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Kandidaten im Gespräch  Bundestgaswahl - Kandidaten im Gespräch - Evelyn Edler (Linke)

12.09.2017, 09:55
Evelyn Edler wird im Wahlkampf von ihrem Mops Dollar stets begleitet.
Evelyn Edler wird im Wahlkampf von ihrem Mops Dollar stets begleitet. Frank Gehrmann

Aschersleben - Diese fiese Biene! Es passierte bei einer Diskussion in Halberstadt: Da stach sie einfach zu. Zum Interview mit MZ-Redakteur Marko Jeschor presst die Bundestagskandidatin Evelyn Edler (Die Linke) deshalb ein Kühlakku fest an ihren linken Unterarm. „Nicht schlimm, als Politikerin darf man eh nicht wehleidig sein“, winkt die 36-Jährige ab. Die gebürtige Sangerhäuserin empfängt mit ihrem Mops „Dollar“ zum Gespräch.

Frau Edler, wir treffen uns am Halberstädter Dom. Ist das Ihr Lieblingsort?

Evelyn Edler: Ich habe zwar viele Lieblingsorte. Aber ich komme immer gern hierher, weil ich hier studiert habe. Damit sind viele schöne Erinnerungen verbunden.

Wenn Sie nicht hier sind, was machen Sie dann privat?

Ich wandere gern im Harz. Ansonsten jogge ich auch mit meinem Hund in Wernigerode. Dort bereite ich mich auf meine Halbmarathon-Läufe vor.

Sie haben also auch privat einen langen Atem? Als Politiker sollte man den ja haben.

Um seine Vorstellungen umsetzen zu können, braucht man eine gewisse Hartnäckigkeit, ja. Ähnlich wie bei den Langstrecken darf man nicht gleich vorpreschen, sondern muss strategisch überlegen, um das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren.

Politische Weggefährten werfen Ihnen aber das Gegenteil vor. Sie seien nur das schöne Gesicht der Partei.

Erstens: Solche Diskriminierung gibt es leider immer noch in Bezug auf Frauen, das finde ich jämmerlich. Zweitens: Schönheit ist Geschmackssache. Und auf das Aussehen möchte ich nicht reduziert werden. Ich denke, ich habe etwas vorzuweisen. Ich bin Diplom-Verwaltungsökonomin und habe noch einen Master in Europäischem Verwaltungsmanagement angefangen. Außerdem habe ich mit diversen Anträgen im Finanzausschuss des Landtags und mit meiner Arbeit in der Enquete-Kommission zur Verwaltungsmodernisierung unter Beweis gestellt, nicht nur das schöne Aushängeschild zu sein.

Sind Sie mit dem bisher Erreichten zufrieden?

Natürlich noch nicht. Aber ich kann auf einige Erfolge zurückblicken: Ich bin zum dritten Mal Mitglied im Landesvorstand, Linke-Kreisvorsitzende im Harz, Vize-Kreistagspräsidentin und Stadträtin in Wernigerode. Zudem habe ich einen Entwurf zum Personalvertretungsgesetz geschrieben, der jetzt im Landtag eingebracht wurde.

Warum haben Sie sich für die Partei Die Linke entschieden?

Während meines Studiums wurde über die Einführung von Studiengebühren diskutiert. Ich habe geschaut, welche Partei dagegen war. Mit den Gebühren hätte ich mir die Ausbildung, die ich mir mit Nebenjobs finanziert habe, nicht leisten können. Zudem lernte ich über ein Praktikum beim Landesfrauenrat die Landtagsabgeordnete Eva von Angern kennen, die mich motivierte, mich politisch zu engagieren.

Sie haben sich nur wegen der Haltung zu den Studiengebühren entschieden?

Das war der Auslöser, um mich mit den Positionen der Parteien im Landtag auseinanderzusetzen. Die FDP kam für mich nicht in Frage, weil nur das Individuum zählt, da fehlte mir der solidarische Gedanke. Die SPD disqualifizierte sich später für mich mit den Hartz-IV-Gesetzen.

War Ihr Elternhaus denn unpolitisch?

Nein, mein Opa war immer Genosse. Wir haben im gleichen Haus gelebt, er hat mich mitgeprägt und hat meinen politischen Werdegang unterstützt. Meine Eltern sind zwar nicht unpolitisch, aber eben auch nicht politisch aktiv.

Haben Sie ein politisches Vorbild?

Gregor Gysi. Er ist der ostdeutsche Politiker von uns. Er ist eloquent und emphatisch. Und ein kluger Kopf.

Wie haben Sie Ihr Ausscheiden aus dem Landtag 2016 erlebt?

Wenn man sich fünf Jahre lang im Wahlkreis sehr engagiert und noch dazu mit 28,4 Prozent das beste Erststimmen-Ergebnis seiner Partei bekommt, dann ist das bitter. Aber: Ich bin Langstreckenläuferin und werde deshalb weiter für die Sache streiten und so schnell nicht aufgeben.

Warum kandidieren Sie für den Bundestag?

Weil ich politisch weiterarbeiten möchte.

Und weil gerade keine anderen Ämter zu vergeben sind?

Nein. Demokratie lebt von den Menschen, die sie gestalten. Ich möchte mitgestalten - mit der Stimme im Bundestag für den Harz. Ich sehe meine Aufgaben im ländlichen Raum bei den Kommunalfinanzen. Sachsen-Anhalt besteht zu 80 Prozent aus ländlichem Raum. Es geht um Nahverkehr, Ärzteversorgung, Kinderbetreuung, Schulstandorterhaltung - um die Daseinsvorsorge.

Dafür sind doch die Länder zuständig.

Der Bund kann bei diesen Themen über die Finanzen mitreden. Man kann zum Beispiel auch steuern, dass Mittel direkt an die Kommunen gegeben werden.

Sie möchten die Stimme für den Harz werden. Hat Heike Brehmer (CDU) einen schlechten Job gemacht?

Die CDU-Politik ist nicht mein Ansatz. Ansonsten kann ich die Arbeit von Frau Brehmer als Vorsitzende des Tourismusausschusses nicht beurteilen.

Welche Probleme gibt es in Ihrem Wahlkreis?

Viele Menschen sind zum Beispiel arbeitslos oder von Altersarmut betroffen. Diese Probleme werden von unserem Wahlprogramm abgedeckt. Wir fordern eine solidarische Mindestrente von 1.050 Euro sowie einen Mindestlohn von zwölf Euro. Dann gilt es, die Alleinerziehenden so weit zu stärken, dass sie voll erwerbsfähig sein oder in Vollzeit zurückkehren können. Zudem soll Bildung kostenlos sein - angefangen von der Kita bis zum Hörsaal.

Das hat sich auch die SPD auf die Fahnen geschrieben.

Die Partei hat die Themen Kinderarmut und Bildung neu für sich gerade entdeckt. Wir streiten dafür seit Jahren.

Sind es allein diese Themen, die Sie von der Basis mitnehmen?

In meinen Bürgersprechstunden geht es um gerechte Bezahlung oder die Abschaffung von sachgrundlosen Befristungen. Ein Heimatgefühl kann nicht entstehen, wenn man nicht weiß, ob man in drei Jahren noch in der Region arbeiten kann. Gerade im ländlichen Bereich geht es den Älteren auch um die Ungerechtigkeit bei den Ost-West-Renten. Das ist für viele eine Aberkennung ihrer Lebensleistung. Für diese Anliegen will ich kämpfen. Dass es nicht aussichtslos ist, zeigt die Einführung des Mindestlohns, den wir als Opposition jahrelang forderten.

In den Umfragen stehen Linke und AfD fast gleichauf. Sehen Sie die Partei als Konkurrenz?

Die AfD ist keine Programmpartei. Sie beschränkt sich auf gefühlte Ungerechtigkeit und Hass auf Fremde. Bei solchen Parolen muss man Aufklärungsarbeit leisten. Man kann nicht einfach Zäune um Deutschland bauen, die Kriegsursachen müssen bekämpft und Aufbauhilfe geleistet werden. (mz)