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Landgericht Halle Landgericht Halle: 14 und 15 Jahre Haft für grausamen Tod eines Behinderten

Von Roland Lüders 11.08.2004, 09:34
Ein Bestatter trägt auf dem Friedhof von Naumburg (Sachsen-Anhalt) die Urne des vor zwei Wochen von Jugendlichen ermordeten geistig Behinderten Andreas Oertel. (Archivfoto: dpa)
Ein Bestatter trägt auf dem Friedhof von Naumburg (Sachsen-Anhalt) die Urne des vor zwei Wochen von Jugendlichen ermordeten geistig Behinderten Andreas Oertel. (Archivfoto: dpa) dpa

Halle/MZ. - 15 Jahre Freiheitsstrafefür Silko B., 14 Jahre und sechs Monate fürseinen Bruder Marko: So lautet am 36. Verhandlungstag im Prozess um die Tötung des behinderten Naumburger Andreas Oerteldas Urteil gegen die beiden erwachsenen Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft hatte in dem seit Oktober 2003 vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Halle laufenden Verfahren den ebenfalls in Naumburg wohnenden B.s vorgeworfen, gemeinsammit Jugendlichen ihr Opfer wegen dessen homosexueller Neigungen in der Nacht vom 21. zum 22. März 2003 ermordet zu haben und lebenslange Haftstrafen gefordert.

Drei 15-Jährige wurden in einem gesonderten Verfahren von der Jugendkammer des Landgerichts zu Freiheitsstrafen zwischenachteinhalb und neun Jahren verurteilt, legten aber Revision gegen das Urteil ein.

Am Ende des Verfahrens sieht der VorsitzendeRichter Klaus Braun den Mordvorwurf nichtals bewiesen an. Gefährliche Körperverletzungsowie Körperverletzung und Raub mit Todesfolge,so wertet er den Tatbeitrag der Brüder, diegemeinsam mit der Jugendbande zwei Mal anjenem Freitag im März ihr Opfer auf grausameWeise misshandelt hatten.

Fast eine Stunde lang geht Braun auf die inakribischer Beweisaufnahme an Licht gekommenenFakten ein, schildert das unglaubliche Martyrium,das das Opfer zu erleiden hatte, zählt seinevielen Verletzungen auf, die von Rippenbrüchenüber Lungenblutung bis zur tödlichen Halsmarkverletzungreichen. Er verweist ebenfalls auf die Selbstherrlichkeit,mit der sich die Tätergruppe das Recht herausnahm, Oertel wegen seiner sexuellen Neigungenbis zum Tod zu quälen und seine Wohnung auszuplündern.

Wenn der Vorsitzende Richter es auch nachder Anhörung von 100 Zeugen und fünf Sachverständigennicht als erwiesen ansieht, dass die Brüderdem Opfer die tödlichen Tritte versetzt hatten,so wertet er doch ihr Auftreten in der Gruppeals eine Art Initialzündung. "Trotz Alkoholisierungsind beide Angeklagte voll schuldfähig", soBraun. Silko B. sei es gewesen, der dem Opferdie ersten Schläge verpasst habe, sein jüngererBruder stand ihm in punkto Brutalität kaumnach. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.