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Extremsportler aus Thale Extremsportler aus Thale: Über Steilwände und Stacheldraht ins Ziel

Von Andreas Bürkner 16.02.2017, 09:47

Thale - „In erster Linie soll es allen Spaß machen“, sind sich Thomas Garn und Thomas Kipf aus Thale einig. Trotzdem befinden sich die beiden Extremsportler der Hobbysportgruppe „Silverbacks Harz“, wie sie sich selbst bezeichnen, gemeinsam mit Gleichgesinnten ständig auf der Jagd nach Medaillen, wenn auch auf eine etwas andere Weise.

Gibt es in vielen anderen Sportarten nur für die drei Besten Edelmetall, während die Nachfolgenden leer ausgehen, werden damit bei extremen Hindernisrennen, wie sie die Thalenser bestreiten, alle „Finisher“ belohnt. So werden die Erreicher des Ziels nach Erfüllung aller Aufgaben genannt.

Wer einmal scheitert, wird disqualifiziert

„Schon das Scheitern an einem Hindernis führt bei den Winterrennen umgehend zur Disqualifikation“, erklärt der Chef, den es schon selbst einmal erwischte. Er kann es aber begründen: „Dort war ich nach einer Verletzung einfach noch nicht wieder richtig fit.“ Geärgert habe ihn das jedoch schon gewaltig, bekennt er im Nachhinein.

Ziel: Alle Hindernisse schaffen

Nur bei Sommerwettbewerben sei es den Athleten schon mal erlaubt, eine kleinere Schwäche an einem der Hindernisse mit einer Sonderleistung auszugleichen. Doch das widerspreche eigentlich dem Ziel, auch die schwierigsten Hindernisse meistern zu wollen. Und diese sind alles andere als einfach und fordern den ganzen Körper.

Für Netze, Traktorreifen, Betonröhren, Klettergerüste, Stacheldrahthindernisse, Steilwände, Holzbalken und immer wieder Wassergräben und -behälter werden neben Kraft, Geschicklichkeit und Bewegungsgefühl abverlangt, ebenso ausreichend Ausdauer auf kilometerlangen Strecken.

Ein klein bisschen verrückt scheinen die durchtrainierten Athleten schon sein zu müssen, um solche Torturen freiwillig auf sich zu nehmen. „Wem macht es schon Spaß, bei sechs Grad Minus Lufttemperatur in kaltes Wasser zu springen und unter Balken hindurch zu tauchen?“, fragt Garn deshalb nur rhetorisch. „Wird das Ziel erreicht, ist es einfach nur ein Hammergefühl“.

Ein Rennen, das zerstört

Unter solch extremen Bedingungen jagten die „Silverbacks Harz“ im Dezember unter fast 3.200 Teilnehmern beim „Gettingtough - The Race“ durch den Thüringer Wald bei Rudolstadt.

Dessen Motto „Das Rennen, welches dich zerstört“, sei durchaus passend. „Es gehört zu einem der härtesten in Europa überhaupt“, findet Garn. Die 24 Kilometer lange Strecke über meist gefrorene Äcker war gespickt mit zirka 150 natürlichen und künstlichen Hindernissen.

„Etwa jeder vierte Läufer musste aufgeben und das Rennen vorzeitig abbrechen“, ergänzt Thomas Garn. Der 39-Jährige, der von allen nur „Tom“ gerufen wird, ist bei den Mitstreitern als Team-Captain akzeptiert. Vor etwa vier Jahren begann er mit der Jagd nach extremen Ansprüchen, die den vollen Körpereinsatz erfordern.

Schnell gab es weitere Begeisterte für eine Sportart, die ihren Ursprung auf den britischen Inseln hat. Um Garn und Kipf, in jungen Jahren jagten sie noch dem Fußball nach, haben sich Interessenten aus Thale und der Umgebung geschart, auch weibliche.

„Wir wollen einerseits an eigene Leistungsgrenzen gehen, dabei aber immer auch die Stärken jedes Einzelnen nutzen“, beschreiben sie ihre Herangehensweise.

Gemeinsame Erfolgserlebnisse

„Gemeinsam starten und gemeinsam ankommen“, sei dabei wesentlich bedeutsamer als der individuelle Kampf um vordere Platzierungen. „Dafür gehen doch eher die Jüngeren an den Start“, verweist Garn auf die besonders Ehrgeizigen.

Wichtiger sei den Harzern das Zusammengehörigkeitsgefühl und die gegenseitige Hilfe. Trotzdem gehöre eine vernünftige Vorbereitung auf die Wettbewerbe dazu, egal, ob individuell oder als Gruppe. Neben zahlreichen Bergläufen und intensiven Krafteinheiten stehen Geschicklichkeitsübungen an.

„Wir sind draußen an frischer Luft, unabhängig vom Wetter“, verweist Tom auf den gesundheitsfördernden Aspekt, obwohl an Leistungsextreme gegangen werde. Garn warnt: „Selbstüberschätzung ist der größte Gegner des Erfolgs.“

Auch bei Veranstaltungen in der Region, wie dem Harzlauf in Thale oder dem Wernigeröder Silvesterlauf zeigen sie sich. „Davor oder danach stehen noch Krafteinheiten an“, gibt Garn kompromisslos vor.

„Er lässt sich für die Übungseinheiten immer wieder Neues einfallen“, ist Kipf angetan von den Ideen seines „Chefs“. Der 41-jährige Kipf weiß: „So wird selbst das härteste Training niemals langweilig.“

Passende Kleidung im Test

Eher locker sehen die „Silverbacks“, übrigens ein Bezug auf die Rücken von alten Gorillas, auch das Outfit verschiedener Jahreszeiten. Zum „Spartan Super“ im Mai 2016 in Berlin trugen die Harzer beispielsweise zum freien Oberkörper nur Schottenröcke. „Noch testen wir, was für Wettbewerbe im Winter ideal ist“, blickt Garn auf die letzten Versuche zurück. „Ein Neopren-Anzug, wie ihn die Triathleten tragen, ist für mich jedenfalls überhaupt keine Option.“

Kaum wurde in Thüringen die letzte Herausforderung des Jahres 2016 bestanden, beginnen schon die Vorbereitungen auf die nächste Saison. „Nur frühzeitiges Anmelden sichert einen Startplatz“, weiß Garn, der für 2017 bereits einige Rennen fest gebucht hat. Darunter sind die „Braveheart Battle“ in Bayern im März sowie das „Xletix“ in den Tiroler Bergen im Sommer. Die oft martialisch anmutenden Recken wissen: „In den Alpen macht sich besonders die dünne Luft bemerkbar.“ Doch das schreckt sie nicht davon ab, diese eisenharte Prüfung erneut anzugehen. (mz)