Corona und Entsorgung Corona und Entsorgung: "Wir sehen zu dass wir Abstand wahren"

Quedlinburg - Rückwärts lenkt Roy Herzog den orangefarbenen Saugwagen in die kleine Straße am Stadtrand von Quedlinburg und hält vor einem der Grundstücke. „Hier gibt es keine Wendemöglichkeit. Das weiß man über die Jahre“, sagt er, während er Handschuhe aus einer kleinen Box an der Seite des Fahrzeugs nimmt und beginnt, Schläuche zur Abflussgrube auf dem Grundstück zu verlegen.
Roy Herzog ist Entsorger beim Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Ostharz (ZVO) und die abflusslose Sammelgrube eine von mehreren, die an diesem Tag geleert werden sollen. Homeoffice in Zeiten der Corona-Pandemie? „Das wird schwierig“, sagt Roy Herzog, der jetzt seit fünf Jahren als Entsorger beim ZVO tätig ist, und fügt hinzu: „Wir sehen zu, dass wir Abstand wahren, die zwei Meter wirklich als Sicherheitsabstand einhalten.“
Anlagen laufen meist automatisch und in einem geschlossenen System
Auch der Zweckverband Ostharz hat wegen der Corona-Pandemie reagiert, seine Arbeitssituation angepasst, sagt Matthias Witte, technischer Leiter beim ZVO. Ziel sei, Mitarbeiter wie Kunden und Geschäftspartner bestmöglich zu schützen und natürlich die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung aufrecht- sowie gesetzliche Bestimmungen einzuhalten.
„Die Trinkwasserversorgung ist gesichert“, unterstreicht Matthias Witte. Die Anlagen liefen weitestgehend automatisch und in einem geschlossenen System.
Dagegen führt der Verband derzeit keine turnusmäßigen Wechsel von Trinkwasserzählern mehr durch, erklärt der technische Leiter. Am Kanalnetz würden nur noch zwingend notwendige Spül- und Kontrollarbeiten vorgenommen, Arbeiten an Anlagen von Kunden zur Ver- und Entsorgung nur noch im Havarie- und Notfall. „Sollte jemand Schwierigkeiten haben, werden wir selbstverständlich alles Machbare unternehmen, um dem Kunden zu helfen“, sagt Matthias Witte.
450 abflussloser Sammelgruben müssen geleert werden
Die Mitarbeiter des Zweckverbandes seien zu den Dienstzeiten per Telefon oder Mail erreichbar - das ZVO-Gebäude ist für den Publikumsverkehr geschlossen -; außerhalb der Dienstzeiten sei der Bereitschaftsdienst verfügbar. Auch in den Kläranlagen läuft die Arbeit weitgehend automatisch; neu organisiert wurde dagegen die dezentrale Schmutzwasserentsorgung.
Konzentriert wird sich aktuell darauf, die abflusslosen Sammelgruben zu leeren, sagt Thomas Wilke, Meister Kläranlagen. 450 solcher abflussloser Sammelgruben gibt es im Verbandsgebiet. Bei Kleinkläranlagen - insgesamt 1.650 -, wo nur der Klärschlamm abgefahren werden müsse, werde das, wo es möglich sei, verschoben. Drohe hier aber eine Havarie durch Verstopfung oder Rückstau, werde ebenfalls abgefahren.
„Normalerweise sind drei Entsorger im Einsatz, aktuell sind es nur zwei“
Durch diese Neuregelung habe der ZVO derzeit weniger Aufträge, erklärt Thomas Wilke. „Normalerweise sind drei Entsorger im Einsatz, aktuell sind es nur zwei. Der dritte unterstützt derzeit auf der Kläranlage, wo auch immer wieder mal Wartungs- und Reparaturarbeiten durchgeführt werden müssen.“
Abstand halten gelte dabei nicht nur für die Entsorger, die täglich im Außendienst unterwegs seien. „Die Kollegen müssen das immer wieder mal ansprechen, weil Kunden auch mithelfen wollen“, berichtet Thomas Wilke.
„Das Unterschreiben der Kunden auf dem Tablet haben wir auch ausgesetzt“
Möglichst wenig in Kontakt kommen - mit Hilfe unterschiedlicher Diensteinteilungen - sollen auch die vier Vorarbeiterbereiche - drei für die Kläranlagen, einer für die Entsorger - und auch die Entsorger untereinander. Diese hätten nun verschiedene Dusch- und Umkleidezeiten, auch die Arbeitseinteilung erfolge nicht mehr gemeinsam, sondern per Telefon. Ein elektronisches Auftragsmanagement habe es zuvor schon gegeben.
„Das Unterschreiben der Kunden auf dem Tablet haben wir auch ausgesetzt. Das macht jetzt, in Abstimmung mit dem Kunden, der Entsorger“, sagt Wilke. „Da gibt es überhaupt keine Probleme.“
Rund 15 Minuten, nachdem Roy Herzog am Grundstück angekommen ist, beginnt der an das Saugwagen angeschlossene Schlauch zu zappeln: das Zeichen dafür, dass die Grube fast leer ist. Wenig später beginnt Roy Herzog, das Equipment wieder auf seinem Fahrzeug zu verstauen. Eine solche Entsorgung, bestätigt er, dauere nicht lange, „je nachdem, wie viel Schlauch man legen muss und wie die Grube verbaut ist“.
Dass er allein unterwegs ist, hat übrigens nichts mit Corona zu tun: „Wenn viel Schlauch zu legen oder das Gelände unwegsam ist, dann sind wir auch mal zu zweit, ansonsten aber allein“, sagt Roy Herzog - und startet die Fahrt zum nächsten Kunden.
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