Paschlewwer Freizeit- & Ferienhof Freizeit- & Ferienhof Großpaschleben: Auszubildende aus Indonesien retten den Betrieb

Großpaschleben - Einen „Hilfeschrei“ nennt es Wolfgang Nickel. Um öffentlich zu machen, was den Unternehmer aus Großpaschleben beschäftigt: Nickel fehlt Nachwuchs auf seinem Paschlewwer Freizeit- & Ferienhof.
„Wir haben 80.000 Gäste im Jahr, aber es sind kaum Lehrlinge zu kriegen.“ Nun ist Nickel aktiv geworden - mit Erfolg. Zur Zeit absolvieren neun Indonesier Ausbildungen als Köche, Restaurantfachfrauen oder als Kaufmann im Büromanagement bei ihm.
Jobs in Restaurants und Hotels sind bei den Bewerbern immer weniger gefragt
Mit seinen Nachwuchssorgen ist Nickel kein Einzelfall. „Sämtliche Restaurants und Hotels, die ich kenne, haben das Problem“, sagt Angela Herzog, Mittelstandsbeauftragte im Kreis. „Es fehlt bei den jungen Menschen die Bereitschaft zu arbeiten, wenn andere freihaben.“ Hinzu komme, dass bei anderen Ausbildungen, etwa zum Bankkaufmann, mehr zu verdienen sei.
Dass das Interesse an einer Ausbildung im Gastgewerbe gering ist, zeigte auch der „Tag der Berufe“. Bei der Aktion konnten Jugendliche einen Tag lang Unternehmen kennenlernen. „Am Ende war ein Jugendlicher auf dem Ferienhof, der sich für die Gastronomie interessiert hat“, berichtet Frank Jirschik von der Arbeitsagentur. Insgesamt gebe es mehr Ausbildungsstellen als Bewerber. „Dadurch können junge Menschen sich die Ausbildung aussuchen.“
Wolfgang Nickel machte in Indonesien auf eigene Faust Werbung für seinen Ferienhof
Aber auch andere Branchen sind vom Personalmangel betroffen. Für sie alle könnte die Lösung interessant sein, die Nickel gewählt hat. Denn Uwe Hippe, Leiter des Wirtschaftsentwicklungs- und Tourismusamtes im Kreis, befürchtet: „Wer sich nicht selbst bemüht, wird Existenzprobleme bekommen.“
Grundsätzlich ist es möglich, nachdem eine Stelle für drei Monate ausgeschrieben war und sich kein deutscher Interessent gefunden hat, sie mit ausländischen Bewerbern zu besetzen. In Indonesien gebe es Menschen mit guter Bildung, die in ihrem Land dennoch keinen Job finden.
„Ich habe in verschiedenen Universitäten in Indonesien Redezeit bekommen und den Studenten erklärt, wie wir hier arbeiten und leben“, so Nickel. Nach weiteren Gesprächen zeigte sich schnell, dass viele bereit waren, eine Lehre in Deutschland zu absolvieren.
Anschließend begannen Verhandlungen mit der Botschaft in der Hauptstadt Jakarta, Ausbildungsvertrag, Wohnungsmietvertrag und eine Genehmigung vom Arbeitsamt mussten vorgelegt werden. Voraussetzung für die Indonesier war außerdem eine bestandene Deutschprüfung.
„Sie sind sehr ruhige Schüler, aber zielstrebig, fleißig und höflich“
Im August kamen dann die ersten vier Lehrlinge nach Großpaschleben; im März folgten fünf weitere. Sie alle besuchen das Berufsschulzentrum „August von Parseval“. Wie Nickel betont auch Guido Nestler: „Das Hauptkriterium ist die Sprache.“
Nestler ist Lehrer an dem Berufsschulzentrum und unterrichtet die Indonesier in Sozialkunde. „Sie sind sehr ruhige Schüler, aber zielstrebig, fleißig und höflich“, sagt er. „Letztendlich gibt es eine Abschlussprüfung und die muss bestanden werden.“
Der 23-jährige Christian Siregar ist einer der Auszubildenden am Ferienhof. „Als Herr Nickel mich gefragt hat, ob ich hier eine Ausbildung machen will, habe ich sofort Ja gesagt“, erzählt er. Deutsch konnte Siregar bereits. Er war als Au-Pair in Deutschland und hat für sechs Monate ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert. Nun lernt er Koch und kann sich vorstellen, auch nach der Lehre in Großpaschleben zu arbeiten. „Heimweh hat jeder mal, das ist klar“, so Siregar, „aber mein Ziel ist es, hierzubleiben.“ (mz)