vor, im nächsten Amtsblatt zu informieren.
In dem Text, der der MZ vorliegt, heißt es, dass die Verbandsgemeinde als einzige Kommune im Harzkreis keine Gebühren für die Entsorgung von Regenwasser erhebt. Dies wurde ihr seit Jahren von der Kommunalaufsicht des Kreises vorgehalten.
Kommunalaufsicht der Kreisverwaltung fordert von der Verbandsgemeinde Vorharz, nicht auf die Gebühren zu verzichten
Der Vorwurf: Die Vorharzer würden ohne Not auf Einnahmen verzichten. „Das Thema ist per Gesetz mit allem Nachdruck an die Gemeinden herangetragen worden. Wir haben uns jahrelang dagegen gewehrt“, so Meinhardt Stadler im Hauptausschuss.
Die Verbandsgemeinde ging 2014 in Widerspruch, der 2017 abgewiesen wurde. Seitdem steht sie unter Zugzwang, eine Gebührensatzung zu erlassen. „Wir haben die Pflicht, uns den gesetzlichen Vorgaben anzupassen“, sagt Ute Pesselt.
Am 1. Februar teilte die Kommunalaufsicht per Brief mit: „Ein weiteres Zuwarten kann nicht geduldet werden.“ Daher verhandelte die Verwaltung mit dem Trink- und Abwasserzweckverband Vorharz (TAZV). Die meisten Kommunen übertrügen die Aufgabe an einen Verband, so Ute Pesselt.
Die Kosten seien höher, wenn die Gemeinde dies selbst übernimmt - weil Personal eingestellt und Technik angeschafft werden müssten, über die der TAZV schon verfügt. Eine Übertragung könne erst erfolgen, wenn formell die Voraussetzungen geschaffen sind.
Ab 1. Juli 2019 sollen dann Gebühren für Regenwasser erhoben werden
Ziel ist, den TAZV ab Januar 2021 mit der Regenwasserentsorgung zu beauftragen, so Ute Pesselt. Gebühren sollen aber schon ab 1. Juli erhoben werden - vorübergehend in Eigenregie der Verbandsgemeinde. Die Kommunalaufsicht hatte zugestimmt, dass in dieser Zeit die - gegenüber der Verwaltungskalkulation niedrigeren - Gebührensätze des TAZV gelten dürfen.
Doch diese werfen Fragen auf, hieß es im Ausschuss. Zum Beispiel die Grundgebühr: 55 Euro pro Jahr und Haushalt sind veranschlagt. Rajk Fünfhausen (Fraktion Dörfer mit Zukunft) wollte wissen, warum diese erhoben werde. Es gebe verschiedene Möglichkeiten, eine Satzung zu gestalten, erklärte Bauamtsleiter Harald Brockelt. „Am Ende müssen aber die Kosten gedeckt werden.“
Gibt es keine Grundgebühr, steigt der Gebührensatz pro Quadratmeter befestigter Grundstücksfläche. Zum Vergleich: Der TAZV Vorharz berechnet pro Quadratmeter 0,43 Euro. Beim Zweckverband Ostharz/Quedlinburg sind es – ohne Grundgebühr – zwischen 0,75 und 0,78 Euro. Der Wasser- und Abwasserzweckverband Holtemme-Bode in Silstedt berechnet ohne Grundgebühr 0,88 bis 0,97 Euro.
Wer Wasser auf dem eigenen Grundstück versickern lässt, muss keine gebühren zahlen
Grundsätzlich gilt: Die Gebühr müsse jeder zahlen, von dessen Grundstück aus Regenwasser in einen Kanal läuft. Wer Wasser auf dem eigenen Grundstück versickern lässt, zahlt nicht. Und: „Wer direkt an einem Gewässer anliegt und das Wasser nicht über die Straße ableitet, ist Gewässeranlieger und zahlt nicht“, so Brockelt. Rückwirkend werden keine Gebühren erhoben.
Die Verbandsgemeinde habe vor Jahren eine Selbstauskunft an alle Haushalte verschickt, auf deren Basis die Gebühren berechnet werden, so Ute Pesselt. Liegt keine Auskunft vor oder sei diese nicht plausibel, werde anhand von Luftbildern geschätzt. Bis 30. Juni können noch Selbstauskünfte abgegeben werden.
Haushalte können noch bis Ende Juni Selbstauskünfte abgeben
Die Frage ist, ob die Satzung, die der Hauptausschuss vertagt hat, im Verbandsgemeinderat beschlossen wird. Vertagen die Räte ebenfalls, ist der Gebühreneinzug ab 1. Juli fraglich. „Ob die Kommunalaufsicht mitmacht, ist offen“, sagt Ute Pesselt.
Die Behörde könnte im schlimmsten Fall zwangsweise eine Satzung erlassen - möglicherweise mit höheren Gebühren, als im Entwurf der Verbandsgemeinde vorgesehen.