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Erntedank Erntedank im Landkreis Harz: "Bauern zahlen die Zeche"

Von Rita Kunze 08.11.2017, 10:55
Ein Landwirt versprüht auf einem Feld ein Pestizid.
Ein Landwirt versprüht auf einem Feld ein Pestizid. Archiv/dpa

Halberstadt - An einem Unkrautvernichter scheiden sich die Geister: Soll das umstrittene Glyphosat weiter zugelassen werden? Die EU-Mitgliedsstaaten sollen am Donnerstag darüber abstimmen.

Für Wilfried Feuerstack aus Wasserleben stellt sich die Frage nicht: „Wir Bauern sind die Letzten, die den Kunden vergiftete Lebensmittel verkaufen würden“, sagt der Vorsitzende des Bauernverbandes Nordharz. Er spricht vom „chemischen Pflügen“, wenn das Breitband-Pestizid zum Einsatz kommt.

Erntedank im Landkreis Harz:  Bauern haben mit Problemen zu kämpfen

So bringt die traditionelle Übergabe eines Erntekorbes schließlich auch die große Politik ins Halberstädter Landratsamt: Am Dienstag traf sich dort Landrat Martin Skiebe mit Feuerstack als Bauernverbandsvorsitzendem, Geschäftsführerin Diana Borchert und Lutz Trautmann, Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft Hedersleben, zum Gespräch.

Die Landwirte gaben einen Überblick über die diesjährige Ernte und machten deutlich, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben.

Erntedank im Landkreis Harz: Debatte um Glyphosat geht weiter

Die Glyphosat-Debatten sind eines davon. Die meistverwendete Substanz in Unkrautvernichtungsmitteln hat viele Gegner, für Trautmann aber durchaus Vorteile, denn die Hederslebener haben sich für eine pfluglose Bewirtschaftung ihrer Felder entschieden.

So gebe es weniger Erosion, und die Vermehrung von Krankheitserregern werde eingedämmt.

Wichtige Mikroorganismen könnten sich in den einzelnen Bodenschichten entwickeln.

Feuerstack erzählt, dass die abgeernteten Rapsfelder der Apro Wasserleben im August mit Unkrautvernichter abgespritzt werden, um einen ganz anderen Schädling von den Feldern fernzuhalten: „Wenn die Flächen grün werden, werden sie von Mäusen besiedelt. So aber wandern die Mäuse nicht ein.“

Man könne die Flächen auch mechanisch bearbeiten, aber „Glyphosat ist wesentlich effektiver.“

Erntedank im Landkreis Harz: Preise sinken bei durchschnittlicher Ernte

Sorgen bereiten den Landwirten jedoch vor allem sinkende Preise bei durchschnittlichen Ernten.

Das liegt unter anderem auch an den vielen Regenfällen im Sommer, sagt Feuerstack: Wegen der großen Wassermengen sei die Qualität nicht wie geplant erzielt worden.

Für den hier produzierten Qualitätsweizen bekomme man 180 Euro pro Tonne, in diesem Jahr hätten die Landwirte ihn jedoch als Futterweizen verkaufen müssen, für den es 40 Euro weniger gebe.

Erntedank im Landkreis Harz: Weniger Geld auch für Zuckerrüben

Bei den Zuckerrüben sehe es finanziell nicht besser aus. Die Rüben hätten in diesem Jahr einen recht guten Zuckergehalt, doch durch das Auslaufen der bislang sicheren Quoten zum

1. Oktober nütze das wenig; so gebe es jetzt nur noch 30 statt bislang 40 Euro pro Tonne.

„Das ist ein Wertverlust, der uns Landwirte trifft und der von keiner Stelle ausgeglichen wird. Zucker wird importiert, und wir Bauern zahlen die Zeche.“

Trautmann pflichtet ihm bei: „Als Landwirte haben wir keine Angst vor Wettbewerb, aber er muss fair sein.“ Seit 2012 sei beispielsweise der Preis für Weizen um 41 Prozent gesunken. „Das ist eine belastende Situation.“

Und „wenn ein Liter Mineralwasser an einer Autobahn-Raststätte teurer ist als ein Liter Milch, dann ist etwas nicht in Ordnung. Milchproduzenten bekommen keinen Mindestlohn.“

Erntedank im Landkreis Harz: Umdenken bei Bürgern, wenn Lebensmittelpreise steigen würden

Womöglich würde ein Umdenken bei den Verbrauchern erfolgen, wenn die Lebensmittelpreise angehoben würden, überlegt Trautmann.

„Die Wertschätzung von Lebensmitteln geht bei uns verloren.“ Das zu ändern, ist in seinen Augen auch eine „tägliche Aufgabe“ der Erzeuger selbst. Bei der Agrargenossenschaft in Hedersleben seien regelmäßig Schulklassen zu Besuch. Den Kindern würde dabei auch der Umgang mit Pflanzenschutz- und Düngemitteln erklärt: „Kunstdünger ist kein Gift. Es ist die Frage, wie viel man einsetzt.“ (mz)