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Seilbahner zu Gast im Harz Erstmals tagt der Arbeitskreis Sommerbahnen in Thale

Welche Themen rund 20 Mitgliedsbetriebe besprechen wollen.

Von Benjamin Richter 07.09.2021, 14:00
Geballtes Seilbahnen-Know-how im Klubhaus: Zum ersten Mal findet die jährliche Tagung des Arbeitskreises Sommerbahnen in Thale statt.
Geballtes Seilbahnen-Know-how im Klubhaus: Zum ersten Mal findet die jährliche Tagung des Arbeitskreises Sommerbahnen in Thale statt. Foto: Benjamin Richter

Thale/MZ - „Wie die Alpen für zwischendurch“, zieht Jörg Wilke nach einer Seilbahnfahrt auf den Hexentanzplatz Bilanz. Für den Sauerländer ist es längst nicht mehr die erste Reise ins Bodetal - doch dieses und die beiden über den Felsen verkehrenden Schwebebahnen, verraten seine leuchtenden Augen, faszinieren ihn noch immer.

Kein Wunder also, dass der Leiter des Arbeitskreises Sommerbahnen unter dem Dach des Verbandes Deutscher Seilbahnen (VDS) den Thalenser Betrieb schon länger als möglichen Gastgeber für die jährliche Tagung der Gruppe auf dem Schirm hatte. Im Mai 2020 sollte es ursprünglich so weit sein - Corona machte jedoch drei Verschiebungen notwendig, wie Pamela Groll, Geschäftsführerin der Seilbahnen Thale Erlebniswelt, berichtet. Nun hat es endlich geklappt: Diesen Montag und Dienstag sprechen Vertreter von rund 20 Seilbahnbetrieben aus dem gesamten Bundesgebiet im Klubhaus Thale über ihre Erfahrungen der letzten Jahre, betriebliche Herausforderungen und die gemeinsame Arbeit im Verband.

Mutige und kreative Lösungen nach der Corona-Zwangspause

Zur Eröffnung des Treffens schauen auch Bürgermeister Maik Zedschack, Landrat Thomas Balcerowski (beide CDU) und - zumindest digital - Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) im großen Veranstaltungssaal vorbei. Das Grußwort des Landespolitikers, der wegen der Regierungsbildung in Magdeburg nicht selbst anreisen konnte, wird auf eine Leinwand projiziert. Mutig und kreativ, schildert Willingmann darin, sei der Thalenser Seilbahnbetrieb daran gegangen, Lösungen für den Neustart nach der Corona-Zwangspause zu entwickeln - und der Erfolg habe diesem Unterfangen seither recht gegeben. Auch das Land habe sich früh für Öffnungsschritte eingesetzt. Aktuell gebe es dank einer gestiegenen Impfquote Anlass zu Optimismus.

Es kann nicht die Antwort sein, die Seilbahnen erneut in den Zwangslockdown zu schicken.

Thomas Balcerowski, Landrat

Landrat Balcerowski geht noch einen Schritt weiter und betont, er werde sich dafür einsetzen, dass die Gondeln und Liftsessel auch dann nicht mehr in den Stillstand versetzt würden, wenn die Inzidenzwerte im Herbst wieder steigen sollten. „Es kann nicht die Antwort sein, die Seilbahnen erneut in den Zwangslockdown zu schicken.“ Ohnehin könne im Fall einer Corona-Infektion kaum eindeutig festgestellt werden, ob diese sich tatsächlich in der Schwebekabine oder doch bei der Anreise im Auto oder schon am Frühstückstisch zugetragen habe. Weiterhin, kommt der Kreischef auf eines der auch im neuen Koalitionsvertrag angedeuteten Projekte zu sprechen, werde er sich außerdem für den Bau einer Seilbahn oder eines Sessellifts in Schierke einsetzen, die auch eine Verbindung in den niedersächsischen Westharz schaffen könnten.

Fußballprofis und Speeddates

Noch ist das Zukunftsmusik - anders als die meisten der Themen, die diese Woche für den Arbeitskreis auf der Agenda stehen. Um die „extrem hohen“ Sicherheitsstandards bei den Seilbahnen als Transportmittel werde es zum Beispiel gehen, wenn am Dienstag Rainer Erb von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, dem größten Träger der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland, die frisch überarbeiteten Regeln für die Branche vorstelle, kündigt Pamela Groll an.

Die Chefin der Thalenser Seilbahnen selbst wird als Marketing-Expertin unmittelbar im Anschluss daran zum Thema „Touristisches Destinationsmanagement“ referieren. Mit ihrer in der Branche eher unüblichen Marketingstrategie - Groll nennt Kooperationen mit dem 1. FC Magdeburg und das „Azubi-Speeddating“ der Initiative Heimvorteil Harz im November als Beispiele - habe ihr Betrieb das Interesse der Kollegen aus anderen Mittelgebirgen und den Alpen geweckt. Zusammen mit dem einwandfreien Zustand der Technik, für die Betriebsleiter Jürgen Tietz verantwortlich zeichnet, sichere der öffentliche Auftritt den Erfolg des Unternehmens, erklärt Groll, die sich von der Tagung zugleich neue Impulse verspricht.

Auf die hofft auch Jörg Wilke, der hauptberuflich Geschäftsführer der Ettelsberg-Seilbahn im hessischen Willingen ist. Zumal die Arbeit der von ihm geleiteten Gruppe von Jahr zu Jahr relevanter werde: „Inzwischen sind immer mehr Bahnen in Deutschland ganzjährig aufgestellt“, legt Wilke dar. Der Winter reiche, wenn er denn komme, oft nicht mehr aus.

125 Betriebe unter einem Dach

Im Verband Deutscher Seilbahnen (VDS) sind derzeit 84 Seilbahnunternehmen und 41 reine Schleppliftunternehmen zusammengeschlossen. In der Mehrzahl handelt es sich bei den Mitgliedern, wie bei der Seilbahnen Thale Erlebniswelt, um privatwirtschaftliche Unternehmen. Von den 187 Seilschwebebahnen, 22 Standseilbahnen, 1.400 Schleppliften und vier Zahnradbahnen, die bundesweit in Betrieb sind, sind etwa 90 Prozent im Verband vertreten.

Zwei Drittel der VDS-Mitgliedsseilbahnen befindet sich in den Alpen, ein Drittel in den deutschen Mittelgebirgen. Der Verband übernimmt verschiedene Funktionen: Er stellt unter anderem mit einem Aus- und Weiterbildungsangebot die Schulung von Fachkräften für die Seilbahnbranche sicher, berät seine Mitglieder in rechtlichen, wirtschaftlichen, betrieblichen und technischen Fragen und ist Ansprechpartner für Öffentlichkeit, Medien und Politik. Ungefähr 20 Seilbahnunternehmen haben vor Jahrzehnten den Arbeitskreis Sommerbahnen gebildet - denn bei den jährlichen VDS-Gesamttagungen steht in der Regel das Wintergeschäft im Mittelpunkt.