SPD-Politiker setzt sich für Yasin ein Einwander im Landkreis Harz: Dem 20-jährigen Kurden Yasin Karacan droht die Abschiebung

Halberstadt - Seine Nächte sind unruhig, Yasin Karacan zuckt im Traum immer wieder zusammen und wacht dann schweißgebadet auf. „Die Armee beobachtet mich in der Türkei“, sagt der 20-Jährige, der in Halberstadt lebt und Anfang April zurück in sein Heimatland abgeschoben werden soll. „Ich habe Angst, dass ich ins Gefängnis komme.“
So sei es seinem Onkel ergangen, als dieser von Deutschland in die Türkei geflogen ist. Sein Onkel habe im Internet Negatives über den türkischen Präsidenten Erdogan geschrieben. „Das habe ich früher auch gemacht“, sagt Karacan in recht gutem Deutsch. Das Internet vergesse nichts, selbst wenn man seine Aussagen und Bilder lösche, sagt er. Mit Löschen habe es auch sein Onkel vor dem Flug in die alte Heimat versucht.
Familie gehört der kurdischen Minderheit in der Türkei an
Seine Familie gehört der kurdischen Minderheit in der Türkei an. Karacan war nach eigener Aussage Zeuge, wie Kurden von der Polizei festgenommen worden seien, weil sie etwa bei einer Demonstration mitgemacht hatten. Er selber habe in seinem Heimatdorf an einem Trauerzug für gefallene Guerilla-Kämpfer teilgenommen, berichtet er.
Aus Furcht vor der Polizei habe er die Türkei verlassen und kam im Dezember 2015 nach Deutschland - wo bereits Verwandte wie sein Onkel lebten. Er sei „auf eigene Faust“ geflohen - über Griechenland und die Balkan-Route, sagt Karacan.
Im Dezember 2015 kam Yasin Karacan nach Deutschland
Er kam nach Halberstadt, stellte Mitte 2016 einen Asylantrag, der im April 2017 abgelehnt wurde mit der Begründung, er habe nicht glaubhaft machen können, dass er politisch verfolgt werde. Er müsse die Bundesrepublik verlassen. Gegen den Beschluss klagte der junge Kurde, die Klage wurde vor vier Monaten abgewiesen.
Klage gegen abgelehnten Asylantrag wurde abgewiesen
„Die Türkei gilt jetzt als sicheres Herkunftsland“, man müsse Verfolgung und Gefahr nachweisen, erläutert Andreas Steppuhn (SPD). Der Landtagsabgeordnete aus Quedlinburg verstehe Karacans Ängste und wolle ihm helfen.
Er berichtet, die Agentur für Arbeit versuche, für den 20-Jährigen schnell einen Ausbildungsplatz zu finden. Damit bekäme er ein Bleiberecht, und man könne in Ruhe einen zweiten Asylantrag stellen - vielleicht schon unter einem neuen Fachkräfte-Einwanderungsgesetz, so Steppuhn.
Ein Asylbewerber könne durchaus einen neuen Antrag stellen, erklärt ein Mitarbeiter des Ordnungsamts des Landkreises Harz. Jedoch verbesserten sich die Chancen auf Annahme des Antrags nur, wenn es neue Tatsachen gebe: wenn sich die Lage des Geflüchteten oder seines Heimatland verändert habe.
Landtagsabgeordneter Steppuhn sieht Chancen durch Ausbildungsplatz
Die allerletzte Möglichkeit, doch noch in Deutschland bleiben zu dürfen, ist ein Härtefallantrag. Er werde an die Härtefallkommission des Innenministeriums gerichtet, erklärt der Fachmann der Kreisverwaltung.
Dieser berichtet, dass aktuell knapp 1.000 Flüchtlinge im Harzkreis leben. Der Großteil sei anerkannt, rund zehn Prozent müssten mit einer Abschiebung rechnen. So wie Karacan.
Dieser hat Mitte 2017 seinen Hauptschulabschluss gemacht, indem er ein Berufsvorbereitungsjahr an der Berufsbildenden Schule „Geschwister Scholl“ in Halberstadt absolvierte. Besonders gut lagen ihm Farbtechnik, Raumgestaltung und Oberflächentechnik.
Der 20-Jährige ist in Deutschland geduldet, seine Abschiebung bis zum 2. April dieses Jahres ausgesetzt. Auch Geld verdienen durfte er zwischenzeitlich und arbeitete vergangenes Jahr in einem Imbiss in Quedlinburg. Dort lernte er Jakub Ibrahimovic kennen, der bereits seit mehr als zehn Jahren in der Stadt lebt.
Sein neuer „Onkel“, wie er ihn nennt, unterstützt ihn mit seinen Erfahrungen als Flüchtling, geht mit ihm regelmäßig zu Terminen bei Behörden - schon, um bei der deutschen Sprache behilflich zu sein. „Ich will Yasin helfen“, sagt er.„Ich muss einen Ausbildungsplatz für ihn finden, damit er bleiben kann.“
Das möchte auch Steppuhn, der hofft, dass sich ein Unternehmen findet, das den Kurden aus der Türkei ausbildet, zum Beispiel zum Koch. Yasin Karacan sagt: „Ich will arbeiten und mein eigenes Geld verdienen und nicht nur zu Hause sitzen.“ (mz)