1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Harz
  6. >
  7. Domschatz: Domschatz in Halberstadt: Viele Touristen sparen sich den Besuch

Domschatz Domschatz in Halberstadt: Viele Touristen sparen sich den Besuch

Von Uwe Kraus 08.12.2017, 10:55
Dieses Alabasterrelief aus dem Mittelalter ist Teil des Halberstädter Domschatzes.
Dieses Alabasterrelief aus dem Mittelalter ist Teil des Halberstädter Domschatzes. dpa-Zentralbild

Halberstadt/Quedlinburg - Der Halberstädter Domschatz hat Ärger mit der Statistik. Wie viele Besucher kamen 2016 ins berühmte Gotteshaus? 70.000 besuchten Halberstadts Dom und Domschatz. „Viele Besucher belassen es bei der kleinen und kostenlosen Schatzschau im Dom, nur der Rest wird an der Kasse des landauf, landab bedeutsamsten Domschatz erfasst“, weiß Claudia Wyludda von der Verwaltung der kirchlichen Schätze in Halberstadt und Quedlinburg.

Ob die eine oder die andere Harzstadt - beide verzeichnen Rückgänge bei den Besucherzahlen. Geschuldet ist das dem Fakt, dass weniger Reisegruppen kommen. „Das fangen die zunehmenden Einzelbesucher nicht ab.“ Jedoch registriere sie Zulauf bei am Kirchenjahr und an speziellen Themen orientierten Führungen. Unterdessen setzen die Kirchenführer auf den Mut zur Lücke. „Selbstbewusstes Weglassen“, nennt es Superintendentin Angelika Zädow. „Uns erreichen verstärkt Wünsche nach kurzen Führungen. Das finden wir als Domschatzenthusiasten nicht schön, machen aber über ein Baukastensystem der Rundgänge das Beste draus“, erklärt Wyludda.

Natürlich findet sie es nicht so üppig, dass der Domschatz gerade weniger wegen seiner immensen Bedeutung in den Schlagzeilen gewesen sei, als vielmehr durch die dort eingelagerten Domstollen. Doch sie weiß, diese Kooperation mit den Halberstädter Bäckern trage den Namen des Schatzes in die Welt und spüle Geld in die leeren Kassen. „Wenn es darum geht, unsere Schätze ins Gespräch zu bringen, sollte man erstmal nichts ausschließen“, findet die Superintendentin. Es müsse den geistlichen Rahmen nicht sprengen, „aber oft agieren wir noch zu vorsichtig“.

Im kommenden Jahr feiert Halberstadt den zehnten Jahrestag der Neupräsentation des Domschatzes. Dazu gibt es eine aufsehenerregende Ausstellung: „Who the f*** is Luther?“ (Wer zum Teufel ist Luther). Die war bereits für die Lutherdekade geplant, aber nicht gefördert worden. „Eine vergebene Chance“, findet Angelika Zädow.

Schließlich habe Halberstadt etwas weltweit Einmaliges zu bieten: Von 1591 bis 1810 gab es ein gemischt-konfessionelles Domkapitel. „Da wurden in Halberstadt einfach mal 70 Jahre Luther ausgesessen. Da hat man Kompromisse gesucht, Ökumene gelebt, welch Fortschritt!“, begeistert sich Claudia Wyludda. „Wir stellen ab 13. April genau diese Frage, was uns das heute noch sagt. Die haben damals gemeinsam Gottesdienst gefeiert und damit ihren Fortbestand gesichert. Ist das nicht heute ein ganz interessanter Ansatz?“

Superintendentin Zädow hebt die Leidenschaft hervor, mit der die Mitarbeiter der Domschätze von Halberstadt und Quedlinburg für diese brennen. Es werde dort eine herausragende Arbeit geleistet: „Was wäre unsere Kirchenkunst ohne die lebenden Schätze?“ Doch sie findet auch deutliche Worte für das, was behindert, Engagement schmälert und verbesserungswürdig ist. „Wir brauchen als Kirche dauerhaft neue Ideen und müssen alle Kanäle, wie es heute heißt, aktiv nutzen.“ So schreibe eine Mitarbeiterin einen Blog zur Arbeit im Domschatz, habe man 600 Abonnenten bei Facebook und zu manchen Texten bis zu 6 000 Zugriffe.

In Halberstadt läuft gerade mit vielen Partnern die Initiative „Schatzjahre“ an. Zädow sagt klar: „Wie die Stadt wirkt, das ist mehr als ausbaufähig. Damit meine ich das Gesamtpaket von Gastronomie, Busparkplätzen bis zu Klos. Kurz: Wollen wir Touristen hier haben und den Leuten was bieten oder lassen wir das?“ Auch wenn sie wisse, „ein Rundum-Sorglospaket gibt es nicht“.

Claudia Wyludda schaut da noch weiter bis hin zur Kulturstiftung des Landes und der Landesmarketinggesellschaft. „Es ist völlig unklar, warum das Land nicht mehr wie vor einigen Jahren mit dem Pfund der Domschätze wuchert. Allein können wir es nicht vernünftig stemmen, ob in Quedlinburg, Merseburg, Naumburg oder Halberstadt. Das macht schon unser Mini-Budget für die Öffentlichkeitsarbeit nicht mit.“

(mz)