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Extremsport Extremsport: Finisher beim Norseman

Von Detlef Anders 19.08.2015, 16:57
Der Gaustatoppen auf 1800 Metern ist greifbar nah.
Der Gaustatoppen auf 1800 Metern ist greifbar nah. Privat/Göran Wendler Lizenz

Quedlinburg - Ab 30 haben manche Menschen eine „To-Do-Liste“ mit Zielen, die sie sich setzen. Mit 31 konnte nun Torben Wendler einen Punkt abhaken. Der ehemalige Deutsche Mannschaftsmeister im Orientierungslaufen vom SV Wissenschaft Quedlinburg, hat nicht nur seinen ersten Extrem-Triathlon absolviert, sondern auch der zweite Sachsen-Anhalter, der beim Norseman in Norwegen das schwarze Finisher-Shirt holen konnte. Thomas Stimpel, wissenschaftlicher Mitarbeiter eines halleschen Bundestagsabgeordneten und passionierter Ironman, belegte im Jahr 2014 den 77. Platz und machte sich zum „Schwarzshirt-Träger“.

Der Norseman gilt als einer der härteste Triathlons. Auch Wendlers Vereinskamerad Klaus Raymund hat sich schon mehrfach vergeblich um eine Teilnahme beworben. Die Startplätze sind auf 250 limitiert. „Ich hatte eine Chance von 8,7 Prozent.“ Im Oktober bekam Torben Wendler, der seit elf Jahren in Norwegen lebt und nach dem Sportpädagogikstudium nun drei Jobs parallel hat (Trainer Sportgymnasium, Nationalmannschaft OL-Entwicklungsgruppe, Laufladen), das Okay. Neun Monate bereitete er sich auf das Rennen vor. Als Supporter, die ihn auf der Strecke begleiten, halfen ihm sein Quedlinburger Onkel Göran Wendler und Alexander Lubina, sein Freund aus Duisburg (EM-Teilnehmer über 10 000 Meter und DM im OL). Aber auch die Eltern nutzten den Urlaub, um ihren Sohn anzufeuern.

Nur zehn Grad im Fjord

3,8 Kilometer schwimmen, 180 Kilometer per Rad fahren, und dann noch einen Marathon laufen - das ist der Norseman. Doch das Schwimmen wurde auf die Hälfte reduziert. „Der Eidfjord ist der Auffang für die Schneeschmelze der Hardangervidda, bevor er in den Hardangerfjord übergeht. In der Hardangervidda liegt dieses Jahr historisch viel Schnee“, erklärt Wendler die Wassertemperatur von nur 10,5 Grad. Mit Neopren-Socken und der von Klaus Raymund geborgten Neoprenhaube, plus Neoprenanzug, wurde es ein erfrischender „Swim“ und Wendler war schon etwas enttäuscht, dass es „nur“ 1,9 Kilometer Schwimmen waren, obwohl das Schwimmen seine schwächste Disziplin ist. Die Nacht davor sei sehr kurz gewesen, halb drei ging es raus aus den Betten und Wendler vermisste Nervosität. Erst auf der Fähre machten sich die Nerven bemerkbar. „Auf dem Auto-Deck zu stehen und alle Triathleten um sich herum zu sehen, war schon ein sehr magischer Moment“, beschreibt es der Sportler, der schon als Kind von seinem Vater in den OL-Sport getragen wurde, in seinem Rennbericht. Als 103. kam Wendler aus dem Wasser. Dass er noch nie einen Triathlon gemacht hat, sei an einer der längsten Wechselzeiten zu erkennen.

„Auf dem Rad fuhr ich an Leuten vorbei und wurde auch überholt, ein Geben und Nehmen. Ich fühlte mich gut, war warm genug angezogen, hatte meinen Ernährungsplan auf dem Rahmen, alles lief.“ Sieben Stunden waren das Ziel für die 180 Kilometer, die er zwei Wochen zuvor getestet hatte. Nur 160 Sportler durften auf die Bergspitze des 1.883 Meter hohen Gaustatoppen. Zu diesen wollte er gehören, um das schwarze Finisher-Shirt zu bekommen. „Ich hatte ganz gut Kontrolle über die Berge, und hab an allen Bergen nur nach Watt und Puls getreten. Vielleicht ein bisschen defensiv im Nachhinein, aber im Endeffekt wollte ich die Beine fürs Laufen sparen.“ Er versuchte, positiv zu denken und suchte Kontakt mit anderen. Der letzte Berg forderte alles und bergab war höchste Konzentration gefordert. Mit 7:12 Stunden habe er nur ein bisschen neben dem Plan gelegen, aber immer noch im grünen Bereich. „Über die gesamte Radstrecke merkte ich, dass meine Oberschenkel an diesem Tag nicht die besten waren. Früh spürte ich sie und versuchte, sie so viel wie möglich zu ignorieren.“

Bergsprint bringt Sprung in Top 100

Er überholte Sportler und baute den Vorsprung auf Platz 160 aus. Die Oberschenkel machten ab Kilometer 15 Probleme. Es folgten sieben Kilometer bergan aus Asphalt - „ein Alptraum“. „Ich wollte nicht mehr essen, mir war schlecht, teilweise schwindelig, und Alex musste wirklich hart mit mir arbeiten, dass ich nicht stehen bleibe.“ Sein Partner quetschte ihm Cola rein. Nach 32,5 Kilometer laufen stand fest, dass er das schwarze Finisher-Shirt sicher hatte. Auf der letzten Bergstrecke, einem Trail, konnte Wendler seine Orientierungslauf-Stärke ausspielen. „Ich flog über die Steine und genoss Schritt für Schritt. Ich holte immer wieder Leute ein und bekam zu hören, dass ich doch einen Sitzen habe mit dieser Pace. Mir machte es plötzlich wieder Spaß und ich begann in den kurzen flachen Stücken zu joggen.“ Er machte das amerikanische Zuckergetränk dafür verantwortlich. „Plötzlich war ich auf der Steintreppe, die Steintreppe zur Hütte zum Ziel, wo Vibeke auf mich wartete. Unglaublich, ich ging über die Ziellinie nach 13:33:03 Stunden als Athlet Nummer 100. Top 100 also.“

Während Eltern und Schwiegereltern in Halden die Sektkorken knallen ließen, gab es in der Gau-stadhytte Kartoffelsuppe und Quedlinburger Fegefeuer. „Mein erster Triathlon, mein erster Marathon, das erste Mal 180 Kilometer auf dem Rad, alles an einem Tag - unglaublich...“, meinte er nach dem „unglaublichen Erlebnis“ und dankte den „weltbesten“ Supportern, Eltern, Sponsoren, aber auch seiner Vibeke für ihr Verständnis. (mz)

Den ausführlichen Bericht gibt es unter www.ramberg-ol.de.

Für die 180 Kilometer auf dem Rad benötigte Torben Wendler nur zwölf Minuten mehr als die geplanten sieben Stunden.
Für die 180 Kilometer auf dem Rad benötigte Torben Wendler nur zwölf Minuten mehr als die geplanten sieben Stunden.
Privat/Göran Wendler Lizenz
Stolz lässt sich Torben Wendler mit den Finisher-Shirt fotografieren.
Stolz lässt sich Torben Wendler mit den Finisher-Shirt fotografieren.
Privat/Göran Wendler Lizenz
Nach 20 Kilometern Lauf mit Alexander Lubina beim Support.
Nach 20 Kilometern Lauf mit Alexander Lubina beim Support.
Privat/Göran Wendler Lizenz