VfB Görzig VfB Görzig: Staatsschutz ermittelt nach Auschwitz-Parolen der Fußball-Fans
Gröbern - Der Vorsitzende des VfB Görzig ist bestürzt. Denn einige mit einem Bus eigens mitgebrachte Fans haben beim Auswärtsspiel in der Kreisoberliga beim HSV Gröbern (Anhalt-Bitterfeld) einen Eklat ausgelöst.
Ein Zuschauer fiel dabei am vergangenen Samstag durch eine antisemitische Äußerung auf, die sich gegen die eigene Mannschaft richtete. Demnach brüllte einer der Chaoten: „Wenn ihr hier verliert, dann mache ich den Busfahrer und dann fahren wir nicht nach Görzig, sondern nach Auschwitz.“
VfB Görzig: Rechte Parolen gegen eigene Spieler
Möglicherweise richtete sich die Pöbelei gegen Migranten: Im Görziger Team spielen drei Leistungsträger mit afrikanischen Wurzeln. Inzwischen ermittelt jedenfalls der Staatsschutz. „Es handelt sich womöglich um eine politisch motivierte Straftat“, sagte Polizeisprecher Ralf Moritz am Montag.
Die Auswärtsfahrt mit dem Görziger Fanbus entwickelte sich damit zu einem Fiasko. Und das nicht nur wegen der antisemitischen Äußerung: In der 73. Minute stürmten Störer nach einer strittigen Szene auch noch den Platz. Sie provozierten so einen Spielabbruch und einen Polizeieinsatz.
„Das ist eine Blamage für unseren Verein. Ich distanziere mich von dem Verhalten einzelner Zuschauer“, sagte der Görziger Vereinspräsident Horst Ehrlich am Montag der MZ. Er wolle verhindern, dass die Personen wieder zu Auswärtsspielen mitgenommen werden. „So etwas wird nicht mehr passieren“, kündigte er an.
Fassungslosigkeit über „Chaoten im Bus“
Denkbar sei auch ein Verzicht der Görziger auf einen Vereinsbus. „Dann reisen die Leute mit dem Auto an und können keinen Alkohol trinken.“
Auf Seiten der Gröberner herrschte angesichts der Ereignisse unterdessen Fassungslosigkeit: „Ich bin erschrocken, dass der VfB Görzig solche Chaoten im Bus mitgebracht hat“, sagte Vereins-Vize Gerd Franke. „Wir müssen froh sein, dass es am Samstag keine Verletzten gab.“ Die herbeigerufene Polizei sprach später von einer Rangelei zwischen rund 30 Leuten. Sie nahm die Personalien von fünf auffälligen Personen auf.
Einer von ihnen soll ein Anhänger des Halleschen Fußball-Clubs (HFC) sein. Nach den Worten eines Gröberner Spielers ordneten sich die Störer selbst der gewaltbereiten Hooligan-Szene zu. Der Schiedsrichter hat die Auschwitz-Äußerung nach MZ-Informationen im Protokoll notiert. Dort ist auch festgehalten, dass sie von einem Görziger Anhänger kam.
Nun warten alle Beteiligten auf den Sonderbericht des Unparteiischen. Denn er entscheidet über das weitere Vorgehen der Fußballverbände. Der Kreisfachverband Fußball Anhalt-Bitterfeld (KFV) erwartet zudem bis Mittwoch die Stellungnahmen beider Vereine. KFV-Präsident Ralf Saalbach wollte am Montag auf MZ-Anfrage einer möglichen Strafe nicht vorgreifen. Zumindest aber hielt er einen Wettbewerbs-Ausschluss nicht für wahrscheinlich. „Keine der beiden Mannschaft wäre Wiederholungstäter.“
Nach Angaben der Polizei gab es keine tätlichen Auseinandersetzungen. „Es blieb bei der Stufe kurz davor“, sagte Polizeisprecher Uwe Frank. Anzeigen wegen Körperverletzung blieben entsprechend aus.
Rassismus-Verdacht in Kreisoberliga
KFV-Präsident Saalbach ist dennoch verärgert. Denn zum wiederholten Mal muss sich sein Verband sich mit einem Rassismus-Verdacht befassen - erst vor wenigen Wochen habe es einen Vorfall in der Kreisoberliga gegeben. Damals soll ein Zuschauer in Richtung eines Spielers gerufen haben: „Zähl mal deine Kamele.“ Saalbach erinnert sich zudem an einen dritten Vorfall im September bei einem A-Jugend-Spiel. Solche Vorkommnisse würden sofort dem Landesverband gemeldet.
Michael Klocke vom Fußballverband Sachsen-Anhalt verurteilt den Vorfall vom Wochenende. Zu Strafen wollte sich der Verband zunächst nicht äußern und verwies auf die Ermittlungen der Polizei. Ein Sprecher des für Sport zuständigen Innenministeriums appellierte derweil an alle Vereine, Akteure und Fans, „Fälle von Beleidigung und Gewalt zu ächten und zur Anzeige zu bringen“.
Der Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel (Grüne) sieht in dem Vorfall von Gröbern nicht Zufall, sondern „eine gezielte Diffamierung“. Das Problem gehe aber weit über den Fußball hinaus, betonte der Abgeordnete. Ähnlich äußerte sich Henriette Quade, Landtagsabgeordnete der Linken.
(mz)